Hahn im Korb.
Spiel.«
Vito begriff, daß es besser war, nicht weiterzubohren. Turi war auf dem Ohr taub.
»Ist in Ordnung«, sagte er beim Aufstehen, »verzeih mir.«
»Wieso interessierst du dich für Scimeni?« fragte Turi unvermittelt.
Die einzige Möglichkeit, diese Frage zu beantworten,
wäre, alles so zu erzählen, wie es sich zugetragen hatte, dachte Vito, ohne seine eigene Besorgnis durchblicken zu lassen, die ja schließlich nur dem Unbehagen zuzuschreiben war, das ihn nach all den Mißgeschicken plagte.
»Heute hat er mich zu sich gerufen, weil er meinen Hühnerstall kaufen will, wie er sagt. Nun wollte ich wissen, ob er ein Mann ist, dem man trauen kann.«
Erneut hüllte sich Turi in Schweigen und ließ Vito, der das Beste hoffen wollte, im Stehen auf eine Antwort warten.
»Dein Vater war eine brave Person«, meinte Turi schließlich, »ein echter Gentleman. Als ich ohne eine Lira aus Amerika zurückkehrte, hat er mir geholfen. Wußtest du das?«
»Nein.«
»Gib dem Scimeni den Hühnerstall, wenn er ihn haben will, verkauf ihn. Hat er dir einen guten Preis geboten?«
»Doppelt soviel, wie der Stall wert ist, und ich verstehe nicht, was ihm das einbringt. Für die Antwort hat er mir Zeit gelassen bis morgen abend.«
»Geh jetzt sofort hin, sag ihm, daß die Meeresluft dich auf klare Gedanken gebracht hat und du keine Zeit zum Überlegen brauchst. Verärger ihn nicht, den Scimeni. Gib ihm den Hühnerstall.«
»›Der Maresciallo Corbo, der umgehend mit seinen Ermittlungen zu dem grausamen Verbrechen begonnen hat, hat uns im Verlauf einer persönlichen Unterredung zu verstehen gegeben, daß er auf eine Spur gestoßen sei, der er jetzt nachgeht. Das Verbrechen ist anscheinend auf einen Interessenkonflikt zwischen Schafhirten zurückzuführen.‹« Der junge Mann las laut die Nachricht des Lokalkorrespondenten zu Ende, der keine Gelegenheit versäumte, sich zu profilieren; dann faltete er die Abendzeitung, die gerade mit dem Zug aus Palermo eingetroffen war, wieder zusammen und rieb sich lächelnd die Hände.
»Bist du zufrieden?« fragte Don Pietro ihn, der im Schlafanzug auf einem Korbstuhl am Balkonfenster saß.
»Ich, ja. Sollte ich etwa nicht zufrieden sein?«
»Worüber?«
»Über das, was in der Zeitung steht.«
»Die Zeitungen, mein Sohn, taugen nur, um sie auf den Abort zu nehmen: Du liest sie, und anschließend wischst du dir, mit Verlaub gesagt, das Hinterteil damit ab. Ich erinnere mich noch, wie der gleiche Hornochse, der da in der Zeitung schreibt, verkündete, Pippo Ingrassia werde seit drei Tagen von den Carabinieri ›einem Dauerverhör unterzogen‹. In Wirklichkeit betrachtete der arme Pippo schon seit drei Tagen die Radieschen von unten. Und auch als Ignazio Martinez untertauchte, schrieben die Zeitungen einen Tag vor seiner Verhaftung, die Carabinieri gäben eine erbärmliche Figur ab und wüßten nicht, welchen Schutzheiligen sie um Hilfe angehen sollten. Und die Idee, wo sie ihn noch in derselben Nacht aufstöbern könnten, war das etwa eine Eingebung des Heiligen Geistes, oder hatte ihn jemand verpfiffen? Nein, nein, die wollten nur, daß Ignazio Martinez das schluckte, was sie schrieben. Ignazio schluckte es, und seit zehn Jahren haben wir nicht mehr das Vergnügen seiner Gesellschaft. Apropos, wie geht es ihm denn? Weiß man etwas über ihn?«
»Seine Frau hat mir gesagt, daß sie ihm gute Führung bestätigen. Er baut jetzt Einigkeitstempel aus Brotkrumen, darin ist er mittlerweile sehr geschickt. Sie hoffen auf Begnadigung durch den Staatspräsidenten.«
»Das hoffe ich auch für ihn, denn Ignazio ist ein Goldjunge. Männer wie er sind sehr rar. Die Eisdesserts, hast du die bestellt?«
»Die müßten jeden Moment eintreffen.«
»Aber das Eis von Firetto ist nicht mehr das, was es einmal war. Früher, noch vor dem Krieg, wasserte im Sommer jeden Samstag nach dem Mittagessen ein Wasserflugzeug auf offener See, Firetto hielt sich bereit und brachte mit dem Motorboot des Hafenkommandanten ein Faß mit Speiseeis an Bord, das er mit Eisbrocken und Salz bedeckte. Das Wasserflugzeug startete und wasserte erneut vor Ostia, von dort wurde das Faß mit dem Auto nach Rom in die Villa Torlonia transportiert, und der Duce konnte so mit seinen Freunden unser gutes Eis kosten. Ich erinnere mich noch, immer wenn wir den Cavaliere Attard auf die Palme bringen wollten, sagten wir zu ihm, der Duce habe die Autobahn zwischen Rom und Ostia nur
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