Hahn, Nikola
dem
Verdacht einer vorsätzlichen Vergiftung nach, die sich als Genuß verdorbener
Schlagsahne herausstellte.
Donnerstag
früh rief Cornelia von Tennitz an. »Ich habe eine gute Nachricht, Schwager! Ich
kenne den Verfasser der anonymen Briefe. Außerdem kann ich dir ein paar
Neuigkeiten über Fräulein Zilly erzählen.«
»Wann?«
»Ich
lade dich am Sonntag nachmittag zum Kaffee ein.«
»Geht
es nicht früher?«
Sie
lachte. »Ich habe mich ganz schön für dich ins Zeug gelegt, mein Lieber. Und
ab und zu auch noch andere Termine. Was hast du morgen vor?«
»Morgen
ist es leider unmöglich. Ich fahre sehr früh mit Victoria und den Kindern zum
Gordon-Bennett-Rennen.«
»Seit
wann begeisterst du dich für den Automobilsport?«
»Mein
Schwiegervater hat Karten besorgt. Was ist mit der Schreibmaschine?«
»Du
bekommst die Antwort. Versprochen.«
»Kannst
du mir wenigstens verraten, ob die Briefe an mich etwas mit dem Unfall bei
Pokorny zu tun haben?«
»Ganz
sicher nicht. Den Rest sage ich dir persönlich. Und bitte: Kein Wort zu
irgendwem!«
»Ja.
Bis Sonntag.«
Richard
hatte das Telephonat kaum beendet, als Martin Heynel hereinkam. »Ich muß mit
Ihnen reden.«
»Wenn
es Ihre Verbindung zu meiner Tochter betrifft, können Sie sich die Worte
sparen, Oberwachtmeister.«
Er
setzte sich. »Da Sie mich im Untermainkai nicht empfangen, bin ich gezwungen, die
Dinge hier zu regeln. Gleich kommt Vicki vorbei, und es gibt etwas, das wir
besser nicht in ihrem Beisein besprechen sollten. Es sei denn, es ist Ihnen
gleich, ob sie es erfährt.«
»Was?«
fragte Richard barsch.
Er
lächelte. »Sie selbst haben mir den passenden Hinweis gegeben. Ich brauchte
nur einen Abgleich zwischen Vickis Geburtsdatum und der Akte Eduard Könitz
vorzunehmen. Ihre Frau war im Sommer 1882 nicht schwanger.«
»Dann
wissen Sie ja jetzt, daß Sie in einer Ehe mit Vicki nicht erwartet, was Sie sich
erhoffen.«
»Ach
was. Wenn man den Kuckuck großgezogen hat, sorgt man auch für sein Auskommen.
Alles andere wäre rufschädigend, oder?«
»Sie
sind der mieseste Charakter, der mir je untergekommen ist, Heynel! Bevor ich
Ihnen meine Tochter zur Frau gebe, werde ich eher...«
»...die
Wahrheit sagen? Das haben Sie einundzwanzig Jahre lang nicht geschafft,
Verehrtester.«
»Was
hast du nicht geschafft?« fragte Vicki von der Tür.
Martin
Heynel lächelte. »Dein Vater und ich haben gerade
»Verschwinden
Sie, Heynel. Auf der Stelle!«
»Sie
sollten sich die Sache überlegen, Herr Biddling. Vicki und ich lieben uns.
Notfalls werden wir ohne Ihren Segen heiraten.« Er gab ihr einen Kuß auf die
Wange und ging.
Vicki
schloß die Tür und sah Richard an. Ihr Gesicht war blaß. »Was verschweigst du
mir?«
Richard
ging zum Fenster. »Ich will nicht, daß du Heynel heiratest!«
»Ich
warte auf eine Antwort auf meine Frage, Vater.«
»Es
geschah nur zu deinem Schutz.«
»Was?
Vater, bitte!«
Er
preßte seine Hände auf den Sims. »Deine leibliche Mutter starb kurz nach deiner
Geburt. Victoria ist meine zweite Frau. Wir dachten, es sei das beste, wenn...
Wir wollten es dir an deinem Geburtstag sagen.«
»Nein«,
sagte sie fassungslos.
Er kam
zu ihr. »Victoria hat dich immer geliebt wie ein eigenes Kind. Weißt du, als
ich damals ...»
Sie
wich vor ihm zurück. »Wann starb meine Mutter?«
»Am 3.
September 1882 in Berlin.«
»Danach
gingst du nach Frankfurt?«
»Ja.«
Er knetete seine Hände. »Victoria und ich haben nicht 1882, sondern 1883 geheiratet.«
In ihre
Augen traten Tränen. »Jetzt weiß ich endlich, warum Großvater Flora mehr liebt
als mich.« Sie stutzte. »Warum heiße ich nach ihr? Warum trage ich den Namen
Victoria, wenn ich schon auf der Welt war, als du sie kennengelernt hast?«
Das war
die Frage, die er am meisten gefürchtet hatte. »Ich kannte sie schon vorher.
Ich hatte mit ihrer Familie zu tun. Wegen einer Ermittlung.«
»Du
nennst deine Tochter nach einer Frau, mit der du beruflich nebenbei zu tun
hattest? Vater, lüg mich nicht an!«
Richard
hatte das Gefühl, jemand stoße ihm ein Messer in den Magen. »Bitte, glaube mir:
Wir hätten uns niemals wiedergesehen, wenn deine Mutter nicht gestorben wäre.«
Ihr
liefen die Tränen übers Gesicht. »Nicht mal das Trauerjahr habt ihr
abgewartet.«
»Vicki,
bitte...«
»Daß
du's weißt: Ich werde Martin heiraten!« Bevor er noch etwas sagen konnte, lief
sie aus dem Büro.
Es war
spät, als Richard nach Hause kam. Louise richtete ihm aus, daß David
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