Hahn, Nikola
und
verlangte nach einem Kaffee.«
»Ach
was. Sie übertreibt.« Heiner stellte das Geschirr zusammen und räumte den
Tisch ab. »Ehe ich es vergesse: Polizeirat Franck hat vorhin ausrichten lassen,
daß er Sie morgen früh um sieben Uhr in seinem Büro erwartet, Fräulein Rothe. Was
schauen Sie so?«
»Ich...
nichts.« Laura wußte nicht, was sie sagen sollte. Männer, die Hausarbeit
erledigten, kamen ihrer Erfahrung nach so häufig vor wie Fische in der Wüste.
»Haben
Sie schon Näheres zu dem Mordfall erfahren können?« fragte er. »In den
Abendzeitungen stand, daß es sich aller Wahrscheinlichkeit nach um mindestens
zwei Täter handelte.«
»Da
wissen Sie mehr als ich«, sagte Laura. »Auf dem Weg hierher hatte ich dafür
Gelegenheit, mich über verschiedene Mordtheorien zu informieren. Die Frankfurter
scheinen überhaupt sehr mitteilsam zu sein. Nur mit Mühe konnte ich verhindern,
daß die Antwort auf meine Frage nach dem Rapunzelgäßchen in eine Abhandlung
über die Stadtgeschichte ausartete.«
»Es
kann nichts schaden, ein wenig über den Ort zu wissen, an dem man arbeitet und
lebt, oder?«
Helena
lachte. »Mein Mann ist ebenfalls sehr mitteilsam, was Frankfurts Geschichte
angeht.«
»Verzeihen
Sie«, sagte Laura verlegen. »Ich wollte Sie nicht beleidigen. Aber nach
dreizehn Stunden Bahnfahrt stand mir der Sinn nach anderem.«
»Ich
erzähle nur dann etwas, wenn ich sicher bin, daß mein Gegenüber es auch hören
will«, sagte Heiner.
»Kommissar
Biddling kann ein Lied davon singen«, fügte Helena hinzu. »Wie ich Heiner
kenne, werden Sie täglich über sämtliche Vorkommnisse im Polizeipräsidium
Bericht erstatten müssen.«
»Wie
lange haben Sie mit dem Kommissar zusammengearbeitet?« fragte Laura.
»Fast
zweiundzwanzig Jahre. Aber das Kapitel Polizei hat sich für mich erledigt.«
Es war
ihm nicht allzu schwer anzusehen, daß sich das Kapitel alles andere als
erledigt hatte. »Ich werde Sie auf dem laufenden halten«, sagte Laura lächelnd.
»Sofern Sie es hören wollen.«
»Wir
werden sehen.« Er zog seine Taschenuhr hervor. »Du solltest dich umziehen,
meine Liebe. Sonst kommen wir zu spät.«
»Wohin
kommen wir zu spät?« fragte Helena.
»Hast
du es denn vergessen? Ich habe Karten fürs Orpheum besorgt.«
»Ich
habe es ganz sicher nicht vergessen!«
Laura
überraschte die Schärfe, die plötzlich in ihrer Stimme lag.
»Bitte
verzeih. Natürlich nicht.« Heiner sah Laura an. »Wenn Sie nichts dagegen haben,
zeige ich Ihnen jetzt Ihr Zimmer.«
Laura
nickte.
»Wäre
es möglich, mich morgen früh um sechs zu wecken?« fragte sie, als sie ihm die
knarrende Treppe nach oben folgte.
»Sicher.«
Im
dritten Stock schloß er eine Tür auf und ließ Laura vorausgehen. Wie die Stube
war das Zimmer schlicht, aber mit Liebe zum Detail eingerichtet: Vorhang,
Bettüberwurf, das gestärkte Deckchen auf dem Nachttisch und die Handtücher auf
dem Waschtisch waren himmelblau. An einem Holztisch in der
Mitte
des Raumes standen zwei mit gelben Auflagen versehene Stühle.
Der
Holzkorb und die Kohlenschütte neben dem Ofen waren gefüllt; durch den
Schieber sah Laura das Feuer flackern. Auf dem Nachtschränkchen brannte eine
Petroleumlampe. Ihr Koffer stand vor dem Schrank.
»Ich
hoffe, das Zimmer entspricht Ihren Erwartungen?«
Laura
bejahte. Sie fragte nach dem Mietzins; er war geringer, als sie erwartet hatte.
»Kommissar
Biddling hat auch schon hier gewohnt«, sagte Heiner nicht ohne Stolz.
Laura
fand es seltsam, daß ein Kommissar sich im Haus seines Untergebenen
einmietete, aber sie schwieg. Früher oder später würde sie den Grund schon
erfahren. Als Heiner gegangen war, räumte sie rasch ihre Sachen in den
Schrank, kleidete sich für die Nacht und schlüpfte ins Bett. Mit einem wohligen
Seufzer zog sie die Decke bis zum Kinn und streckte ihre steifen Glieder aus.
Der Tag hatte besser geendet, als sie zu hoffen gewagt hatte. Sie versuchte
sich auszumalen, was Polizeirat Franck morgen zu ihr sagen würde. Vielleicht
sollte sie sich für alle Fälle ein paar Antworten zurechtlegen?
Eine
Frauenstimme weckte sie auf. Im ersten Moment dachte sie, sie habe verschlafen,
aber als sie die Lampe hochdrehte, sah sie, daß es gerade halb sechs durch war.
»Ich
habe Ihnen ausdrücklich gesagt, daß ich um halb sieben zu frühstücken wünsche!«
»Es tut
mir leid, Fräulein Frick«, hörte Laura Helena Braun sagen.
»Ich
habe Ihre Schusseligkeit ein für allemal satt! Und Ihr dummes Tablett
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