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Haie an Bord

Haie an Bord

Titel: Haie an Bord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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und nickten den anderen Arabern zu. Sie hoben Fuad Abdallah vom Boden und trugen ihn weg in eines der schwarzen niedrigen Zelte. Auch Bender erhob und streckte sich.
    »Wenn ich jetzt Blitzlicht und Kamera hätte«, sagte er. »Wie Sie da in der Blutlache sitzen … das gäbe ein zünftiges Foto, als Wandbild in jeder Praxis aufzuhängen: Der Chirurg nach getaner Arbeit, das große Halali singend.«
    »Wird Fuad leben?« fragte Salim. Er half Dr. Wolff beim Aufstehen, packte ihn unter die Achseln und hob ihn vom Boden hoch.
    »Ich hoffe … ja …«
    »Danke, Doktor.« Salim zögerte, dann umarmte er Wolff und küßte ihn auf beide Wangen. »Wir werden Eve nicht hinrichten …«
    »Welch eine Nacht!« Bender rieb seine Hände an der Hose ab. Auch sie war vom Blut durchtränkt. »Bert, Sie sind der erste und einzige Mensch, der vor seinem Tod geküßt wurde.«
    Sand. Felsen. Eine zerplatzte Sonne. Ein flammender Himmel. Weite, flimmernde Einsamkeit. Stille, die in den Ohren dröhnt, weil der Herzschlag und das Rauschen des Blutes wie Paukenschläge klingen. Eine Welt ohne Anfang und Ende. Salzfelder, zerrissen wie zersplittertes Glas.
    Und die Kamele trotten dahin, ihre Hufe gehen lautlos im Sand unter, die Menschen hängen in ihren Sätteln, vom pulverfeinen Staub überzogen, gepuderte Clowns für Stumme und Blinde. Die Wüste. Die ewig Schweigende. Das tote Land von Mahra.
    Vier Tage wie im Mittelpunkt der Sonne. Vier Tage durch ein Meer von fliegendem Sand. Vier Tage, länger als vier Ewigkeiten.
    Und vier Nächte in der Kälte von Millionen Sternen.
    »Morgen sind wir am Wadi al Atinah«, sagte Salim in der Dämmerung zur fünften Nacht. Die Kamele knieten im Kreis, die Zelte wurden aufgebaut, Fuad Abdallah – er lebte noch immer – wurde von den Zeltstangen geschnallt, auf denen man ihn auf einem Lastkamel transportierte. Er hatte bis jetzt nicht geschrien, aber sein junges Gesicht war grau geworden und seine Augen wie blind.
    »Wer kann diese Menschen verstehen?« hatte Bender am dritten Tag zu Wolff gesagt. »Ich hasse das Wort Helden abgrundtief, aber mir fällt bei dem Jungen kein anderes ein. Ich würde brüllen, bis in der Wüste ein Wirbelwind entsteht.«
    Sabah Salim hatte sich nach der Operation geweigert, eine Pause einzulegen. »Sie haben operiert, das war Ihre Sache«, hatte er zu Wolff gesagt. »Jetzt reiten wir weiter, und Fuad wird ein tapferer Krieger sein, das ist unsere Sache.«
    Gleich nach dem Absitzen schwankte Wolff jetzt hinüber zu dem Küchenzelt, das als erstes aufgerichtet worden war und unter dessen Dach Fuad Abdallah lag. Von der anderen Seite, fast unkenntlich, wie in Mehl gewälzt, humpelte Dr. Bender heran.
    »Verbandwechsel, was?« rief er.
    »Ja.« Wolff setzte sich auf einen heruntergenommenen Sattel. »Wenn wir morgen in Hissi Maksa sind, hat diese Qual ein Ende.«
    »Hoffen Sie?« Bender begann, den völlig mit Sand verklebten Verband aufzuwickeln. Die Salbe war durchgedrungen, das Bein wirkte wie ein großer Fliegenfänger. »Machen Sie sich keine Illusionen, mein Junge. Dieses Hissi Maksa wird ein armseliger, grüner Fleck um einen Brunnen sein, und wir werden rätseln, warum, wofür und wovon dort Menschen leben.« Er hatte die letzte Lage Verband entfernt, die Salbe war getrocknet und fiel weg wie Pulver. »So eine Scheiße!«
    Das Bein war rot, geschwollen, die Wunde schwärzlich aufgetrieben. Wie das ein Mensch stumm, mit unbewegtem Gesicht aushalten konnte, war einfach rätselhaft.
    Salim kam mit einem Topf Wasser. Ihm folgte Eve mit nassen Tüchern. McHolland und Fritz Abels bauten ihr Zelt auf, nachdem man es ihnen gezeigt hatte, mußten sie es selbst tun.
    »Wir müssen amputieren«, sagte Bender leise, bevor es Salim hören konnte. »Aber nicht hier. Warten wir bis Hissi Maksa. Diese paar Stunden spielen nun auch keine Rolle mehr. Am besten wäre es, dem Jungen meine Zyanidkapsel über die Zunge zu schieben …«
    Salim kniete sich neben seinem Bruder in den Sand. Er legte die feuchten Tücher über die schreckliche Wunde, und Fuad lächelte verzerrt.
    »Himmel, Arsch und Wolkenbruch!« schrie Bender. »Warum lächelt er und brüllt nicht die Sonne vom Himmel?«
    »Fuad hat keine Schmerzen«, sagte Salim stolz.
    »Bei dem Bein?«
    Salim beugte sich über seinen Bruder. »Hast du Schmerzen, Fuad?«
    »Nein, Sabah –.«
    »Brennt dein Bein?«
    »Es ist kalt wie die Nacht.«
    Bender stieß Wolff in den Rücken. »Kommen Sie«, sagte er heiser. »Ich bekomme

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