Halbe Leichen (Ein Lisa Becker Krimi) (German Edition)
nicht!“
„ Hat er doch, hab ich genau gehört“, sagte Lisa, als sie bei den beiden angekommen war, und trat dem blutenden Mann mit voller Wucht noch einmal ins Gemächt. „Sie sind vorläufig festgenommen.“
Eine halbe Stunde später stand Lisa an Fabians Küchenfenster und sah dem Ambulanzwagen zu, wie er Skimaske in Richtung Spandauer Klinikum transportierte. Alles war sehr schnell gegangen, auch die Kollegen in grün hatten bereits die nötigen Tatort-Absperrungen errichtet, und ein Beamter von Christianes Truppe war auf dem Weg, um sich ein Bild zu machen. Viele Spuren gab es nicht zu sichern, lediglich das Blut auf dem Rasen. Fabian hatte seine Waffe vorschriftsmäßig ausgehändigt, und Lisas Mantel war bereits sichergestellt. Sie würde ihn bald wiederbekommen. Ein bisschen peinlich war ihr das, sie fand ihn hässlich und trug ihn nur, weil er ihre Formen gut verbergen konnte.
Fabian war ebenfalls in seiner Küche und fabrizierte an einer eigenartig anmutenden Maschine eine pechschwarze Flüssigkeit, die sich alle Mühe gab, kaffeeartige Tendenzen zu simulieren. Die Maschine machte Geräusche wie ein furzender Tyrannosaurier, dennoch empfand Lisa sie als äußerst beruhigend. Nichts ging über etwas Alltagskomik, um einen Schockzustand zu verhindern.
„ Willst du Milch oder Zucker oder irgend so was?“ fragte Fabian.
„ Hast du Süßstoff?“
„ Nö. Und von jemandem, der so viel Mast-Cola trinkt wie du, verblüfft mich diese Frage ungemein.“
„ Cola light ist eklig“, brummte Lisa achselzuckend. „Tu halt Zucker rein, ich brauch jetzt was Süßes.“
„ Ich hab Schokolade...“
„ Du bist ein Prinz“, grinste Lisa, „mach mir ein Kind.“
„ Sofort? Dann muss ich aber das LKA anrufen. Die erwarten uns gleich.“
Sie setzten sich an den Tisch, tranken Kaffee und vertilgten eine Tafel Vollmilch-Nuss.
„ Wo kamst du eigentlich auf einmal her, häh?“ begehrte Lisa zu wissen.
„ Ich hab dich kommen sehen. Von weitem. Hab dann schon mal Kerzen angezündet und gewartet, aber als du nach drei Minuten nicht geklingelt hast, hab ich mich gewundert. Eine Nachbarin hatte mir vor ein paar Tagen erzählt, sie wäre nachts so einem komischen Typen begegnet. Sie meinte, der hätte sie verfolgt, und sie ist ganz schnell ins Haus gelaufen. Das fiel mir wieder ein, deshalb hab ich den Colt gezückt und hab dich gesucht. Kaum war ich draußen, rannte dieser Typ mit Skimaske auch schon an mir vorbei.“
„ Und da hast du auf ihn geschossen? Ohne Vorwarnung?“
„ Ich hätte ihn nie im Leben eingeholt, ich war barfuß.“
Lisa lachte. „Wieso das denn?“
Fabian grinste. „Weil ihr Frauen es hasst, wenn Männer im Bett Socken tragen. Nach Möglichkeit zieh ich die schon vorher aus.“
„ So mach ich das mit BHs“, grinste Lisa zurück.
„ Was? Wieso das denn? Männer lieben doch den Moment, wenn sie der Frau den BH ausziehen. Es gibt für einen Brustfetischisten keinen schöneren Moment als den, in dem sich langsam die ganze Schönheit des Kunstwerks enthüllt.“
„ Ich werde dran denken.“
„ Ich bitte darum.“
Leider hatten sie keine Zeit, um ihren Worten Taten folgen zu lassen. Lisa hatte Christiane versprochen, sie auf dem Revier zu treffen, um ihre Aussagen aufzunehmen. Schweren Herzens machten sie sich in Lisas Auto auf dem Weg.
Lisa fand es angenehm, dass Fabian sie nicht in den Arm genommen hatte, um sie zu trösten. Er wusste genau, dass sie das nur zum Heulen gebracht hätte, und er wollte ihr das ersparen. Als jedoch Christiane in der Tiefgarage des LKA auf sie wartete – mit ausgebreiteten Armen – und selber dabei schon schluchzte, brach es doch aus Lisa heraus. Fabian stand etwas betreten daneben, als die beiden Frauen sich weinend umarmten und Christiane ihre Freundin streichelte und tröstete. Er ging schon mal vor.
Das Aufnehmen des Protokolls wurde im Eilverfahren durchexerziert. Eine Beamtin vom Bereitschaftsdienst saß am Computer in Christianes Büro. Lisa und Fabian fanden das sehr viel angenehmer, als selbst ihre Berichte zu tippen. Ab und zu stand ihnen auch mal eine Sekretärin zur Verfügung, aber meistens wurde sie von Juhnke mit Beschlag belegt. Christiane hatte den Fall bereits an sich gezogen, denn sie hatte schon eine Ahnung, mit wem sie es hier zu tun hatten.
„ Skimaske, grüner Trainingsanzug“, resümierte sie, „das ist unser Serien-Vergewaltiger. Kam er dir so vor, als würde er das häufiger machen?“
„ Ja“,
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