Hafenweihnacht
Polizei sind?«
»Habe ich mich auch gefragt. Und die Mülltüte, die sie in die Tonne geworfen hat, war eigentlich leer. Ich vermute mal, sie ist nur raus, um uns vor dem Haus abzufangen.«
»Ich vermute Frau Savatzki hinter der Sache.«
»Komisch. An die habe ich auch gedacht. Von der hätte ich den Einbruch betreffend etwas mehr Entsetzen erwartet. Das hat die gar nicht tangiert, wie ich fand. Hast du eine Erklärung dafür?«
»Nein. Noch nicht. Aber wir werden nicht das letzte Mal hier draußen gewesen sein. Das scheint mir sicher.«
Schielin saß frustriert am PC, als Lydia Naber und Robert Funk aus Nonnenhorn zurückkamen. Er hatte alle Suchmaschinen und sogenannte sozialen Netzwerke abgefragt. Über einen Jochen Drohst war im Internet noch weniger zu erfahren als von den Nachbarn. Einzige Hoffnung blieb Adrian Zuger, der am Telefon den Eindruck gemacht hatte kooperativ zu sein.
Was Lydia Naber und Robert Funk von ihrer Visite in Nonnenhorn berichteten, trug auch keinen aufschlussreichen Kern in sich, der die Ermittlungen weitergebracht hätte.
Kimmel stand plötzlich im Büro und Gommi gesellte sich auch noch dazu. Im Grunde wusste niemand so recht, wie es weitergehen sollte. Schielin wollte die Befragung von Britta Drohst abwarten und verwies auf den Chef von BIS. Es klang ratlos, was er sagte.
Wenzel kam verfroren zurück und fand sie in durcheinandergehende Gespräche verwickelt vor.
»Hast du denn wenigstens gute Nachrichten?«, fragte Lydia Naber.
»Was heißt gut. Wir haben die Stelle gefunden, an der Jochen Drohst ins Wasser gezwungen worden ist.«
»Das klingt nicht schlecht«, meinte Kimmel.
Wenzel zog seinen Mantel aus und stellte einige Positionen nach, um seine Schilderung plastischer wirken zu lassen. »Es ist so, wie wir schon vermutet hatten. Drohst hat versucht, sich an einer Metallstrebe festzuhalten und jemand muss ihm auf die Finger der Hand getreten sein. An der Strebe habe ich Gewebe sichern können. Das wird noch untersucht und verifiziert, aber da gibt es keinen Zweifel. Die Verletzung am Knie kann ich auch erklären. Es handelte sich um eine hervorstehende Schraubenmutter, auf die er gestürzt ist. Ein Kampf oder eine Auseinandersetzung muss also stattgefunden haben. Er ist dabei gestürzt und mit dem Knie auf die scharfe Kante geprallt; beim Versuch dem Schmerz zu entgehen und aufzustehen, bekommt er das Übergewicht und stürzt ins Wasser. Das alleine ist schon ein Schock bei acht Grad Wassertemperatur. Er will an der Metallleiter hochklettern – und dann ist da jemand, der ihn ins Wasser bringen will, unter allen Umständen und ihm brutal auf die Hand tritt. Und das …! Das ist bei den Wasser- und Außentemperaturen der Versuch eines Tötungsdelikts. Es ist übrigens ausgeschlossen, dass jemand aus Versehen auf die Hand getreten ist … das widerlegt die Ausprägung der Verletzung.«
»Aber trotzdem, Wenzel, deshalb muss man doch nicht gleich ertrinken. Der war doch direkt am Steg«, meinte Gommi, und sah in die Runde.
»Tja, das stimmt schon, Gommi, aber die Kälte, der Stress, der Kampf mit jemandem, das Erschrecken, dazu ein wenig Alkohol im Blut – und eine neue Info: Jochen Drohst konnte nicht schwimmen.«
»Woher hast du denn das?«, fragte Lydia Naber.
»Von einem der Feuerwehrleute, der mit auf dem Boot war. Ich habe den Leuten natürlich die Personalien genannt und der Bruder von einem war ein Schulkamerad von diesem Drohst. Muss übrigens ein rechter Einzelgänger gewesen sein.«
Am Eingang hatte es geklingelt und Hundle, der allein in Gommis Büro lag, hatte sofort angeschlagen. Mit gesträubten Nackenhaaren und knurrend stand er in der Tür. Gommi beruhigte ihn mit sanften, lobenden Worten. Die Runde im hinteren Büro löste sich auf.
Britta Drohst hatte sich von einem Taxi bringen lassen und nannte leise, aber mit Bestimmtheit, ihren Namen und den Grund, dessentwegen sie hier war. Lydia Naber brachte sie in das Vernehmungszimmer. Britta Drohst wollte ihren Mantel anbehalten und streifte umständlich das Stirnband herunter und nahm den Schal vom Hals. Lydia Naber hatte ihr gegenüber Platz genommen und verfolgte aufmerksam ihre Bewegungen. Solange sie mit ihren Utensilien beschäftigt war, bestand eine gute Gelegenheit sie eingehend zu mustern, ohne damit Verlegenheit oder Scheu zu bewirken. Ihr fielen zuerst die sehnigen Hände mit den langen Fingern auf. Obwohl Britta Drohst mit dem Taxi gekommen war, und nur kurz der Kälte preisgegeben sein
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