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Hahnemanns Frau

Titel: Hahnemanns Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bauer Angeline
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Erstens, weil er ein Bruder seiner Mutter war, und zweitens, weil er ihm einmal aus einer äußerst prekären Lage geholfen und dabei selbst einiges riskiert hatte. Aber auch den Hahnemanns fühlte er sich verbunden. Sie hatten ihn geheilt und keine üble Nachrede verdient. Und er schätzte sie – beide.
    »Ein Anhänger der Homöopathie – so weit will ich nicht gehen, und doch ist es so, Onkel, wenn wir nicht wirklich etwas vorzubringen haben, dann haben wir das Spiel von vornherein verloren. Anschuldigungen, die sich nicht halten lassen, wenden sich am Schluß gegen einen selbst.«
    Doyen schien nachzudenken. Plötzlich sah er Sébastien an. »Und was hast du bei Madame erreicht?«
    Er zuckte die Schultern. »Sie ist ihrem Mann ganz und gar ergeben und liebt ihn ehrlich, ich habe es nicht nur einmal versucht, doch da ist nichts zu machen.« Er hob die Hände und ließ sie wieder fallen. »Es tut mir leid, Onkel.«
    Dodo kam herein. Sie servierte den Wein, dabei neigte sie sich Dr. Doyen so entgegen, daß er ihr tief ins Dekolleté sehen konnte, und als sie die Karaffe aufs Tablett zurückstellte sah sie ihn mit keckem Augenaufschlag an.
    Sie war hübsch und offensichtlich bereit, ihm zu Diensten zu sein. Das brachte ihn auf eine Idee.
    Er lächelte ihr zu, sie lächelte zurück. Später, wenn er das Haus verließ und sie ihm Zylinder, Handschuhe und Stock reichte, würde er die Gelegenheit nutzen, um in aller Ruhe ein paar Worte mit ihr zu wechseln.
    »Noch eines«, sagte er und wandte sich wieder an seinen Neffen. »Mir kam zu Ohren, daß Madame Hahnemann Leute aus der Unterschicht behandelt. Und das, obwohl sie eine Frau ist und Frauen das Praktizieren verboten ist. Dabei handelt es sich meist um arme Leute, Gesinde und Gesocks.«
    »So etwas habe ich auch beobachtet. Allerdings tut sie es unentgeltlich, darum kann man ihr daraus keinen Strick drehen.«
    »Aber wie ich deinem Bericht entnehmen konnte, führte Madame Hahnemann auch in deinem Fall die Befragungen durch?«
    »Es ist so, daß sie die Anamnesen zwar durchführt, Dr. Hahnemann, der neben ihr sitzt, die ganze Sache jedoch überwacht und leitet. Später schlägt sie vor, welches Medikament gegeben werden muß, und er bestätigt oder verwirft ihren Vorschlag. Sie scheint seine Schülerin zu sein – und dagegen ist rein gesetzlich nichts einzuwenden. Sie darf eben nur nicht für Geld praktizieren.«
    »Und wie ist dein Verhältnis zu Madame? Ist sie dir freundlich gesonnen, oder begegnet sie dir eher mit Ablehnung?«
    »Ich denke, ich bin ihr sympathisch. Jedenfalls begegnet sie mir aufgeschlossen. Allerdings wahrt sie auch immer die gebührende Distanz.«
    Doyen wußte genug. Er würde die Sache nun selbst in die Hand nehmen und mit Dodos Hilfe schon bald seinen Sieg erringen. Er nahm eines der Gläser, prostete seinem Neffen zu und trank. Danach schürzte er die Lippen und starrte versonnen ins Glas. »Ein ausgezeichnetes Tröpfchen«, sagte er, lachte schließlich und fügte an: »Gerade gut genug, um auf die Frauen und die Liebe anzustoßen.«

Das Komplott
    Es war Montag, der Tag, an dem im Hause der Hahnemanns Seminare und Gesprächskreise stattfanden. Homöopathen trafen sich, um über Fälle aus ihrer Praxis zu diskutieren, Beobachtungen weiterzugeben, über Dosierungen und neu erprobte Mittel zu sprechen.
    Dr. Chatron, Dr. Petroz, Dr. Jourdan und zwei Ärzte der Gallikanischen Homöopathischen Gesellschaft waren gekommen. Auch Dr. Henry Detwiller aus Amerika und ein junger Homöopath, der aus Straßburg angereist war, hatten sich der Diskussionsrunde angeschlossen.
    Die Stimmung war aufgeheizt. Samuel hatte sich bereits mehrfach über Dr. Petroz geärgert, der lautstark für häufig wiederholte Medikamentengaben und gezielte Verordnungen bei speziellen pathologischen Befunden eintrat.
    »Wieso nicht Belladonna?« fragte er und sah Hahnemann zornbebend an. »Belladonna paßt zu Ohrenschmerzen. Und wenn das nichts nützt, müssen wir eben mit Blutegeln …«
    Er kam nicht dazu auszureden, denn Samuels Hand fuhr mit einem Donner auf den Tisch nieder. Dann sprang er plötzlich auf und schrie Petroz an: »Das ist Stümperei! Sie vermengen die Allopathie mit meiner Lehre! Dafür gebe ich mich nicht her! Sie schaden unserer Sache mehr, als Sie ihr nutzen, Monsieur!«
    »Ach ja?« Ein Grinsen zuckte um Dr. Petroz' Mund. »Ich soll also notfalls sogar zusehen, wie ein Patient stirbt, nur um Ihrer Lehre gerecht zu werden?«
    »Monsieur! Ich bitte

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