Hai Fisch Futter
von heute beim besten Willen nicht verstehen«, klagte sie. »Zu meiner Zeit ist man zusammengeblieben, wenn man ein Liebespärchen war. Alle diese Frauen, die um die halbe Welt zigeunern...«
»Das Stipendium ist wichtig, Thel. Außerdem werde ich immer noch hier sein, wenn sie zurückkommt«, sagte ich, wobei ich praktischerweise mein ganzes Selbstmitleid und Ärgerlichsein vergaß.
»Du solltest dir ein nettes, normales Mädchen suchen. Eine Sekretärin oder eine Krankenschwester...«
»Wie wär’s mit einer Schauspielerin?« fragte ich und gab ihr zum Abschied einen Schmatz.
Der Wettberater war adrett gekleidet und machte einen gediegenen und scharfsinnigen Eindruck. Obwohl seine Haare nun weiß waren, hatte Don Taylor sein Leben offenkundig als Rotschopf begonnen und zeichnete sich durch eine helle Haut und fahlblaue, blitzgescheite keltische Augen aus. Er lebte in einem dieser feuchten, dunklen Reihenhäuser, die Marrickville überschwemmen — einen mittlerweile multikulturellen Stadtteil, der bis zur Ankunft der ersten Griechen in den Sechzigern jedoch ein anglo-keltisches Arbeiterviertel war. Jetzt waren die Griechen alteingesessene Siedler.
Thel hatte mir gesagt, daß Taylor Witwer sei, und der Geist einer Ehefrau schwebte über den verblaßten Plastikrosen in einer staubigen Vase auf einem Kunststoffdeckchen und den sentimentalen Bildern an der Wand. In der Ecke lockten Dutzende von Pferdefotos scharenweise Wollmäuse an. Taylors Lebensraum beschränkte sich auf das Schlafzimmer und die Küche, in die er mich führte und zwei Büchsen Bier aufmachte. Die Küche, die mich an das Haus meiner Eltern erinnerte, war 1956 in Reinkultur und hätte in das Powerhouse Museum gehört.
»Gute Frau, Ihre Tante«, begann er.
»Große Klasse«, pflichtete ich ihm bei.
»Sie ist Ihre einzige lebende Verwandte, glaube ich?«
»Ja. Sie ist die Schwester meines Vaters. Meine Eltern sind beide tot.«
»Schlimme Sache.«
Ich nickte, unbewegt. Ich bin daran gewöhnt, Waise zu sein, und es hat seine Vorteile. »Was wissen Sie über Matt Simmons?« fragte ich.
»Weshalb wollen Sie das wissen?«
Ich erzählte ihm von Val und Selwyn, wobei ich die Verbindung zum Crash Through und den Hunnen aber überging.
»Schon komisch, daß er nicht nach Selwyn gesucht hat«, bemerkte er.
»Das finde ich auch.«
Taylor bestätigte die Gerüchte, daß sich Simmons mit den drei Ehefrauen, Windermere und den Renovierungsarbeiten finanziell schwer übernommen hatte.
»Ist er bis über die Ohren verschuldet oder gäbe es noch eine Rettung für ihn?«
»Er hat bei den Banken enorme Kredite aufgenommen, und es war davon die Rede, daß sie ihm jede Minute den Hahn zudrehen würden. Er hat vorletzte Woche eine Siegprämie eingestrichen, aber ich weiß nicht, ob die ausgereicht hat.«
»Fällt Ihnen irgendein Grund ein, warum man Selwyn verschwinden lassen haben könnte?« fragte ich.
»Sind Sie sicher, daß er nicht einfach aus dem einen oder anderen Grund Fersengeld gegeben hat?«
»Ja. Ich war in seiner Bude. Er hat noch nicht mal ’ne Zahnbürste eingepackt.«
»Haben Sie mit jemandem von Simmons Angestellten gesprochen?«
»Eine Pferdepflegerin namens Sally sagte, er hätte sich mit Simmons gestritten. Als Selwyn dann nicht mehr zur Arbeit erschien, dachte sie, er sei gefeuert worden.«
»Hat sie erzählt, worum es bei dem Streit ging?«
»Nein.«
»Es ist Ihnen doch bekannt, daß Selwyn für Simmons eine Menge Arbeiten in seinem Haus erledigt hat?«
Ich schüttelte den Kopf.
»Zu seinem Haus in Randwick gehören nämlich auch mehrere Stallungen. Er hat Selwyn oft dorthin mitgenommen, damit er bei den Pferden aushalf.«
»Wenn Selwyn Einblick in Simmons’ Geschäfte hatte, hat er seine Nase vielleicht in Dinge gesteckt, die ihn nichts angingen«, sagte ich. »Sie könnten sich doch wegen etwas in der Richtung überworfen haben.«
»Könnte sein«, sagte Taylor. »Haben Sie sein Haus mal unter die Lupe genommen?«
»Nein, ich warte, bis Simmons wieder im Hunter Valley ist.«
»Nehmen Sie sich bloß in acht«, sagte der alte Mann. »Auf dem Turf geht es um viel Geld, und wo der große Reibach winkt, gibt es Spitzbuben zuhauf.«
Ich dankte ihm und fuhr querbeet nach Randwick hinaus. Dabei kam ich an Dutzenden von Coffee-Shops voll sorgloser Koffeinsüchtlinge vorbei. Ich würde bald weiße Mäuse sehen. Wo immer sie sich auch befinden mochte, ich hoffte inständig, daß Lizzie infolge Nikotinmangels einen
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