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Hafenweihnacht

Hafenweihnacht

Titel: Hafenweihnacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J.M. Soedher
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Multiple-Choice-Typ eben. Hatte sie nicht Chemie studiert? Das passte.
    Tatsächlich wirkte sie etwas hilflos, begann dann aber in Fragmenten zu berichten. »Oh, von meinem Bruder erzählen. Ist schwierig. Er war Mathematiker, arbeitete als Programmierer, da war er sehr gut und auch gefragt. Wir hatten keinen Kontakt, die letzten Jahre, seit unsere Mutter gestorben war.«
    Sie sah Schielin mit flackernden Augen an. Der hätte gerne gefragt »Weshalb?«, doch er wollte schneller zu Informationen kommen und musste konkreter werden. »Ihr Bruder verfügte über einen hohen Geldbetrag.«
    Sie zuckte mit den Schultern.
    »Vierhunderttausend Euro in etwa.«
    »Er hat gut verdient, er war so etwas wie ein Genie in seinem Job. Wir haben auch geerbt.« Den letzten Satz hatte sie fast schüchtern angefügt.
    Lydia Naber lächelte sanft. Das waren sehr subtile Informationen. Sie und ihr Bruder waren also beide vermögend. Dann konnte es bei ihrem Streit nicht um das Haus als reines Wertobjekt gehen. Eher schien es ihr so zu sein, als diente dieses Anwesen als Zweckobjekt zur Begleichung alter Rechnungen.
    »Mhm. Was sind Sie von Beruf?«, fragte Schielin ausweichend.
    »Pharmakologin.«
    »Und wo sind Sie beschäftigt?«
    »Ich bin selbstständig.«
    »Wie kann man sich das in diesem Beruf vorstellen?«
    »Ich entwickle und teste Stoffe mit Simulationsprogrammen.«
    Lydia Naber legte die Stirn in Falten und dachte: Darin bist du sicher auch gut und verdienst eine Menge Kohle, und vor allem musst nicht mit anderen Menschen zusammen sein. Alleine in einem Labor sitzen … bis tief in die Nacht … das kann ich mir gut vorstellen.
    »In der Nacht von Donnerstag auf Freitag ist in das Haus in Nonnenhorn eingebrochen worden. Haben Sie eine Erklärung dafür? Gab es etwas Wertvolles dort?«
    Sie sah ihn überrascht an. »Eingebrochen? In Nonnenhorn?«
    »Ja … eingebrochen.«
    »Nein, also, ich wüsste nicht, was man dort Wertvolles holen könnte. Da war nichts, gar nichts.«
    »Waren Sie öfter in dem Haus?«
    »Ich weiß nicht, was Sie unter öfter verstehen. Ich bin sehr gerne zwischen Frühjahr und Herbst hier am See. Im Winter eher nicht.«
    »Ihr Bruder hatte kein Auto«, schwenkte Schielin erneut ab.
    »Weil er keinen Führerschein hatte, wie ich auch nicht. Ich besitze auch kein Auto. In manchen Situationen ist man deshalb nicht so flexibel, wie andere das erwarten.«
    Schielin überhörte den Vorwurf in ihren Worten und sagte sachlich: »Wir haben kein Testament in der Wohnung Ihres Bruders gefunden und unsere Routineabfrage beim hiesigen Nachlassgericht hat auch nichts ergeben. Sie werden wohl die Erbin sein.«
    »Das Geld interessiert mich nicht.«
    Aber etwas anderes schon, schoss es Lydia Naber sofort in den Sinn, so wie sie das Geld als uninteressant für sie benannt hatte.
    Schielin musste den gleichen Gedanken gehabt haben. »Es gibt da noch das Haus in Nonnenhorn.«
    »Mein Elternhaus, ja.«
    Von draußen waren Stimmen zu hören. Es schien etwas unruhig zuzugehen. Kimmel hatte nach Wenzel gerufen.
    Lydia war davon nicht abgelenkt. So schnell geht das also, dachte sie und hob wieder ihren Notizblock an. Kaum ist ihr Bruder tot, ist es schon ihr Elternhaus; das mein hatte so geklungen, als wäre es niemals seines gewesen. Sie sah zu Britta Drohst. Vielleicht hatte sie das Haus aber schon immer für ihres, für ein ihr zustehendes Objekt gehalten.
    »Der Streit zwischen Ihnen und Ihrem Bruder … er drehte sich um das Haus in Nonnenhorn, nicht wahr?«, fragte Schielin, als hätte er Lydias Gedanken erraten können.
    »Ja, das war so.«
    Lydia Naber notierte: Vergangenheit ist schon Vergangenheit. Der Streit mit ihrem Bruder war, und ist nicht mehr.
    Vom Gang her war wieder unterdrücktes Rufen zu hören. Es klang aufgeregt und die Schritte, die man hörte, waren lauter und gingen schnell. Etwas war geschehen. Hundle ließ ein Bellen hören, wie es immer geschah, wenn Aufregungen oder Störungen die Dienststelle heimsuchten. Erich Gommert rief »Aus!«. Was war nur los da draußen?
    Schielin machte unbeeindruckt weiter. »Wie würden Sie das Verhältnis zu Ihrem Bruder beschreiben?«
    »Wir hatten keinen Kontakt mehr, seit dem Tod meiner Mutter.«
    »Davor schon?«
    »Es hat sich alles geändert als … als unser Vater gestorben war.«
    Lydia Naber senkte den Kopf. Es war also ihre Mutter und unser Vater. Sie notierte: Vater gehört dem Bruder, Mutter gehört ihr.
    »Worin bestanden die Schwierigkeiten zwischen Ihnen

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