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HahnBlues | Ein Rhein-Mosel-Krimi

HahnBlues | Ein Rhein-Mosel-Krimi

Titel: HahnBlues | Ein Rhein-Mosel-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Schmidt
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offenen Haustür und blickte dem Mütterlein kopfschüttelnd nach, bis sie im Mühlenweg verschwunden war. Dann erklomm er die hell gefliesten Stufen ins Dachgeschoss. Hier gab es zwei gegenüberliegende Türen.
    Er zögerte, dann bemerkte Kaltenbach, dass die linke der beiden Türen nur angelehnt war. Zunächst stutzte er, dann erinnerte er sich daran, dass die alte Frau im Hausflur ihn mit dem Mann von der Telefongesellschaft verwechselt hatte. Offenbar erwartete Beatrice Manderscheid Besuch von einem Techniker. Das kam ihm sehr gelegen.
    Kaltenbach klopfte an die Tür, rief zwei mal zögerlich „Frau Manderscheid?“ und trat schließlich unaufgefordert ein. Er fand sich in einem langen Flur, von dem vier Türen abzweigten. Angelehnte Türen schienen hier in Mode zu sein. Der Fußboden war ebenfalls hell gefliest, an den hell angestrichenen Wänden erblickte er abstrakte Gemälde, die er nicht verstand. Aber Kunst war eben immer eine Frage der Interpretation. So übte sich Kaltenbach in Toleranz und blickte in den ersten Raum. Das Schlafzimmer. Es lag unter einer Schräge, was dem fast quadratischen Raum eine gewisse Gemütlichkeit verlieh. Das Mobiliar war einfach, aber durchaus wertig. Neben einem französischen Bett zwei Nachtschränkchen mit Lampen, die ihren Lichtschein durch Milchglaskugeln verbreiteten, an der linken Wand ein weißer Schrank, in die Türen waren ebenfalls Milchglasscheiben eingelassen. Nichts Auffälliges.
    Kehrtwende, erstes Zimmer links. Das Bad, länglich, modern und hell gefliest, ebenfalls Schrägen unter den Dachgauben, eine große Eckbadewanne bestimmte das Bild des Zimmers.
    Nebenan die Küche. Pedantisch sauber, nichts für Kaltenbach, denn Edelstahlfronten erinnerten ihn immer an die Rechtsmedizin – anstelle einer Gemütlichkeit strahlten eiserne Küchen immer etwas Steriles aus. Keine Tasse in der Spüle wie bei ihm zu Hause, kein überquellender Mülleimer – sogar der Kalender an der Wand war auf das richtige Datum eingestellt. Das Fenster stand auf Kipp. Vogelgezwitscher drang hinein und erfüllte den Raum mit einer gewissen Leichtigkeit.
    Trotzdem stimmte hier etwas nicht. Dafür, dass Frau Manderscheid offenbar händeringend auf einen Techniker wartete, hüllte sie sich auffallend in Schweigen. Ein Umstand, der zur Steigerung von Kaltenbachs Herzfrequenz beitrug, auch wenn er das nicht gern zugab. So setzte er seine Wanderung durch die Wohnung von Rudolf Manderscheids Witwe fort. Dabei rief er immer wieder ihren Namen, erhielt jedoch keine Antwort.
    Im Wohnzimmer fiel das Sonnenlicht durch die großen Fenster und tauchte das Mobiliar in ein warmes Licht. Staubpartikel tanzten in der Sonne, der Fernseher – ein Gerät der neuesten Generation – lief ohne Lautstärke. Die bodenlange Gardine vor der offenen Balkontür wurde von einem Luftzug aufgebläht. Bernd Kaltenbach machte einen Schritt in den Raum und ließ seinen Blick über die Einrichtung schweifen. Grün war die dominierende Farbe. Ein niedriger Wohnzimmertisch mit selbst gehäkelten Deckchen, ein Fernsehsessel mit grüner Wolldecke, unter dem Tisch und vor dem Sofa ein grüner Orientteppich mit schrecklichem Muster. Grün auch die Schonbezüge auf dem Sofa, sogar der Stoffschirm der Stehlampe in der Ecke war grün. Kaltenbach bewertete den Einrichtungsstil von Beatrice Manderscheid als gewöhnungsbedürftig. Als er den Blick kreisen ließ, stockte ihm der Atem.
    Die geballte Ansammlung von grünen Gegenständen in diesem Zimmer bot einen deutlichen Kontrast zu dem riesigen Blutfleck auf dem hellen Teppich. Kaltenbach wusste plötzlich, dass ihn sein eigenartiges Gefühl beim Betreten der Wohnung nicht getäuscht hatte. Denn in der Blutlache lag eine Frau. Kaltenbach schätzte sie auf Anfang fünfzig. Eine hübsche Frau, wie er fand, doch leider war sie mausetot. Daran bestand kein Zweifel, denn ihre blauen Augen schienen weit aufgerissen zur Zimmerdecke zu starren. Hinzu kam das Loch in der Mitte ihrer Stirn.
    Und noch etwas fiel Kaltenbach auf: Es gab einen kleinen Schreibtisch, darauf ein kleiner flacher Monitor, eine Tastatur und eine Maus. Das Fach für den Rechner hingegen war leer, und die Kabel hingen lose heraus. So viel also zu Frau Manderscheids Problemen mit dem Computer, dachte Kaltenbach. Die hatten sich wohl schon erledigt, denn der zickende PC glänzte hier durch Abwesenheit. Demnach war Kaltenbach der lang ersehnte Mann von der Telefongesellschaft zuvorgekommen. Er hatte nicht nur das

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