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Hahn, Nikola

Hahn, Nikola

Titel: Hahn, Nikola Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Farbe von Kristall
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waren keine
Drohbriefe mehr gekommen. Ob das etwas mit Cornelias Aktivitäten zu tun hatte?
Sie hatte behauptet, diskret vorgegangen zu sein, doch er wußte nur zu gut, wie
schnell es sich in gewissen Kreisen herumsprach, wenn jemand zu viele Fragen stellte.
Auf seine Andeutung, daß Karl Hopf der Anonymus sein könnte, hatte sie lauthals
gelacht. Richard war nicht sicher, ob sie über Hopfs Aktivitäten in der Laterna Bescheid wußte, aber er hatte es für klug gehalten, über die Neigung Davids
und die entsprechenden Photographien zu schweigen.
    Er zog
seinen Mantel an. »Ich nehme mir jetzt ein letztes Mal Zilly vor, und wenn es
wieder nichts bringt, werden wir die Ermittlungen vorläufig abschließen.«
    »Muß
ich dann zurück in den Wachdienst?« fragte Paul Heusohn.
    Richard
lächelte. »Ich bin guter Dinge, daß es mir gelingen wird, Polizeirat Franck von
Ihrer Unentbehrlichkeit zu überzeugen.«
    Der
Junge sah erleichtert aus. »Kommissar Beck hat nach Ihnen gefragt. Er wollte
wissen, ob Sie das Manuskript über die Fingerspuren noch haben. Vielleicht wird
sich Polizeirat Franck demnächst ja auch danach erkundigen.«
    Richard
lachte. »Sie haben wirklich einen unerschütterlichen Optimismus, Heusohn.« Er
sah auf seine Uhr. »Wissen Sie was? Ich verschiebe die Märchenstunde bei Zilly
und lade Sie zum Mittagessen ein.«

 
    Henriette Arendt                             
    Stuttgart, den 2. Juni 1904
    Polizeiassistentin
    Stadtpolizeiamt
    Sehr
geehrtes Fräulein Rothe!
    Bitte
verzeihen Sie, daß ich so spät auf Ihren Brief vom März d.J. antworte, aber bedauerlicherweise
habe ich Ihr Schreiben erst in der vorvergangenen Woche erhalten, da ich
längere Zeit auf Vortragsreise war und man mir aus unerfindlichen Gründen die
Post nicht nachgesandt hat. Ich weiß nicht, wie das bei Ihnen in Frankfurt ist-
in Stuttgart wird es mir nicht gerade leichtgemacht. Leider bezieht sich das
auch auf die Zusammenarbeit mit einigen meiner Schwestern aus den Wohltätigkeitsvereinen.
Man nimmt es mir dort übel, daß ich mit meiner Kritik selbst hochgestellte
Persönlichkeiten nicht schone. Trotz allem habe ich inzwischen viele Kontakte
knüpfen können, die sich für meine Arbeit als hilfreich erweisen.
    Um auf
Ihren Brief zu kommen: Sicher erinnere ich mich an Ihren Namen! Ich bedaure es,
daß Sie die Zweite Assistenz nicht angetreten haben. Die Stelle ist übrigens
noch vakant-sollten Sie also Ihre Meinung irgendwann ändern, melden Sie sich
bitte bei mir. Davon abgesehen, bin ich - wie von Ihnen vorgeschlagen - sehr an
einem regelmäßigen Austausch von Informationen, zum Beispiel zur Situation des
Zölibats für berufstätige bürgerliche Frauen, interessiert. Ihre Offenheit in
dieser Sache gefällt mir. Auch ich scheue das offene Wort nicht, insbesondere
im Bereich des Kinderhandels, dem ich in Stuttgart vor allem anderen den Kampf
angesagt habe. Gerade bereite ich meine Reise zum Internationalen Frauenkongreß
vor. Ich verspreche mir von der Tagung sehr viel.
    Was
Ihre Bitte um Überprüfung angeht, so habe ich einiges über die von Ihnen
genannte Person und die Familie (Dame) ermitteln können, bei der sie in
Stellung war und die ebenfalls nach Frankfurt verzogen ist. Meinen Bericht füge
ich in der
    Anlage
bei. Da ich diese Informationen überwiegend unter der Hand aus privater Quelle
erlangt habe, bitte ich, sie mit äußerster Diskretion zu behandeln. In der
Hoffnung, Ihnen weitergeholfen zu haben verbleibe ich mit den allerbesten
Grüßen
    Henriette
Arendt
    PS: Wie
Sie aus dem Bericht unschwer sehen können, tangiert die Angelegenheit auch meine
Arbeit. Ich würde mich deshalb freuen, wenn Sie mich angelegentlich über den
Fortgang der Dinge informieren könnten.
    Lächelnd
faltete Laura den Brief zusammen und nahm den Bericht zur Hand. Die
Informationen auf der ersten Seite waren ihr mehr oder weniger aus Zillys Akte
bekannt. Auf der zweiten Seite verschlug es ihr die Sprache.
    Im
Zimmer von Signora Runa herrschte Dämmerlicht. Durch die Ritzen der
Brokatvorhänge drangen schmale Lichtstreifen. »Ich finde es nicht richtig«,
sagte Zilly zu der Gestalt am Fenster.
    »Überkommt
die gefallene Tochter derer von Ravenstedt etwa wieder Sentimentalität? Das ist
dir bei Lichtenstein schon fast zum Verhängnis geworden. Ich dachte, du hättest
daraus gelernt.«
    »Ich
habe keine Lust mehr, für Sie den Kopf hinzuhalten.«
    »Das
tust du doch gar nicht, Schätzchen. Ich weiß aus gut

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