Halbe Leichen (Ein Lisa Becker Krimi) (German Edition)
Weiber vom Hals zuschaffen?“
„ Ja, klar. Jeder soll die Frau des anderen umbringen, überkreuz sozusagen. So dass keiner von ihnen verdächtigt werden kann, weil es kein ersichtliches Motiv gibt. Clevere Idee, guter Film.“
„ Wie würdest du diese clevere Idee auf unseren Fall anwenden?“
Lisa sah ihn groß an. „Ist das dein Ernst?“
„ Weiß nicht“, sagte Fabian schulterzuckend, „ist doch immerhin ein Gedanke, oder?“
„ Das soll ein Gedanke sein? Dass Weinstein Fritz Krumm umbringt, um den Nielsens Seelenfrieden zu verschaffen, und Nielsen wiederum Charlie Sander, um Weinsteins Vater zu rächen?“
„ Zu abwegig?“
„ Das ist hier doch kein Hitchcock-Klassiker, das ist das wahre Leben! Willst du damit etwa vor Juhnke treten?“
Fabian bog in Richtung Autobahn ab. „Na ja, wir könnten immerhin noch mal nachchecken, wo Nielsen vorgestern Nacht war. Nur so zur Sicherheit.“
Lisa verzog das Gesicht. „Na fein. Lass uns so tun, als wäre das hier ein Krimi. Am besten liefern wir uns gleich noch eine Verfolgungsjagd mit dem Porsche da. Der hat ein defektes Rücklicht. Tritt drauf!“
Sarah Weinstein sah vom Küchenfenster aus dem Wagen nach, der plötzlich aus unerfindlichen Gründen stark beschleunigte. Sie lächelte still in sich hinein und begab sich wieder daran, den Geschirrspüler auszuräumen. Als sie die großen Messer wieder in den dazugehörigen Holzblock steckte, grinste sie sogar. Als ihr Mann dazu kam, lächelte auch er.
Sie fragte ihn, ob alles in Ordnung war. Er antwortete ihr mit einer kurzen Geste und gab ihr einen Kuss. Sie war beruhigt, steckte das Fleischermesser in den Block und verließ die Küche. Für einen Moment ruhte Weinsteins Blick auf den Messern, die ihm zuvor nie aufgefallen waren. Er kümmerte sich wirklich zu wenig um den Haushalt. Er konnte sich nicht einmal erinnern, den Messerblock gekauft zu haben. Er nahm sich vor, wieder mehr Zeit zu Hause zu verbringen und sich nicht mehr in Arbeit zu stürzen. Er wusste häufig nicht einmal, was seine Frau den ganzen Tag getan hatte. Darin unterschied er sich nicht von den meisten Ehemännern.
Zweiundzwanzig
„ Schön, wenn’s mal flott geht“, konstatierte Fabian gut gelaunt.
„ Ich stimme dir zu“, stimmte ihm Lisa zu.
Sie machten sich daran, die Wohnung von Charlie Sander wieder zu verlassen, nachdem sie den Nachmittag damit zugebracht hatten, sich in einem Meer aus Horror-Show und Monstrositäten-Kabinett zu unterhalten. Der Horror kam vom Blut der Leiche, und die Monstrositäten wurden vom entsetzlichen Einrichtungsstil des ehemaligen Menschen Sander beigesteuert.
Zuvor waren bereits die Ergebnisse von Erkennungsdienst und Gerichtsmedizin eingetrudelt, und das in einem rekordverdächtigen Tempo. Vermutlich war der Druck erhöht worden, nachdem Lobsang bereits bei Juhnke vorstellig geworden war. Schade nur, dass nichts dabei rausgekommen war. Spuren gab es diesmal gerade mal gar keine, und über die Todesart wusste Lamprecht nur zu berichten, dass der Mord zwischen drei und vier Uhr nachts eingetreten war, und zwar auf dieselbe Weise wie der Mord an Fritz Krumm.
Fabian zog seufzend die Wohnungstür zu und brachte ein neues Polizeisiegel an. „Wir stehen nicht gerade vor einem Durchbruch, fürchte ich.“
„ Du vielleicht nicht, mein Hübscher, aber ich weiß jetzt, wer der Täter ist.“
Fabian zuckte mit den Schultern. „Is’ ja doll. Erzähl’s mir morgen.“
„ Ja, ist gut. Eilt nicht.“
Als sie zurück in die Keithstraße fuhren, gingen sie alles noch einmal durch, auf der verzweifelten Hoffnung nach irgendeinem Hinweis, der ihnen bisher entgangen war.
„ Wenn ich davon ausgehe“, sagte Fabian, „dass es sich um denselben Täter handelt...“
„ ...was du durchaus darfst...“ ergänzte Lisa.
„ ...dann handelt es sich um einen Gestörten, richtig?“
„ Weiß nicht. Wieso?“
„ Weil das Enthaupten von Menschen in besseren Kreisen als eher ungehörig angesehen wird.“
Lisa grinste. „Oh ja, anständige Leute bringen ihre Opfer mit einer Pistole oder dem Messer um, wie sich das gehört.“
„ Ja, genau das sag ich ja.“
„ Na schön. Aber vielleicht ist es nur einer, der so tut, als sei er verrückt, und damit will er davon ablenken, dass es für seine Morde ein gutes, altmodisches Motiv gibt.“
„ Als da wäre?“
„ Was gibt’s denn schon groß? Ist doch immer dasselbe: Habgier, Leidenschaft beziehungsweise Eifersucht, Rache und... was gab’s
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