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Hahn, Nikola

Hahn, Nikola

Titel: Hahn, Nikola Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Farbe von Kristall
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eine gute Bekannte, die sich in letzter Zeit etwas merkwürdig verhält.«
Laura schilderte, was sie an Helena Braun beobachtet hatte, war aber darauf
bedacht, keinen Namen zu nennen.
    »Wie
alt ist sie?« fragte Dr. Alzheimer.
    Laura
überlegte. »Ich glaube, Anfang sechzig.«
    »Auszuschließen
ist eine beginnende Demenz in diesem Alter nicht. Genausowenig wie eine
Geisteskrankheit anderer Art. Ist sie erblich belastet?«
    »Das
weiß ich leider nicht. Sie erwähnten vorhin eine Frau Deter. Was ist denn das
für eine Krankheit, die Sie an ihr beobachtet haben?«
    »Ob es
eine neue Krankheit oder einfach eine Abart einer gewöhnlichen Demenz ist,
werden umfangreiche weitere Studien erbringen müssen«, sagte Dr. Alzheimer.
»Die Patientin wurde im Herbst vor zwei Jahren ins Irrenhaus eingeliefert, weil
sie ihren Mann nicht mehr erkannte. Damals war sie einundfünfzig Jahre alt.
Mittlerweile weiß sie nicht einmal mehr, wie sie heißt.« Er sah sie aufmerksam
an. »Diese Bekannte steht Ihnen sehr nahe?«
    Laura
nickte. »Gibt es eine Möglichkeit, etwas dagegen zu tun? Es aufzuhalten?«
    »Sie
sollten nicht gleich vom Schlimmsten ausgehen«, sagte Dr. Alzheimer freundlich.
»Die von Ihnen beobachteten Gedächtnislücken können durchaus eine harmlose
Ursache haben. Ist Ihre Bekannte in ärztlicher Behandlung?«
    »Nein.«
    »Ich
reise leider morgen nach München zurück. Aber vielleicht sprechen Sie mal mit
meinem früheren Chef, Dr. Sioli? Sagen Sie ihm, daß ich Sie schicke.«
    »Wo
finde ich ihn?«
    Er
nannte ihr die Anschrift des Irrenhauses. Laura bedankte sich. »Vielleicht
nützt mir dieser Kontakt auch im Rahmen meiner Fürsorgetätigkeit bei der
Polizei.«
    »Ich
habe die Einrichtung einer weiblichen Polizei übrigens begrüßt«, sagte Dr.
Ehrlich. »Es kann nur von Vorteil sein, wenn
    bei den
amtsärztlichen Untersuchungen eine Frau assistiert.« Auf Lauras fragenden Blick
fügte er hinzu: »Ich habe berufliches Interesse an Ihrer Arbeit.«
    »Er
erforscht die Krankheit, deren Namen man öffentlich nicht nennt«, sagte Dr.
Alzheimer. »Und außerdem hantiert er mit Giften herum, daß es einem schummerig
werden kann.«
    »Ich
bin überzeugt, daß eine wirksame Bekämpfung der Infektionskrankheiten nicht
durch Serumtherapie, sondern nur durch eine Chemotherapie möglich sein wird«,
sagte Dr. Ehrlich. »Sei es nun die Schlafkrankheit oder die Syphilis.«
    »Sie
behandeln Syphilis?« fragte Laura.
    »Solange
der Erreger dieser Seuche nicht gefunden ist, können wir leider nicht viel
mehr als ins Blaue hinein doktern«, sagte Dr. Ehrlich.
    »Ich
hatte gerade gestern einen akuten Fall.« Laura schilderte ihm, welche Symptome
Käthe Heusohn aufwies.
    Er hörte
ihr aufmerksam zu, stellte immer wieder Zwischenfragen, und Laura wunderte
sich, daß er sie ohne weiteres als gleichwertigen Gesprächspartner akzeptierte.
Als sie eine entsprechende Bemerkung machte, lächelte er. »Ich schätze weiblichen
Sachverstand. Wenn Sie mögen, besuchen Sie mich doch einmal in meinem Labor. Im
Moment sieht es allerdings ein wenig unordentlich aus.«
    Dr.
Alzheimer lachte, daß sein Schnauzer zitterte. »Ein wenig unordentlich? Wenn
man dein Arbeitszimmer betritt, muß man aufpassen, daß man nicht von
Bücherstapeln erschlagen wird! Und ich zweifle, ob die Zuwendung der Gräfin und
die großzügig gewährte Million der Witwe Speyer etwas daran ändern werden.«
    »Eine
Million Mark? Für die Erforschung der Syphilis?« Als Laura den entsetzten Blick
zweier vorbeigehender Damen sah, merkte sie, daß sie wohl etwas zu laut
gesprochen hatte.
    Die
Männer lachten. »Ich kann mir vorstellen, daß Sie es im Polizeipräsidium nicht
immer leicht haben«, sagte Dr. Ehrlich.
    »Immerhin
weiß ich, daß es meiner Sache dient, einflußreiche Fürsprecher zu haben. Auf
Ihr Angebot komme ich bei Gelegenheit gern zurück, Dr. Ehrlich.«
    Als
Laura sich von den Männern verabschiedete, sah sie Gräfin von Tennitz zu einer
Tür am Ende der Arkaden gehen. Sie folgte ihr. Die Tür führte in den Garten.
Laternen tauchten eine Steinbank und einen Brunnen in gelbes Licht. Von der
Terrasse drang Stimmengewirr. Die Gräfin öffnete den Kragen ihres Kleides und
sank auf die Bank. Laura erschrak. Was hatte sie? War sie krank? Sie ging zu ihr
hin. »Kann ich Ihnen helfen?«
    Sie
fuhr zusammen, als habe sie der Teufel angesprochen. »Was tun Sie hier?
Spionieren Sie mir etwa nach?«
    »Aber
nein!« Der Lichtschein fiel auf ihr blasses Gesicht, das

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