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Hahn, Nikola

Hahn, Nikola

Titel: Hahn, Nikola Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Farbe von Kristall
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Warum nicht auch dieses Mal? War ihm die Summe zu hoch? Eine
dringende und delikate Angelegenheit. Hatte Victoria nicht erwähnt, daß er
ab und zu mit Marias Mann ausging? Theodor Hortacker war als passionierter
Spieler bekannt, und unbezahlte Spielschulden wären in der Tat eine delikate
Sache. Aber warum hatte David sich das Geld bei Hermann Lichtenstein geliehen,
den er bestenfalls flüchtig kannte? Richard stand auf. Es würde nur eine Frage
der Zeit sein, bis Groß den Mord an Lichtenstein gestand und alle Beteiligten
verhaftet werden konnten. Sicher würde es sich dann herausstellen, daß David
nichts mit der Sache zu tun hatte. Richard nahm Mantel und Hut von der
Garderobe und löschte das Licht. Er mußte endlich damit aufhören, irgendwelche
irrationalen Vermutungen in diesen Mordfall hineinzuinterpretieren!
    Als er
nach Hause kam, war David ausgegangen und Victoria in der Bibliothek. Sie saß
an ihrem Schreibtisch und las Zeitung.
    Richard
küßte sie auf die Wange. »Was studierst du denn Interessantes?«
    Sie
lächelte. »Da du mir ja nichts erzählst, muß ich mich anderweitig darüber
informieren, wie du deinen Tag verbringst.«
    Flora
kam herein. Sie hatte ein Nachthemd an und Victorias Detektivroman in der Hand.
Die blonden Locken fielen ihr ins Gesicht. »Guten Abend, Papa!«
    »Du
solltest längst schlafen!« sagte Victoria.
    Sie
hielt ihr das Buch hin. »Ich kann aber das Rätsel nicht lösen.«
    »Was
für ein Rätsel denn?« fragte Richard lächelnd.
    »Nenn
mir die Frucht mit dem härtesten Kern! Karl sagt, die Lösung steht hier drin,
ich muß nur die richtige Farbe finden.
    Und für
dich ist das Buch auch gut. Karl sagt, daß der Held mit seiner Methode ruckzuck
alle Mörder überführen kann, und wenn du das auch so machst, dann mußt du weniger
arbeiten und hast mehr Zeit für mich.«
    Richard
verzog das Gesicht. »Gehe ich recht in der Annahme, daß mit Karl Herr Hopf aus
Niederhöchstadt gemeint ist?«
    Victoria
nickte. »Er war heute vormittag in der Stadt und hat mir seine Aufwartung
gemacht.«
    »Mama
hat er auch ein Rätsel aufgegeben. Aber das ist noch schwerer als meins, weil
es nämlich ein Deduktionsrätsel ist.«
    »Eine
kleine Spielerei«, sagte Victoria. »Wir sprachen über Detektivromane, und Herr
Hopf fragte, welche Schlußfolgerungen ich aus dieser Meldung ziehen würde.«
Sie gab Richard den Artikel. »Da die Polizei eingeschaltet war, kannst du mir
vielleicht helfen?«
    Richard
starrte auf die Meldung.
    »Was
ist denn?« fragte Victoria.
    Er sah
Flora an. »Es wird Zeit, daß du ins Bett gehst, Florchen.«
    »Aber
Papa! Ich muß doch erst das Rätsel lösen.«
    »Bitte
tu, was ich sage.«
    Sie
wünschte artig eine gute Nacht und verschwand.
    »Was
hast du?« fragte Victoria.
    »Warum
hat er dir diese Meldung gegeben?«
    »Das
war Zufall, Richard.«
    »Ich
versichere dir, daß es ganz bestimmt kein Zufall war!«
    »Und
warum?«
    Richard
hatte das Gefühl, sein Kopf wollte auseinanderspringen. Er zerriß die Seite
und warf sie in den Papierkorb. »Das tut nichts zur Sache.«
    »Könntest
du mir bitte erklären, was das soll?«
    »Ich
will nicht, daß dieser Hundezüchter hierherkommt.«
    »Das
ist keine Erklärung.«
    Das
Hämmern hinter seiner Stirn wurde unerträglich. »Herrgott noch mal! Kannst du
nicht einmal etwas akzeptieren, ohne einen Roman als Begründung einzufordern?«
    »Ich
lasse mich von dir nicht behandeln wie ein Dienstmädchen!« sagte Victoria und
ging.
    Richard
wollte ihr folgen, aber der Schmerz fuhr in seine Brust, daß es ihm den Atem
nahm. Verzweifelt klammerte er sich an den Schreibtisch. Ein eiserner Ring
schien seinen Brustkorb zu zerquetschen, vor seinen Augen tanzten Lichter.
Alles Denken und Wollen reduzierte sich auf ein Ringen nach Luft. Nie zuvor
hatte er eine solche Angst gefühlt.
    Der
Anfall ging so schnell vorüber, wie er gekommen war. Richard ließ sich auf einen
Stuhl fallen. Ihm war schlecht, seine Hände zitterten.
    Als er
am nächsten Morgen das Haus verließ, hatte Louise es nicht einmal geschafft,
ihn zu einer Tasse Kaffee zu überreden.
     
    Kapitel
10
     
    Abendblatt Dienstag, l.März 1904
    Frankfurter
Zeitung und Handelsblatt
     
    Die
Nachricht von der Festnahme des Möbelträgers Bruno Groß verbreitete sich
gestern im Nu durch die ganze Stadt. Nach beendetem Verhör wurde er in Haft behalten
und heute Vormittag um 11 Uhr dem Untersuchungsrichter vorgeführt. Es wäre aber
mehr als voreilig, den Groß schon jetzt für den

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