Halbe Leichen (Ein Lisa Becker Krimi) (German Edition)
gerade Fatter Teresa.“
„ Ja, aber ich behaupte auch nicht, ein Pazifist zu sein. Erinnere dich, mitten im Gespräch hat er sogar Gewalt gutheißen, um seine Ziele durchzusetzen. Diese ständigen Widersprüche der Linken gehen mir auf den Geist. Das sind diese Typen, die auf Friedensdemos und Veranstaltungen für Menschenrechte Steine auf Polizisten schmeißen. Hab ich mal am eigenen Leibe erlebt.“
„ Als ob Polizisten nie mal zuschlagen bei Demos. Besonders früher.“
Fabian schaufelte sich Pommes in den Mund. „Schau, die ganze Verlogenheit dieser Revolutionäre fand eben in diesen Situation ihr Zentrum. Da waren diese jungen, gebildeten Typen aus gutem Haus, ohne finanzielle Sorgen, die gegen das Establishment antraten und für mehr Gerechtigkeit sorgen wollten. Und das taten sie, indem sie gegen Polizisten losgingen, die alle aus der Arbeiterklasse kamen und denen es längst nicht so gut ging wie ihnen. Dafür durften sich unsere Leute dann als Mörder und Faschisten bezeichnen lassen, nur weil ein paar Wenigen mal der Gummiknüppel entgleist ist.“
„ Oder der Wasserwerfer. Oder die Pistole.“
„ Meinetwegen. Aber wenn ein Beamter verletzt wird, ist das für die voll in Ordnung, denn das sind ja alles Faschoschweine. In Wirklichkeit ist doch jeder von denen froh, wenn sie mal richtig von der Polizei in die Mangel genommen werden, davon können die noch jahrzehntelang an ihren Stammtischen in den Studi-Kneipen zehren und sich daraus ihr ganzes Weltbild und eine Existenz zusammenbasteln.“
Lisa seufzte. „Ach, ich hab jetzt keine Lust auf eine politische Diskussion.“ Es sei denn, wir sind dabei nackt.
Fabian wechselte gehorsam das Thema. „Deine Theorie hat jedenfalls ins Schwarze getroffen, würde ich sagen.“
„ Schön, dass du es sagst. Ich hab schon befürchtet, ich müsste ein kleines Triumphgeschrei anstimmen.“
„ Wir suchen also einen, der aus ethischen Gründen Leute umbringt, die sich in seinen Augen schuldig gemacht haben, sich aber der Gerichtsbarkeit entziehen.“
„ Und das sollen wir dem BKA klarmachen?“
„ Lisa, die werden da auch von selbst drauf kommen. Und du kannst dir nichts davon kaufen, dass du es schon geahnt hast. Das wird nicht einmal im Bericht stehen.“
Lisa lächelte ihn an, auf eine Art, die sie für verführerisch hielt, und beugte sich vor. „Dann brauchen wir heute eigentlich nicht mehr zu arbeiten. Wollen wir was anderes machen?“
Fabian putzte sich den Mund ab. „Es ist völlig überflüssig, sich so vorzubeugen, Frau Becker. Ich hab genaueste Kenntnisse von allem, was sich so in Ihrer Bluse abspielt, und ich versichere Ihnen, ich könnte nicht interessierter sein.“
„ Aber"?" fragte Lisa misstrauisch.
„ Aber ich habe gerade erst eine Leiche gesehen. Tut mir leid, aber wir Männer haben auch unsere Grenzen.“
„ Tatsächlich? Wie komisch. Ich dachte immer, wir Frauen müssten die Grenzen ziehen.“
„ Meine Mama hat mir beigebracht, niemals jemanden zu vögeln am Tag, an dem jemand vor deinen Augen tot rumgelegen hat. Und besonders nicht, wenn die beiden Personen ein und dieselbe sind.“
„ Männer und ihre Mütter! Immer dasselbe.“
Sechsundzwanzig
Lisa fand es schwer zu glauben, dass der Mord an Fritz Krumm erst eine Woche her war. Im Schnitt dauerte eine Fahndung bei einem Mord eine Woche, und inzwischen waren zwei weitere Entkopfungen passiert. Natürlich bezogen sich die meisten der Todesermittlungen auf Opfer von Messerstechereien oder Selbstmörder. Zu letzteren wurde das LKA selten hinzugezogen, höchstens wenn es eine geringe Wahrscheinlichkeit gab, dass Fremdverschulden vorlag. Aber fast immer beschränkten sich die Ermittlungen auf ein paar Telefonate oder in dem simplen Vorgang der Überweisung an das Dezernat, das sich mit dem organisierten Verbrechen in Berlin befasste. Vor kurzem war auf einige Albaner vor einer Bar aus einem fahrenden Wagen heraus geschossen worden. Unwahrscheinlich, dass es sich hier um ein Eifersuchtsdrama handelte. Das waren die Morde, wie sie in Großstädten passierten. Natürlich gab es auch die aus persönlichen Motiven, aber die kamen sehr selten vor - wenn man davon ausging, dass sie überhaupt als Morde erkannt wurden. Und nun musste sie plötzlich einen Serienmörder fangen, der nachts in Häuser einbrach und Menschen durch zwei teilte.
Während sie duschte, wurde ihr auf einmal klar, dass sie erleichtert darüber war, dass das BKA den Fall übernahm. Das war besser
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