Halbe Leichen (Ein Lisa Becker Krimi) (German Edition)
sagte Weinstein entschuldigend.
„ Ich auch, Herr Weinstein“, seufzte Lisa. „Hat das Geschmeiß schon auf Ihre Fensterscheiben geschissen?“
„ Zwei Reporter waren da, ich weiß nicht, von welchem Blatt, hab nicht aufgemacht. Können Ihre Leute in dem Bus nicht mal dafür sorgen, dass die mich zufrieden lassen?“
„ Sobald die unbefugt auf Ihr Grundstück kommen, springen sie sofort mit dem Fallschirm ab. Wir können diese Typen auch nicht leiden.“
„ Wer kann das schon. Frau Becker?“
„ Ja?“
„ Sie sollten wissen, dass ich schon mal von Herrn Fechner persönlich angegangen wurde. Das war als dieser Möllemann mit seinen Sprüchen anfing und Fechner glaubte, damit könnte er jetzt endlich auch mal Punkte machen. Sie wissen ja, sobald ein halbwegs legitimer Politiker etwas macht, was den Rechten entgegenkommt, fangen die sofort an, zu trompeten, weil sie sich dann auf den beziehen können.“
„ Und was war da genau?“
„ Bei einer Podiumsdiskussion hat er mir vorgeworfen, ich würde Vorurteile gegen Juden schüren, wenn ich ständig den Holocaust als Trumpf ausspiele, um Diskussionen zu gewinnen. Ich hatte vom Wiedererstarken rechten Gedankenguts gewarnt. Gar nichts Besonderes, das macht man halt, wenn man als Jude an einer öffentlichen Debatte teilnimmt. Dazu wird man ja überhaupt nur eingeladen, und ich mache das auch gerne. Ich weiß bis heute nicht, warum der auf einmal so durchgedreht ist. Ich hab ihn nicht einmal unbedingt gemeint, er war ja mehr gegen Ausländer und Homosexuelle. Aber ich schätze, ich bin für ihn auch ein Ausländer.“
Lisa wiegte bedächtig den Kopf. War das jetzt einfach nur hilfsbereit von ihm, dass er ihr das erzählte, oder einfach gescheit, denn sie hätte das früher oder später sowieso rausgekriegt.
„ Ich danke Ihnen, dass Sie mir davon erzählen.“
„ Ich wundere mich, dass Sie nichts davon wissen“, setzte Weinstein hinzu. „Immerhin war Ihr Kollege auch auf der Veranstaltung. Ich hatte schon das Gefühl, ich würde ihn kennen, aber es fiel mir erst vorhin wieder ein.“
Jetzt war Lisa dock etwas konsterniert. „Sie meinen Herrn Zonk? Der war dort?“
„ Ja, er saß in der ersten Reihe und hat sich auch an der Diskussion beteiligt. Er ging sehr forsch zur Sache, muss ich sagen. Der Mann kann glänzend argumentieren.“
Ja, das hatte Lisa erst gestern wieder erlebt. Mit Fabian zu diskutieren war wie durch eine Häckselmaschine gejagt zu werden.
„ Auf wessen Seite war er denn?“
„ Ich würde sagen, am ehesten auf meiner. Aber er vermied es, sich in Klischees zu ergehen. Stattdessen hat er Fechner total durcheinandergebracht. Sie wissen ja, diese rechten Politiker reden sich dauernd ein, sie würden für die schweigende Mehrheit in Deutschland sprechen, die sich nicht traut, gegen die Political Correctness zu verstoßen. Aber Herr Zonk gab sich als Polizist aus, was Fechner überhaupt nicht auf die Reihe bekam, und er bekam am meisten Applaus. Komisch, dass ich ihn nicht sofort erkannt habe, aber das war an einem kalten Tag, da war er nicht so luftig gekleidet.“
Lisa wusste nicht, wie sie auf diese unerwartete Neuigkeit reagieren sollte. Oder war es gar keine Neuigkeit? Fabian hätte es erwähnen sollen, auf jeden Fall. Immerhin hatte er quasi eine direkte Beziehung zum dritten Mordopfer und zu einem halbwegs Verdächtigen.
Lisa wollte noch eine Standardfrage stellen. „Sie haben nicht zufällig eine Vorstellung, wer Herrn Fechner gerne tot sehen würde?“
„ Ach, Frau Becker, da gibt es sicher einen ganzen Haufen. Aber ich weiß nicht, wie das mit dem Tod der anderen beiden Herren zusammenpasst. Ich nehme doch an, das war derselbe Täter?“
„ Da gehen wir von aus. Es gibt immer die Möglichkeit von Nachahmern, aber wenn man sich die ganze Szenerie so ansieht, muss man sagen, kann ich mir nicht vorstellen, dass das jemand anders war.“
„ Aber warum diese drei Männer? Ich verstehe das nicht.“
„ Wir können da auch nur mutmaßen, Herr Weinstein. Haben Sie übrigens vor, demnächst die Stadt zu verlassen?“
„ Eigentlich nicht. Aber es kann sich immer kurzfristig ein Termin ergeben. Darf ich etwa nicht?“
„ Doch, doch. Aber ich weiß nicht, wie sich das hier noch entwickelt. Bitte sagen Sie uns Bescheid.“
„ Ihre Leute sind doch ständig an mir dran.“
„ Ja, rufen Sie es denen einfach im Vorbeifahren zu, das kommt dann an.“
„ Meine Frau hat schon vorgeschlagen, ihnen Kaffee und Gebäck
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