Haie an Bord
Wunder, denn diese Haut schien bis jetzt keine Poren mehr zu haben. »Ein Bluterguß, ohne Zweifel.«
Wolff richtete sich auf und kroch hinüber zu Bender und McHolland. Abels wuchtete den Sanitätskasten vor sie hin und fiel dann der Länge nach vor totaler Erschöpfung in den Sand.
»Er muß stilliegen –«, sagte Wolff. »Keine Bewegung, kühle Kompressen um das Gelenk … wir können es schaffen. Er ist ja kein richtiger Bluter, er produziert Fibrin, wenn man ihn ruhigstellt und das verdünnende Mittel absetzt.«
»Himmel, das weiß ich doch alles!« schrie Bender und wandte sich von McHolland ab. »Aber wir können hier nicht tagelang liegenbleiben, im Sand, schutzlos unter der Sonne … und wir brauchen das Wasser, um zu überleben, nicht um damit kühle Kompressen zu machen.«
»Dann hauen Sie ab!« sagte McHolland ruhig. »Bender, geben Sie mir Ihre Giftkapsel! Und sparen Sie sich das Vergraben … der Wind schaufelt mich schon mit Sand zu.«
Es war eine Situation entstanden, mit der man sich nicht einfach abfinden konnte, sondern der jeder im Augenblick auszuweichen versuchte.
Da man zwischen zwei Sanddünen in einem glühendheißen Tag lag, spannten Wolff und Abels zunächst eine Plane als Sonnenschutz über McHolland, den man geradezu zwingen mußte, liegenzubleiben.
»So ein Blödsinn!« rief er und setzte sich auf, als Dr. Bender und Dr. Wolff die Untersuchung beendet hatten. »Wegen eines alten Mannes, der zu nichts mehr nütze ist, ein Unternehmen auf Leben oder Tod zu unterbrechen, ist in höchstem Maße idiotisch. Ich stehe jetzt auf, gehe abseits, und nach fünf Minuten sieht man mich nicht mehr.«
Dr. Bender drückte McHolland in den Sand zurück und wandte sich zu Wolff um. »Das ist das Verrückte: Ich kann ihm keinen vor den dicken Schädel geben, das gibt sofort eine neue Blutung. Aber irgendwie zwinge ich Sie schon dazu, Lord, ruhig zu bleiben.«
»Da bin ich gespannt.« Er sah zu, wie Wolff und Abels das Zeltdach aufbauten und hielt Eves Hand fest, als diese ihm den Wassersack an den Mund hielt.
»Eve, machen Sie ihnen doch klar, daß es das Selbstverständlichste von der Welt ist, einen Hemmschuh, der im Wege steht, wegzuräumen. Sie müssen weiter, Sie müssen den Brunnen erreichen –.«
»Wir bleiben so lange hier, wie Bert es als Arzt für nötig hält.« Eve ließ McHolland drei Schlucke trinken, schüttete dann etwas in ihre hohle Hand und wusch damit dem Lord das Gesicht. McHolland hielt still wie ein Kind, den Kopf weit in den Nacken gelegt. Die Augen hielt er geschlossen.
»Eve, Sie sind ein Engel –«, sagte er hinterher leise. »Eine Schande ohne Beispiel, daß Sie meinetwegen verrecken sollen.«
»Denken Sie an Ihre Königin, Lord!« rief Dr. Bender. McHolland riß die Augen auf.
»Jetzt? Hier? Das wäre geradezu pervers!«
»Sie sind Diplomat Ihrer Majestät. Noch immer! Das verpflichtet. Haben Sie den Sudan und Indien überlebt, um in der Arabischen Wüste zu kapitulieren?«
McHolland legte sich wieder hin. Das kleine Zeltdach spendete Schatten für Kopf und Brust … Leib und Beine ragten in die Sonnenglut. Er faltete die Hände über der Brust und starrte gegen das ausgebleichte Segeltuch.
»Ich bin Diplomat zur besonderen Verfügung –«, sagte er langsam.
»Na also –.«
»Sie haben einen falschen Begriff von diesem z.b.V. Es ist in meinem Fall eine Strafe. Bender, ich bin ein saumäßiger Diplomat. Ich tue immer etwas, was gegen die Grundregeln der Diplomatie verstößt: Ich lüge nicht. Ich sage immer die Wahrheit. Stellen Sie sich das vor: ein ehrlicher Diplomat! Im Foreign Office haben sie sich die Haare ausgerauft. Viermal habe ich bei einer Konferenz der Commonwealth-Länder einigen exotischen Fürsten offen gesagt, was ich von ihnen halte … es war ein Skandal! Da schob man mich ab, weg in die Ecke hinterm Ofen. Seitdem habe ich Narrenfreiheit.« Er faßte sich an die linke Hüfte, anscheinend hatte er wieder Schmerzen. »In England wird keiner einen Schnaufer mehr tun, ob ich hier in der Wüste verrecke oder durchkomme. Vielleicht wäre das Verrecken sogar ein Dienst am Vaterland. Bender, hindern Sie mich nicht, patriotisch zu sterben!«
»Wenn ich bloß wüßte, wie man ihn still bekommt!« rief Dr. Bender. »Man sollte Ihnen ein Heftpflaster über den Mund kleben.«
»Machen Sie sich keine Hoffnungen, Doktor.« McHolland grinste. »Vielleicht bin ich auch noch Bauchredner.«
Die erste Übersicht ergab, daß man den Sandsturm gut
Weitere Kostenlose Bücher