Halbe Leichen (Ein Lisa Becker Krimi) (German Edition)

noch?“
    „ Selbstschutz. Wenn man zum Beispiel erpresst wird und den Erpresser beseitigt“, half Fabian.
    „ Bingo. Mehr gibt’s nicht. Eigentlich ist unser Job schweineleicht, oder?“
    „ Schweine sind eigentlich nicht leicht. Aber okay, gehen wir es durch. Habgier?“
    „ Krumm hatte kein Geld. Und bei Sander wurde nichts gestohlen.“
    „ Wer würde auch etwas haben wollen aus diesem Doktor-Mabuse-Labor, in dem der gehaust hat?“
    „ Die Sachen sind ganz schön teuer, vor allem diese komischen postmodernen Figurinen in diesem Edelstahl-Regal. Wurde aber nichts gestohlen, wenn man der Putzfrau glauben darf.“
    „ Vielleicht war es die Putzfrau“, vorschlug Fabian, „sie hat ihren Chef abgemurkst, um Wertsachen einzusacken.“
    „ Und bringt vorher Fritz Krumm um, damit sie nicht verdächtigt wird?“
    „ Also, falls das wirklich ihr Plan war, muss ich sagen: Brillant.“
    „ Von wegen“, entgegnete Lisa, „so was in der Art hat Agatha Christie schon vor fünfzig Jahren geschrieben.“
    „ Agatha Christie, ja. Möchte echt nicht wissen, wie viele ungeklärte Morde die auf dem Gewissen hat.“
    „ Sag bloß, die hast du gelesen?“
    „ Wieso nicht, ist das vielleicht nur was für Frauen?“
    „ Erstens: Ja. Und zweitens, was meinst du damit?“
    „ Ihre Bücher sind eine perfekte Anleitung dafür, wie man einen Mord begeht, ohne erwischt zu werden.“
    „ Die Mörder werden bei ihr immer erwischt.“
    „ Ja sicher, von Hercule Poirot und Miss Marple. Aber – und das wird dich jetzt schockieren – die gibt es in Wirklichkeit gar nicht.“
    Lisa brummte skeptisch. „Und du glaubst, dass Leute sich Krimis durchlesen, um anschließend jemandem mit den erworbenen Kenntnissen um die Ecke zu bringen?“
    „ Da stand mal was in der Zeitung. Zwei witzige Brüder in den USA haben ihre Mutter verhackstückt, und wie das ging, hatten sie aus der Serie Die Sopranos gelernt.“
    „ Coole Serie.“
    „ Yeah. Nur wir Bullen kommen dabei nicht so gut weg.“
    „ Verbrecher sind auch nur Menschen. Wie sind wir eigentlich darauf gekommen?“
    „ Hab ich vergessen“, sagte Fabian. „Wir waren irgendwo bei den üblichen Motiven. Habgier ist abgehakt.“
    „ Na schön, dann ist das nächste... Leidenschaft?“
    „ Tja, vielleicht war eine Frau unglücklich verliebt in Fritz Krumm, aber er hat sie abgewiesen?“
    Die beiden Kommissare lachten herzlich, und bei dem Gedanken, jemand könnte in Charlie Sander verliebt gewesen sein, lachten sie gleich noch mal. Fabian schaltete einen Gang zurück, um keinen Unfall zu bauen.
    „ Ich weiß noch ’nen besseren“, grinste Fabian. „Krumm und Sander hatten beide was mit ein und derselben verheirateten Frau, und ihr Mann sinnt auf Rache.“
    Lisa grinste fröhlich. „Du lieber Himmel, darauf hätten wir längst kommen können. Der Haken ist nur: Es ist zwar irgendwie denkbar, dass es da draußen, in diesem unendlich weiten Universum, dass sich permanent ausdehnt, tatsächlich zumindest ein einziges weibliches Wesen gibt, dass unter gewissen Umständen tatsächlich dazu bereit wäre, freiwillig mit diesem schleimigen Arschkrebs Charlie Sander ins Bett zu gehen...“
    „ Nee, also das glaub ich nicht...“
    „ Doch, doch. Aber zumindest bei Fritz Krumm kann ich mir das nicht vorstellen.“
    „ Ich hab langsam das Gefühl, das Motiv Leidenschaft fällt hier aus. Wie steht’s mit Rache?“
    „ Klingt bis jetzt noch ganz plausibel“, sagte Lisa, „die beiden Opfer waren miese Kotzbrocken, die sich Feinde gemacht haben. Krumm hatte zumindest die Nielsens, die ihn hassten.“
    „ Aber die waren’s nun einmal nicht. Hab ich vergessen zu erzählen: Ich hab Hoffmann noch gebeten, ihre Nachbarn telefonisch zu befragen, und die sagen auch, sie hätten die Nielsens bei dem Feueralarm auf den Gängen gesehen, genau zur Tatzeit. Sie trugen Pyjama und Nachtkleid, das heißt, wie heißen diese Dinger noch mal?“
    „ Kimono?“ riet Lisa.
    „ Ja, genau. Wasserdichtes Alibi, kommen wir nicht dran vorbei.“
    „ Dann haben wir kein Motiv bei Krumm. Und damit auch nicht bei Sander.“
    „ Wer sagt denn“, dachte Fabian laut, „dass es für beide Morde dasselbe Motiv gibt?“
    „ Richtig“, sagte Lisa. „Vielleicht ist da ein Typ unterwegs, der sich einfach dazu entschlossen hat, jeden den er hasst einen Kopf kürzer zu machen?“
    „ Dann müsste es auch nichts mit den Nielsens zu tun haben.“
    „ Oder mit Weinstein.“
    Sie sahen sich an. Dann verzogen