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Haie an Bord

Haie an Bord

Titel: Haie an Bord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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brüllte Bender und preßte vor Entsetzen beide Hände gegen die Schläfen. »Bert! Du Idiot! Sie peitschen dich in Stücke!«
    »Nur über mich hinweg –«, sagte Wolff. Seine Stimme zitterte. Er tastete nach der Giftkapsel in seiner Hosentasche. Sie lag in einem kleinen Blechkästchen, das er aus dem Sanitätskasten genommen hatte.
    Eve, dachte er. Eve, es ist soweit. Ein paar Peitschenhiebe halte ich aus … aber dann werde ich aufgeben. Eve … nimm die Kapsel auch … das Leben hat keinen Sinn mehr!
    Shava Putra hob die Hand. Die Männer mit den Nilpferdpeitschen blieben stehen. Er blickte über Wolff hinweg zum Zelt und lächelte wieder. Dann verbeugte er sich.
    Wolff wußte, was das bedeutete … er wirbelte herum und sah Eve, wie sie gerade aus dem Zelt kam. Ihr entsetzter Blick über die Sklavenmasse und dann auf Putra verwandelte sich in eine völlige Lähmung.
    »Zurück!« schrie Wolff außer sich. »Eve, denk an das Bewußte. Es ist zu Ende! Eve, ich liebe dich … Tu es jetzt … tu es …«
    »Nein!« brüllte von hinten Bender. »Eve, warten Sie noch! Bert hat die Nerven verloren! Warten Sie, um Himmels willen!«
    »Sehr eindrucksvoll!« sagte Putra ruhig. »Jeder liebt hier jeden … warum soll ich da fehlen?«
    In diesem Augenblick ging in Eve eine rätselhafte Wandlung vor. Sie warf den Kopf in den Nacken, schüttelte die goldenen Haare über ihre Schultern und ging Putra entgegen. Der Inder hielt den Atem an, seine Augen glühten.
    »Eve –«, stammelte Wolff. »Eve … du rettest nichts mehr! Eve …«
    Er wollte zu ihr laufen, aber in diesem Moment zischte eine lange Peitschenschnur durch die Luft, schlang sich um seine Beine und riß ihn in den Sand. Er überschlug sich und kam dann auf den Knien wieder auf.
    Der Inder verbeugte sich wieder.
    »Welch ein Wiedersehen –«, sagte er mit ehrlicher Verwunderung. »Nach sechs Jahren in der Arabischen Wüste.«
    »Sie haben sich kaum verändert, Shava Putra.« Eve blieb stehen und streckte ihm die Hand hin. »Nur als wir uns damals in Hamburg kennenlernten, handelten Sie noch nicht mit Menschen –.«
    Einen Augenblick lang war es, als schweige die Wüste. Dann breitete sich ein unergründliches Lächeln über Putras Gesicht. Dr. Bender war zu Wolff gelaufen und hob ihn aus dem Sand. Die lange Peitschenschnur umwickelte noch immer seinen Unterschenkel. Wolff stützte sich auf Bender und schien nicht zu begreifen, was er sah.
    »Du kennst ihn?« stotterte er. »Du kennst dieses Scheusal …«
    »Halten Sie den Mund, um Gottes willen«, flüsterte ihm Bender zu. »Etwas Besseres kann uns gar nicht passieren. Die Welt ist wirklich klein wie eine Pfütze …«
    Shava Putra verbeugte sich und küßte Eve galant die Hand. Es war unglaublich, daß das der gleiche Mensch war, der mit über hundert weiblichen und männlichen Sklaven durch die Arabische Wüste zog, um sie auf einem der geheimen Menschenmärkte zu verkaufen. In diesem Moment war er der Kavalier, der damals in der Hamburger Gesellschaft eine große Rolle bei allen Frauen und in den Handelskontors gespielt hatte.
    »Das Leben ist hart«, sagte er. »Oft kann man sich nicht aussuchen, wovon man leben muß. Der eine verkauft tote Tiere und nennt sich Metzger, und keiner nimmt Anstoß daran. Ich verkaufe lebende Menschen … ein ungleich risikoreicheres Geschäft. Aber es ist ein Geschäft – nur darauf kommt es an.«
    Er blickte hinüber zu den beiden Ärzten und schob die volle Unterlippe vor.
    »Ich habe Sie im Zelt nicht gleich erkannt, Eve … ich sah nur zwei Männer und eine Frau. Ihre Haarfarbe … sie hätte mich aufmerksam machen müssen. Solche Sonne im Haar hatte nur eine Frau, die mir im Leben begegnet war … Sie! Aber wer denkt daran, daß die Arabische Wüste plötzlich von zwei Sonnen erleuchtet wird?«
    Neben ihnen wurden die schwarzen, stummen Sklaven mit Peitschenschlägen vorbeigetrieben. Ihre schweißglänzenden Körper wogten auf und ab … eine Masse stumpfer, willenloser Geschöpfe, denen man die Seele hinausgeprügelt hatte.
    »Das ist furchtbar«, sagte Eve und entriß Putra ihre Hand. »Warum schlagen Sie sie auch noch?«
    »Es ist eine Sprache, die ein Europäer nie verstehen wird.« Putra faßte Eve an den Schultern und drehte sie so herum, daß sie die Sklaven nicht mehr sah. Aber sie hörte das dumpfe Klatschen der Peitschenschnüre auf den entblößten Körpern. »In meinem Zelt ist ein Imbiß hergerichtet«, sagte Putra, als befänden sie sich auf einer

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