Halbe Leichen (Ein Lisa Becker Krimi) (German Edition)
unterhalten. Er ging ihr beinahe schon ein wenig auf die Nerven, schließlich tauchte er jetzt wirklich jeden Morgen bei ihr auf und schmarotzte Kaffee, Tee und Busenpanorama. Bislang war er nur ein- bis zweimal die Woche erschienen. Auch Katze hatte das Interesse an dem dünnen Mann verloren, das Tier stand offensichtlich mehr auf fülligere Figuren, die waren gemütlicher. Inzwischen schnurrte Katze ständig um Lisas Beine herum, um sich Futter zu erbetteln, und die Kommissarin füllte bereitwillig das teure Felix in einen hübschen, großen Keramik-Napf, der sauber ausgeschleckt wurde. Es war schönes Wetter, und so trollte sich der kleine Parasit nach draußen, um kleine Vögel zu ermorden und das Volk der Mäuse zu dezimieren. Lisa war unglücklich ob dieser Aussichten, aber so war nun mal die Natur. Und wenigstens brauchte sie kein Katzenklo sauber zu machen, denn ihr Hausgast ging auch dafür nach draußen.
Pflegeleicht, diese Viecher, dachte Lisa. Einen Köter könnte ich nicht versorgen, vor allem weil ich dem seine Scheiße auch noch aufheben würde. Das macht zwar sonst kein Hundehalter in Berlin, aber ich könnte es nicht mit meinem Gewissen vereinbaren, den Leuten den Anblick von Kacke auf dem Gehweg zuzumuten.
Lisa hatte Sven kurz informiert, was die Ermittlungen so machten, aber das war kaum nötig. Nicht nur der Volksmund, sondern alle Berliner Zeitungen berichteten über die Ermittlungen gegen „einen prominenten Anwalt in Dahlem“, und jeder wusste, wer gemeint war. Berlin hatte im Grunde nur einen prominenten Anwalt, abgesehen von ehemaligen CDU-Lokalpolitikern, die aufgrund ihrer Notartätigkeit für Betrüger in die Schlagzeilen geraten waren.
Auf dem Weg zur Arbeit hatte Lisa Zeit, über wichtigere Dinge nachzudenken. Fabian Zonk und Sven Konrad. Sie hatte das Gefühl, sie würde sich da bald mal grundsätzlich entscheiden müssen. Momentaner Stand: Fabian zog sie körperlich an und war sicher auch der unterhaltsamere Spund. Sven war nicht unattraktiv auf seine liebe Softie-Art, und emotional viel zugänglicher. Sie brauchte nur mit dem Finger zu schnippen, und er würde ihr zu Füßen liegen. Ein schönes Gefühl für eine Frau, die wegen ihres Gewichts ständig gegen Komplexe ankämpft. Andererseits würde Svens dünner Körper ihr ständig ihr Gewicht aufs Auge drücken, was ihre Unsicherheit vermutlich auf Dauer eher noch steigern würde. Fabian dagegen war auch schlank, aber alles gut verteilt. Lisa dachte an neulich im Schwimmbad, und sie bog mit breitem Lächeln auf die Ringe ab. Das Lächeln verging ihr wieder, als sie daran denken musste, was Fabian ihr in der Kneipe so über seine Ansichten über Liebe und Beziehungen gesteckt hatte. Dass Männer nur aus Bequemlichkeit feste Bindungen eingingen. Was würde sie mit so einem Mann anfangen? Präzise gefragt, und das war überhaupt die Frage des Jahres: Was wollte der Kerl eigentlich von ihr?
„ Hi Lisa“, begrüßte sie der Kerl. Er war bereits im Büro und hatte Kaffee gemacht. Sogar gearbeitet hatte er schon. „Ich schätze, heute ist Büroarbeit Trumpf.“
Und so nahm der Tag seinen Lauf. Sie telefonierten sich durch die halbe Stadt, befragten alle möglichen Leute aus dem Umfeld der beiden Mordopfer, ob es irgendeine Verbindung geben konnte zwischen den beiden Kopf-Entfernungen. Verwandte, Nachbarn, Bekannte, Kollegen, alle wurden gefragt, und alle hatten dieselbe Antwort: Keine Ahnung, nein, wahrscheinlich nicht. Alfie Hoffmann behauptete zwischendurch, er hätte einen Hinweis dafür entdeckt, dass Sander und Krumm mal zusammen zur Schule gegangen wären, aber angesichts des Altersunterschieds konnte ihm Lisa diese Flause erst mal austreiben. Tatsächlich waren sie auf der gleichen Grundschule gewesen, aber mit fünfzehn Jahren zeitlicher Verzögerung.
„ Ich war auf dem Gymnasium am Ostring in Bochum“, sagte Fabian dazu, „genau wie Herbert Grönemeyer. Trotzdem würde ich nicht direkt sagen, dass wir uns gegenseitig Feinde aus dem Weg räumen oder uns die Haare schneiden.“
„ Schon gut, schon gut“, maulte Hoffmann und zog sich wieder zurück ins Großraumbüro nebenan.
Lisa ergriff die Gelegenheit. „Sag mal, wollen wir gleich nach der Arbeit hinfahren, oder darf ich mich vorher noch umziehen?“
„ Na klar, ich will mich schließlich auch umziehen“, sagte Fabian.
„ Im Ernst? Du willst dich fürs Kino extra gut anziehen? Das machen Männer aber selten.“
„ Wirklich? Das muss ich mir merken. Wir
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