Haie an Bord
Kriegszustand?
Fast lautlos, leise schleifend, versanken die Hufe der Kamele in dem feinen Sand. Sie hatten sich bis zum Platzen vollgesoffen, strotzten voll aufgespeicherten Wassers, waren gerüstet für den langen Durstmarsch in die heiße, grauenhafte, gelbsandige Stille.
Nach wenigen Minuten hatten sie den Stadtrand von Hissi Maksa erreicht. Wie abgeschnitten ging hier der Palmengürtel in die Wüste über. Die Sanddünen lagen wie lange, runde Höcker unter dem kalten Sternenhimmel.
Sabah Salim hielt sein Kamel an und ließ die kleine Karawane an sich vorbeiziehen.
Und zu jedem, der an ihm vorbeischaukelte, sagte er laut:
»Allah segne dich … Allah segne dich …«
Er blieb unter den Palmen stehen, bis das letzte Kamel oben auf der Kuppe der nächsten Sanddüne verschwunden war. Dann ritt er schnell zurück und legte sich in seinem Haus auf den Teppich. Seine Frau Belkisa hob den Kopf.
»Sind sie weg, Sabah?«
»Ja.«
»Sie werden nie ankommen.«
»Das liegt allein in Allahs Hand.« Er rollte sich zusammen, schloß die Augen und zwang sich, zu schlafen und nicht an die mörderische Wüste zu denken.
Die Wüste, die seine Heimat war.
Schon am frühen Morgen gab es in Hissi Maksa Alarm, als griffen die Regierungstruppen von Oman die endlich entdeckte Stadt der Rebellen an. Von allen Seiten stürmten die Krieger zum Platz vor Hasna Mahmuds Haus. Nach einem bestimmten Plan besetzten andere Truppen die Verteidigungsstellungen. Es zeigte sich, daß Hissi Maksa über ein fast modernes Stützpunktsystem verfügte … in die Erde gegrabene Unterstände, mit dicken Palmholzstämmen abgestützt.
In einem der Unterstände lagen zwei Tote. Erstochen.
»Fünftausend Pfund für jeden, der mir die Geiseln wiederbringt!« brüllte Hasna Mahmud. Er rannte in dem großen Empfangszimmer herum, schlug mit den Fäusten gegen die Wand, und der Irrsinn, der bisher in ihm geschlafen hatte und nur zeitweise ausgebrochen war, sprudelte ungehemmt aus ihm hervor. Es war ein fürchterlicher Anblick.
»Sechs Trupps fächerförmig zur Küste!« schrie er. »Sie können nicht entkommen! Sie dürfen nicht entkommen! Sie sind doch tot! Tot! Tot!« Er raufte seine Haare, heulte wie eine Hyäne und starrte dann Sabah Salim an, den einzigen, dem er in Hissi Maksa voll vertraute.
»Wie war das möglich, Sabah?« stammelte er. »Kamele, Waffen, Verpflegung. Sie konnten unsere Brüder töten! Wie war das möglich? Wer hat ihnen geholfen?«
»Ich werde nachforschen, Emir«, sagte Salim und verneigte sich tief. »Es wird die Aufgabe meines Lebens sein, diesen Verräter zu finden.«
Dreihundert Krieger ritten an diesem frühen Tag zur Küste. Ein Trupp von zehn Männern ritt auch ein paar Meilen nach Norden, um auch keine Richtung zu vergessen.
Sie fanden nichts. Der ewig wehende Wind hatte alle Spuren im weichen Sand verwischt. Außerdem … wer reitet als Fremder nach Norden, in den sicheren Tod? Wo will er dort hin, wo die rettende Küste so viel näher liegt?
Die Männer kehrten um.
Um diese Zeit schaukelte die kleine Karawane geradewegs nach Norden. Dr. Wolff hatte die armselige Karte an seinen Holzsattel geheftet. Dr. Bender, der neben ihm ritt, beugte sich zur Seite.
»Was halten Sie davon, mein Junge?«
»Wir sind frei.«
»Und wo kommen wir an?«
»Irgendwo …«
»Eine verdammt unbekannte Stadt«, Dr. Bender wischte sich mit dem Handrücken über die Augen. »Ich gestehe, Wolff: Ich fühle mich lausig –.«
Sie waren jetzt drei Tage und Nächte unterwegs.
Zuerst hatte man geglaubt, es sei am besten, in der kalten Nacht zu reiten und an den heißen Tagen auszuruhen, aber das war ein falsches Denken. Wohl kam man in der Nacht zügiger voran, aber wer kann bei 60 Grad Hitze schlafen, wer sich erholen, wenn der Wind den Sand sofort über einen treibt, als solle man lebendig begraben werden? Schon in der dritten Nacht nach zwei Tagen Rast waren alle so müde, daß Dr. Bender sagte:
»Schalten wir um. Gehen wir in den alten Rhythmus zurück … am Tag reiten, in der kühlen Nacht sich erholen. Es ist immer idiotisch, Gott ins Handwerk zu pfuschen. Wir sind eben keine Sandflöhe, sondern Menschen.«
Jetzt zeigte sich auch, wie wichtig Fritz Abels war. Als Seemann war er allein in der Lage, am Stand der Sonne und an den Sternen exakt die Richtung Norden zu bestimmen. Er hatte auch als einziger eine Armbanduhr und benutzte sie als Ersatzkompaß.
»Wenn sie vor- oder nachgeht, ist das natürlich Scheiße!« sagte
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