Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Halbgeist: Roman

Halbgeist: Roman

Titel: Halbgeist: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam-Troy Castro
Vom Netzwerk:
Schaden kommt, wenn sich seine Inkompetenz Bahn bricht, wüsste ich nicht, was dagegen spräche, ihn einfach machen zu lassen.«
    »Abgesehen davon, dass genau das das Problem ist«, konterte ich. »Es sind Menschen zu Schaden gekommen.«
    Seine Augen weiteten sich. »Also hören Sie. Sie können das, was Warmuth und Santiago passiert ist, doch nicht allen Ernstes Gibbs Dummheit anlasten.«
    »Das tue ich nicht. Seine Handlungsweise mag einen Beitrag geleistet haben, aber um die beiden geht es mir nicht.«
    »Um wen dann?«
    »Fangen wir doch einfach mit Robin Fish an.«
    Zum ersten Mal wandte er den Blick ab und konzentrierte sich auf seine Hände, die sich zu Fäusten schlossen, dann wieder öffneten, so leer wie zuvor. »Sie ist ein bisschen weniger als mittelmäßig, meinen Sie nicht? Und sie stellt die schlimmste Art unterdurchschnittlicher Persönlichkeit dar: die Art, die von sich selbst glaubt, sie sei für Großes geschaffen. Man muss dem Dip Corps hoch anrechnen, dass den Leuten klar war, was sie ist. Sie wollten sie einfach auf einen netten kleinen Außenposten abschieben, an dem sie ihre Zeit ableisten konnte, ohne je vor irgendwelchen Herausforderungen zu stehen, die sie überfordern würden. Sie hätte einfach dort bleiben können, wäre genauso unglücklich gewesen wie jetzt, aber sie hätte immerhin die Möglichkeit gehabt, sich zu trösten, indem sie alle anderen beschuldigt, ihr keine Chance gegeben zu haben. Hier kann sie sich derartigen Illusionen nicht hingeben.«
    »Und die anderen? Li-Tsan? D'Onofrio? Jeder andere, der auf eine Art verletzt wurde, die nur noch nicht zutage getreten ist?«
    Er stieß ein erbittertes Gelächter aus. »Empfinden Sie ernsthaft Mitleid mit Li-Tsan?«
    »Ich habe eine gewisse Schwäche für Leute, die guten Grund haben, wütend zu sein.«
    Er nickte, akzeptierte meine Einstellung und untersuchte erneut seine Hände, doch wirkte sein Stillschweigen weniger traurig oder ängstlich als ausdrucksstark.
    Ich beugte mich zu ihm herab. »Die Crux ist die, Peyrin: Ich hege nicht die mindeste Sympathie für Gibb. Weder als Durchschnittstyp noch als irgendetwas anderes. Aber ich kann es mir nicht leisten, weiterhin meine Zeit mit Dingen zu vergeuden, die den Rahmen meiner Ermittlungen sprengen. Ich muss diese weniger dringlichen Dinge aus dem Weg haben. Wenn Sie ihm also tatsächlich irgendeine Form der Achtung entgegenbringen, dann hören Sie auf, Informationen vor mir zurückzuhalten. Sagen Sie mir, wer Sie sind. Denn wenn Sie es nicht tun, dann werde ich mir die Information über ihn besorgen, und das könnte mehr Leben ruinieren als nur das seine.«
    Einen Herzschlag lang glaubte ich, ich hätte ihn. Er senkte den Kopf, klappte den Mund auf, schien drauf und dran zu sein, seinen Geheimnissen eine Stimme zu geben, sackte dann in sich zusammen, und die Falten auf seiner Stirn gaben mehr echten Kummer preis, als seine Augen je vermittelt hatten. »Es tut mir leid. Das kann ich nicht tun.«
    Es hatte keinen Sinn, noch weiter zu diskutieren. Ich erhob mich und starrte ihn einige Herzschläge lang an, erkannte Arroganz, Bedauern, Ablehnung und eine absonderliche Form von Triumph unter den Zutaten des emotionalen Eintopfs hinter seinen dunklen, stechenden Augen.
    Der Mistkerl würde es einfach geschehen lassen.
    Ich wandte mich zum Gehen, aber er hielt mich auf, ehe ich den Kubus verlassen konnte. »Er ist nicht hier.«
    Ein Prickeln, Symptom eines undefinierbaren Gefühls der Bedrohung, rann über meinen Rücken. »Wo ist er?«
    »Er ist vor einer Stunde nach Hängemattenstadt zurückgeflogen.«
    Die Worte hätten ebenso gut aus willkürlich aneinandergereihten Silben bestehen können, so wenig Sinn ergaben sie. »Was?«
    Wieder widmete sich Lastogne der Betrachtung seiner Hände. »Er hat darauf bestanden. Er sagte, die Leute erwarteten von ihm, dass er ihnen ein Beispiel böte, und er hätte nicht vor, hier wie ein Symbol des Versagens herumzusitzen, wenn er doch zurückkehren und auf diese Weise für alle deutlich machen könnte, dass wir nicht geschlagen seien. Er sagte auch, er wisse, dass er unter Arrest stünde; wenn wir ihn dort ohne jedes Transportmittel zurückließen, wäre er jedoch auch nichts anderes als ein Gefangener. Und solange er ein Gefangener sei, könnte er sich ebenso gut zu einem lebendigen Mahnmal dafür machen, dass wir hier immer noch eine Aufgabe zu erledigen hätten.« Nun blickte er auf, und ein untypischer Ausdruck des Schmerzes stand in seinen

Weitere Kostenlose Bücher