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Haie an Bord

Haie an Bord

Titel: Haie an Bord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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er. »Sehen Sie sich das erst an, was da draußen herumwimmelt.«
    Sie krochen zum Zelteingang und schoben das Tuch weg.
    Genau vor ihnen, in einem Block, eng beieinander, ein schwarzer Klotz im gelben Sand, die wolligen Köpfe gesenkt, saßen die Sklaven. Man hatte sie mit dicken Stricken zusammengebunden, einige trugen um den Hals ein Holzbrett, aus dem man das Loch für den durchgesteckten Kopf herausgesägt hatte. Ihre Arme waren an den Brettenden festgebunden … die Aufsässigen unter den Sklaven.
    Mit stumpfem Blick, ergeben in ihr grausames Schicksal, noch voll Hoffnung, an einen guten Herrn verkauft zu werden, saßen sie da … ein Haufen lebender Ware, Menschen, zusammengetrieben wie Tiere, aber rechtloser als Tiere, mißhandelter als Tiere, verachteter als Tiere.
    »Das gibt es doch nicht«, stammelte Wolff.
    »Sie haben es nie geglaubt.« Bender äugte durch den Schlitz des Türlappens. »Daß gerade wir einer Sklavenkarawane in die Quere kommen, ist eine neue Variante unseres phantasievollen Schicksals. Sehen Sie mal dorthin, links vom Brunnen …«
    »Frauen …«
    »Und schöne Frauen darunter. Eve wird unter ihnen die Königin sein.«
    Wolff fuhr herum. Seine Augen hatten einen wahnsinnigen Glanz bekommen. »Wir werden die Giftkapseln schlucken! Gleich …«
    Bender hielt ihn fest. »Nur keine Eile. Überlegen Sie mal, Wolff: Die Karawane kommt in der Nacht an, findet den Brunnen besetzt mit einem Zelt und sechs Kamelen, und das bedeutet, daß jemand den Sklavenzug sieht, der ihn nie sehen sollte. Dazu noch Weiße – denn daß sie im Zelt waren und uns angesehen haben, ist doch wohl klar. Wir haben ja geschlafen wie die Biber. Meine Frage: Warum leben wir überhaupt noch?«
    »Wegen Eve …« sagte Wolff tonlos.
    »Auch! Aber dann müßten wir längst einen Dolch im Herzen haben. Einfacher ging's doch nicht. Doch nein … wir wachen, erquickt vom langen Schlaf, auf und sitzen mitten unter Sklaven.«
    »Als Sklaven!«
    »Genau!« Bender grinste. »Eine Flucht ist so ausgeschlossen, daß man uns in aller Ruhe ausschlafen ließ. Man hat uns eingesammelt wie Fallobst.«
    »Also doch die Kapseln!«
    »Später! Ich bin gespannt, was die Herren sagen, wenn sie erfahren, daß wir Ärzte sind. Da –«, Bender nickte zu einem hochgewachsenen Mann, der mit vier sehr finster aussehenden Kriegern sprach. »Ein Inder! Jetzt fehlt uns McHolland! Seit Jahrhunderten war der Sklavenhandel zu 70 Prozent in den Händen indischer Kaufleute. Das scheint sich nicht geändert zu haben. Vor dem Ersten Weltkrieg war sogar ein Deutscher Sklavenhändler und wurde Millionär. Ein Kölner.«
    »Wo nehmen Sie bloß die Nerven her, jetzt über Sklavenhandel zu dozieren«, stöhnte Wolff.
    »Woher? Aus der Zeit. Junge, jetzt haben wir viel, viel Zeit … und wir werden jetzt auch alles überleben, diese ganze Mistwüste, solange wir mit dieser Karawane ziehen. Nicht ein Haar wird uns gekrümmt werden, wir werden sogar gemästet werden … das verspreche ich dir.«
    Plötzlich sagte Bender zu Wolff wieder ›du‹ … und Wolff begriff, wie aussichtslos ihre Lage geworden war.
    »Was machen wir jetzt?« flüsterte er. Jedes Wort war wie ein Bleiklumpen.
    »Etwas ganz Normales: Wir kommen aus dem Zelt und sagen dem feudalen Handelsmann guten Tag.« Bender legte Wolff die Hand auf die Schulter. »Vor der Wüste hatte ich Angst, Junge, ich gebe es jetzt zu. Vor dem Durst, der Sonne, dem Sandwind, der schweigenden Einsamkeit um uns … Vor denen da habe ich keine Angst. Gegen diese höllisch grandiose Natur war ich machtlos, aber mit Menschen umzugehen, das habe ich gelernt. Komm!«
    Sie sahen sich an, nickten sich zu und wußten, daß es auf der ganzen Welt nicht noch zwei Männer gab, die so wie sie zusammengehörten.
    Der große schlanke Inder blickte zur Seite, als Bender und Wolff aus ihrem Zelt kamen und einer der Krieger auf sie zeigte. Eine Handbewegung verscheuchte die anderen Araber, der Inder war allein und schlang den weiten weißen Reitmantel enger um sich.
    Bender und Wolff gingen an dem Block aus Köpfen, Augen, Gliedern, Rümpfen und Haaren vorbei. Niemand rührte sich, stumpf starrten sie vor sich. Ein beißender Geruch schwebte über den Sklaven in der schon heißen Morgenluft … die meisten saßen in ihren Exkrementen, festgebunden an den Nebenmann und Vordermann.
    Ein Kalb in der engen, dunklen Mastbox lebt dagegen wie ein König.
    »Ich begrüße Sie –«, sagte der hochgewachsene Inder auf englisch. Er machte

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