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Halbgeist: Roman

Halbgeist: Roman

Titel: Halbgeist: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam-Troy Castro
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Botschaften geschickt?«
    »Nicht mehr als üblich, Counselor.«
    »Soll heißen?«
    »Nonverbale Kommunikation«, sagte er und schlug die Augen nieder. »Einiges davon unfreiwillig, alles vertretbar.«
    »Nichts über Hytex?«
    »Warum sollte ich? Ich kann mit Ihnen sprechen, wann immer ich will.«
    Seine Antworten trieben mich in den Wahnsinn. »Haben Sie Warmuth oder Santiago umgebracht?«
    Und statt ja oder nein zu sagen, lachte er - nicht mit hysterischem Frohsinn, demonstrativer Überlegenheit oder gar Bösartigkeit, sondern mit einem Maß traumverlorener Rührung, das mich hundertmal mehr auf die Palme brachte. »Oh, wirklich, Counselor. Welche Antwort könnte ich Ihnen auf diese Frage geben, von einem Geständnis einmal abgesehen, dem Sie so oder so keinen Glauben schenken wollten?«
    Nun wusste ich es definitiv. Dieser Hurensohn veralberte mich. »Sagen Sie es mir trotzdem. Haben Sie Warmuth oder Santiago umgebracht?«
    »Nein«, sagte er, »das habe ich nicht. Aber eines sollte Ihnen klar sein.«
    »Das wäre?«
    »Wäre ich der Mörder, würde ich das Gleiche sagen.«

11
    LEVINE, NEGELEIN, LASSITER
    Der Rest des Tages zog in einem vagen Durcheinander von Gesprächen mit den verbliebenen Dienstverpflichteten von Hängemattenstadt dahin. Ich wollte nicht in der mir zugewiesenen Hängematte arbeiten, also belegte ich eine lange, schmale Hängematte mit Beschlag, die Gibbs Einrichtung als eine Art Versammlungssaal und gemeinschaftlicher Speiseraum diente. Ich konnte mir nicht vorstellen, mich hier aufzuhalten, wenn die Hängematte das Gewicht Dutzender Personen zu tragen gehabt hatte. Gewiss wäre ich außerstande gewesen, das Bild ausfransender Taue aus meinem Kopf zu vertreiben, und vermutlich an meinem Essen erstickt.
    Es gelang mir, etwa die Hälfte von Gibbs Leuten zu befragen, ehe die Sonnen ausgingen. Der größte Teil dessen, was sie mir erzählten, stimmte mit dem überein, was man mir bereits erzählt hatte: Santiago war eine Misanthropin und Warmuth eine entschlossene Emphatin gewesen, die drei Höhenängstlichen sozial ausgestoßen. Die Ansichten über Gibb reichten von tiefer Verehrung bis hin zu offenem Groll. Trotz meines vorherigen Eindrucks, der besagte, dass er besonders Frauen auf die Nerven fiel, stammten einige der größten Lobpreisungen von jungen weiblichen Dienstverpflichteten, die ihn gar nicht hoch genug in den Himmel heben konnten. Zwei oder drei gestanden ein ehemaliges - Betonung auf ehemaliges - Verhältnis ein und waren dabei so erpicht darauf, mir zu versichern, dass sie sich in Freundschaft getrennt hatten, dass meine wichtigste Frage nicht mehr lautete, ob er sie gefördert hatte, sondern wie sehr.
    Niemand hatte viel zu dem dürftigen Ausmaß an Informationen über Peyrin Lastogne beizutragen. Soweit es diese Leute betraf, war er ein ganz regulärer Angehöriger des Dip Corps, genau wie Gibb - oder, wie einige von ihnen betonten, wie ich.
    Mehrere Dienstverpflichtete hatten die Konfrontation zwischen Warmuth und Santiago miterlebt, die, wie erwartet, nicht allzu viel besagte. Zeit und Ort waren eine nachmittägliche Versammlung in eben der Hängematte gewesen, in der ich gerade saß. Fünf dienstfreie Mitarbeiter entspannten sich zu jenem Zeitpunkt bei einem Hytex-Strategiespiel, das eine der Mitarbeiterinnen aus ihrer Heimatwelt importiert hatte. Ein paar andere saßen einfach nur herum, meckerten, schwatzten oder debattierten über ihre Freizeit. Santiago kam herein, um sich etwas zu essen zu holen und wieder in ihr Quartier zurückzugehen, wie stets darauf bedacht, alle Sozialkontakte auf ein Minimum zu beschränken. Warmuth, die schon häufig bei dem Versuch beobachtet worden war, mit ihr zu reden, verließ die Spielrunde, ging auf sie zu und schwadronierte mit einer Stimme los, die laut genug war, von allen gehört zu werden. Santiago wollte wieder gehen, ohne sich mit ihr abzugeben, aber Warmuth legte ihr eine Hand auf die Schulter. Santiago schlug die Hand weg und beschimpfte sie in einer fremden Sprache. Warmuth versuchte erneut, sie zu berühren, woraufhin Santiago ihr einen leichten Schubs versetzte, der dafür sorgte, dass die erschütterte, aber unverletzte Warmuth am tiefsten Punkt der Hängematte auf der Kehrseite auf und nieder federte.
    Worum genau es bei dem Gespräch gegangen war, wusste niemand, aber jeder hatte Santiago sagen hören: »Lass mich in Ruhe, du Schlampe.«
    Obwohl beide Frauen nacheinander gestorben waren, glaubte niemand, dass dieser

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