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Hafen der Träume: Roman (German Edition)

Hafen der Träume: Roman (German Edition)

Titel: Hafen der Träume: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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    »Mit dreizehn kam ich mir riesig vor und glaubte alles im Griff zu haben. Bis ich im Dreck lag und beinahe verblutete. Man hatte aus einem fahrenden Auto auf mich geschossen. Falscher Ort, falsche Zeit.«
    »Geschossen?« Ihr Blick flog zu ihm zurück. »Man hat auf dich geschossen?«
    »Ja. Und mich mitten in die Brust getroffen. Kaum eine Überlebenschance. Einer der Ärzte, die was dagegen hatten, dass ich sterbe, war Stella Quinn. Sie und Ray kamen mich im Krankenhaus besuchen. Ich hielt die beiden für durchgeknallte Weltverbesserer, für Arschlöcher. Aber ich ließ mich auf sie ein. Meine Mutter war endgültig mit mir fertig, und mir blieb nur die Straße. Ich nahm mir vor, die Quinns so lange auszunutzen, bis ich wieder auf den Beinen war. Dann wollte ich mir nehmen, was ich brauchte, und abhauen.«
    Wer war dieser Junge, den Phillip da beschrieb? Und wie konnte sie ihn mit dem Mann, der neben ihr saß, in Verbindung bringen? »Du wolltest sie ausrauben?«
    »Das war mein Beruf. Davon ernährte ich mich. Aber die beiden …« Wie sollte er das erklären? Das Wunder von Ray und Stella? »Das war irgendwann nicht mehr wichtig. Und ich liebte die beiden. Es kam so weit, dass ich alles getan hätte, alles, damit die beiden stolz auf mich sein konnten. Nicht die Chirurgen haben mir das Leben gerettet. Es waren Ray und Stella Quinn.«
    »Wie alt warst du, als sie dich zu sich nahmen?«
    »Dreizehn. Aber ich war kein Kind wie Seth. Und kein Opfer wie Cam und Ethan. Ich hatte mir meinen Weg selbst gewählt.«
    »Du irrst.« Sybill nahm sein Gesicht in beide Hände und küsste ihn sanft auf den Mund.
    Er umfing ihre Handgelenke und musste aufpassen, nicht so fest zuzudrücken, wie ihr zärtlicher Kuss ihm das Herz abschnürte. »Diese Reaktion habe ich nicht erwartet.«
    Und Sybill hatte nicht erwartet, dass diese Reaktion von ihr kommen könnte. Sie hatte Mitleid mit dem Jungen, den er ihr beschrieben hatte, und bewunderte den Mann, der aus ihm geworden war. »Welche Reaktion bekommst du denn sonst?«
    »Ich habe meine Geschichte nie außerhalb der Familie
erzählt.« Er brachte ein Lächeln zustande. »Schlecht fürs Image.«
    Gerührt lehnte sie ihre Stirn an seine. »Du hast Recht. Seth hätte es genauso ergehen können«, murmelte sie. »Dein Vater hat ihn vor einem Leben auf der Straße bewahrt. Du und deine Familie habt ihn gerettet, während meine nichts getan hat. Weniger als nichts.«
    »Du tust jetzt etwas für ihn.«
    »Ich hoffe nur, es ist genug.« Als sein Mund sich auf den ihren legte, schloss Sybill die Augen und ließ sich in pures Wohlbehagen hinabgleiten.

KAPITEL 14
    Phillip sperrte um sieben Uhr früh die Werkstatt auf. Die Tatsache, dass seine Brüder ihm keine Vorhaltungen gemacht hatten, weil er am Tag zuvor nicht zur Arbeit erschienen war und sich auch den ganzen letzten Sonntag frei genommen hatte, hatte ihm ein schlechtes Gewissen gemacht. Cam würde erst in einer Stunde auftauchen, um am Rumpf des neuen Bootes weiterzuarbeiten. Ethan wollte am Vormittag zum Krabbenfang hinausfahren, da jetzt im Herbst Hochsaison war, und nachmittags in die Werkstatt kommen und den Brüdern helfen.
    Also konnte er sich in Ruhe hinsetzen und den Bürokram erledigen, der in der vergangenen Woche liegen geblieben war.
    Ruhe bedeutete allerdings nicht Stille. Beim Betreten des winzigen Büroverschlages knipste er den Lichtschalter an und anschließend das Radio. Zehn Minuten später hatte er sich in die Buchhaltung vertieft.
    Jeder wollte Geld. Der Vermieter, die Versicherung, das Sägewerk, und dann war auch die Abrechnung der ach so praktischen MasterCard gekommen.
    Mitte September war die Steuervorauszahlung fällig gewesen und hatte ein ziemliches Loch in die Finanzen gerissen. Die nächste Steuerrate war bald fällig.
    Phillip jonglierte mit Zahlen, stellte Rechnungen und Gegenrechnungen auf, addierte und subtrahierte und redete sich ein, Rot sei eigentlich eine hübsche Farbe. Der erste Auftrag hatte ihnen guten Gewinn gebracht, der allerdings fast vollständig ins Geschäft geflossen war. Wenn dieser Schiffsrumpf aufgeplankt war, wurde die nächste Rate des jetzigen Kunden fällig. Damit konnte die Firma sich eine Weile über Wasser halten.
    Aber es würde noch ziemlich lang dauern, bis sie schwarze Zahlen schreiben konnten.
    Phillip füllte Überweisungen aus, schrieb zwei Lohnschecks, übertrug die Beträge auf Kontenblätter, addierte Zwischensummen und versuchte, sich nicht darüber zu

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