Hätschelkind: Der erste Fall für Jan Swensen
so schnell spitz gekriegt haben. Liegt vielleicht daran, dass ganz Husum randvoll davon ist, wegen dieser Storm-Roman-Session heute Nachmittag.«
»Ach ja!«, stöhnt Swensen auf. »Das heißt unsere heutige Pressekonferenz wird mal wieder brechend voll. Dieser Zeitungsartikel bringt die ganze Meute garantiert auf den Mord-Trip.«
»Swensen!«
Am Ende des Flurs ist Heinz Püchel aus seinem Büro getreten und kommt, wild mit der gleichen Zeitung fuchtelnd, auf Swensen zugestürmt. Der junge Streifenbeamte verdrückt sich auf die Toilette.
»Schau dir diese Scheiße an!«, zetert Püchel lauthals, indem er Swensen das Foto von Rüdiger Poth unter die Nase hält. Der hebt seine Zeitung wie ein Echo hoch. Püchel zieht eine Zigarettenschachtel aus seinem Galliano-Jackett und fingert umständlich eine Zigarette heraus. Schweißperlen treten auf seine Stirn.
»Und«, knurrt er Swensen an, »wie kommt diese Scheiße in diese Scheißzeitung?«
»Weiß ich doch nicht!«
»Wieso nicht? Du bist der verantwortliche Beamte!«
Püchel steckt sich die Zigarette verkehrt herum in den Mund. Er zündet den Filter an, noch bevor Swensen etwas sagen kann und spukt angeekelt auf den Boden. Im selben Moment kommt Staatsanwalt Ulrich Rebinger durch die Eingangstür. In seiner rechten Hand hält er eine Zeitung.
»Jetzt haben wir schon drei«, sagt Swensen leicht süffisant.
»Das ist überhaupt nicht lustig!«, knurrt Püchel wie ein lauernder Wachhund zurück.
»Wenn es um das unsägliche Bild von Poth geht, kann ich Heinz nur zustimmen«, sagt Rebinger mit bedrohlicher Stimme, wobei sein Doppelkinn rhythmisch zuckt. »Ich hab heute Morgen schon einen Anruf aus der Justizbehörde in Kiel bekommen, vom Chef persönlich, und den hatte vorher schon der Justizminister angerufen. Die fragen sich alle, was bei uns los ist. Und ich frage mich das allmählich auch. Drei Morde, nicht mal ein Hauch von Fahndungserfolg und dann noch diese Sauerei in der Zeitung. Was sagen Sie dazu Swensen?«
»Was soll ich dazu sagen? Ich war es nicht! Ich hab nicht mal einen Fotoapparat.«
»Jan! Ich bitte dich!«, lamentiert Püchel. »Ich steh’ hier schließlich unter dem Druck der Öffentlichkeit. Wir brauchen jetzt vor allen Dingen besonnenes Handeln und eine sensible Ermittlung. Zu allem Überfluss hat mich gestern Abend auch noch Bigdowski von der ›Husumer Rundschau‹ angerufen.«
»Na und? Hat er gestanden von dem Foto gewusst zu haben?«
»Mir scheint Ihnen fehlt der nötige Ernst an der Sache«, zischt Rebinger während sein rechtes Augenlid zuckt.
Vorsicht Swensen, denkt Swensen, der Mann steht kurz vor einem cholerischen Anfall.
»Finde ich auch. Musstest du Bigdowski denn unbedingt nach einer Waffe fragen?«
»Was soll das denn nun schon wieder heißen? Bekomme ich jetzt von dir etwa Order wie ich zu ermitteln habe?«
»Nein, natürlich nicht! Ich finde nur, wir sollten den Ball möglichst flach halten.«
»Was erwartet ihr denn von mir?«, fragt Swensen mit kalter Stimme. »Ihr seht anscheinend Unprofessionalität und Verantwortlichkeiten in meiner Arbeit und bei meiner Person, wo es keine gibt.«
»Da hat immerhin jemand ein Foto am Tatort geschossen und veröffentlicht, ohne dass einer das bei uns merkt!«, setzt Püchel nach.
»Na und? Es sieht ganz danach aus, dass dieses Bild gemacht wurde, bevor wir am Tatort waren. Ich tippe mal auf Meyer. Der war vor uns da und ist dazu noch Fotograf im Dienst deines geliebten Bigdowskis.«
»Der Mann ist freiberuflich. Damit hat Bigdowski nichts zu tun. Aber wir hätten ihm ja vielleicht seine Filme abnehmen können!«
»Vielleicht hat der Herr seine Kamera einfach versteckt, bevor er uns gerufen hat. Außerdem, mit welchem Grund sollten wir seine Filme beschlagnahmen? Und zu meiner Verantwortung Heinz, du warst sogar eher am Tatort als ich.«
»Aber trotzdem hätte dieser Mist nicht passieren dürfen! Das nächste Mal sollten wir besser aufpassen«, versucht Rebinger die aufgebrachte Situation zu entschärfen.
»Es gibt Dinge, die geschehen einfach!«, erwidert Swensen, ohne in seiner Mimik Entgegenkommen zu signalisieren. »Meine Mitarbeiter haben keine Fehler gemacht. Gegen solche miesen Methoden sind wir einfach machtlos. Und ich möchte dafür auch nicht angepinkelt werden.«
»Niemand will dich hier anpinkeln, Jan!« lenkt Püchel ein.
»Das sehe ich anders. Wir ermitteln hier so gut wir können. Ich kann verstehen, dass manche Herren schnellere Ergebnisse möchten. Das
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