Häschen in der Grube: Roman (German Edition)
Papierknäuel über Boden und Bänke, dann holte sie die Streichhölzer aus der Manteltasche und zündete das erste Streichholz an.
Von der anderen Straßenseite schaute Gisela den Flammen zu, sie waren stolz und unerbittlich. Sie siegten über den Schnee und die Nacht.
Eine Sauna brannte in der Nacht. Flammen und Rauch vernichteten das Böse, und das Lachen, das aus Giselas Hals kam, war heiser und dumpf, freudlos und wütend.
Sie krächzte und hüpfte vor Erregung, als sie dem Feuer zusah, wie es an der Hausfassade leckte.
Die einzigen Worte, die sie hervorbrachte, wurden mit der Stimme der neuen Gisela gesagt. Eine starke Bassstimme, die tief aus ihrem Bauch kam.
»Weg mit dieser verdammten Sauna!«
Die Worte klangen uralt und ewig. Vielleicht hatten Frauen zu allen Zeiten böse Häuser niedergebrannt?
Das heisere Lachen begleitete sie auf dem Weg zurück. In der Ferne sah sie den Kirchturm, er erhob sich über die Hausdächer, und sie lachte noch lauter, als sie an all die Besucher dachte, die sich in wenigen Stunden dort versammeln würden, um zu Gott und den Engeln zu beten.
Sollten sie es doch versuchen, sie wusste es besser. Wenn das richtig Böse passierte, gab es keinen Gott und keine höhere Macht in der Welt, die einem helfen konnten.
Sie wusste es, weil sie Gisela, die Saunavernichterin war. Wild und verrückt, grenzenlos wütend. Die Welt würde schon noch sehen!
Sie hüpfte durch die leeren Straßen, zurück zur Wohnung. Erinnerte sich plötzlich an einen Tanz, den sie getanzt hatte, als sie klein war. Den Jenkatanz.
Sie hüpfte einen Schritt vorwärts, einen Schritt zurück und drei Schritte vorwärts, genau wie damals, vor langer Zeit.
Wenn sie nur da schon gewusst hätte, was sie heute über Saunas wusste.
Ja, mein Gott.
In der Wohnung schliefen alle, sie merkte, dass ihr Mantel nach Rauch stank. Sie hängte ihn auf einen Bügel vors Fenster und zog ihren Schlafanzug an. Dann schlüpfte sie ins Bett und zog die Decke bis zum Kinn hoch.
Das erste Mal seit über einer Woche schlief sie sofort ein, ruhig und glücklich.
Die Türklingel schrillte durch die Stille, Annika tastete nach dem Morgenrock auf dem Stuhl neben dem Bett. Es war halb sieben, und die Angst fuhr ihr durch die Brust wie ein scharfes Messer und machte sie hellwach. Irgendetwas stimmte nicht, wenn es am Weihnachtsmorgen um halb sieben klingelte. Annika lief zur Tür, zögerte dann einen Moment, doch sie glaubte nicht, dass es Carl war. Er erschreckte und terrorisierte abends und nachts. Als sie öffnete und zwei Polizisten sah, war sie nicht erstaunt. Das war die einzige Erklärung, es war etwas passiert.
»Mein Gott, ist etwas mit Elin?«
Annika hielt sich schützend die Hände an den Hals. Elin hatte gestern Abend um acht ein Taxi zu sich nach Hause genommen, seither hatten sie nicht mehr miteinander gesprochen. Deshalb verstand sie erst nichts, als einer der Polizisten sagte, sie suchten Gisela.
»Sie schläft, aber kommen Sie doch rein, ich werde sie wecken.«
Gisela hatte offenbar schon mitbekommen, was los war, sie war schon fast angezogen, als Annika in ihr Zimmer trat, sie lachte Annika an und wedelte kokett mit einem Strumpf.
»Die Polizei ist hier, sie suchen dich. Was ist los?«
»Sie holen mich, ich habe heute Nacht etwas Verrücktes gemacht, und jetzt muss ich dafür bezahlen. Aber das war es wert, das kann ich dir sagen!«
Ein trockenes Lachen entschlüpfte ihr. Annika ließ sich aufs Bett fallen und legte Gisela die Hand auf die Schulter. Ihre Stimme versagte, sie flüsterte schwach:
»Was hast du gemacht, Gisela?«
Gisela hielt mit dem Anziehen inne und schaute Annika an.
»Ich habe diese Scheißsauna niedergebrannt!«
Ein schiefes Lächeln zog über ihr Gesicht, dann wurde sie ernst. Annika versuchte zu verstehen, was Gisela gesagt hatte. Allmählich drang die Information in sie ein. Eine Großtat, wahnsinnig und gefährlich. Und ganz wunderbar.
Einer der Polizisten klopfte an die Schlafzimmertür.
»Hallo, wie steht’s da drinnen?«
Gisela antwortete munter.
»Prima, ich bin gleich fertig angezogen.«
Sie zog die Strümpfe an und machte die letzten Blusenknöpfe zu, dann ging sie entschlossenen Schrittes hinaus zu den wartenden Polizisten.
Beide waren groß und blond, mit sorgenvollen Falten im Gesicht und verkniffenen Mienen. Als ob sie mal müssten, dachte Gisela und kicherte bei ihrem Anblick. Es klang wahnsinnig und hysterisch, und man sah am erstaunten Gesichtsausdruck der
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