Halbgeist: Roman
an meinem Körper. Was immer ich von mir gegeben hatte, war nun auf dem Weg in die tieferen Atmosphärenschichten von One One One.
Ich würgte, kostete Blut, erkannte, dass ich kreiselte, und dann versuchte ich endlich zu schreien, wenn es mir auch nicht gelang, meine Stimme zu aktivieren.
Weit unter mir wogten die Wolken von One One One unter einem internen Sturm. Eine Formation leuchtete auf, riss die Silhouette eines fliegenden Drachen aus dem Dunkel. Mir ging der irrsinnige Gedanke durch den Kopf, dass er es nicht verdient hatte, so schöne Schwingen zu besitzen, und beinahe hätte ich mich wieder der Hysterie ergeben, als ich in einem plötzlichen Anfall der Raserei den Kopf herumriss, um nachzusehen, ob über mir noch irgendetwas an seinem Platz war.
Viel war es nicht.
Der kreisrunde Grat der Hängematte war nach wie vor intakt, ebenso wie die meisten der an ihm festgeknoteten Bündel; ein paar Beutel, deren Inhalt auszukundschaften ich mir nicht die Mühe gemacht hatte, waren verschwunden. Meine eigene Tasche mit all ihren persönlichen Schätzen hing immer noch an ihrem Haltegurt. Alles, was sich unterhalb des Grats befunden hatte, war fort, und (nun, da ich genauer hinsah) das meiste von dem, was darüber gewesen war, auch. Der obere Teil der Hängematte selbst war mit kleinen schwarzen Punkten bedeckt.
Ich esse keine Äpfel, aber die schwarzen Flecken erinnerten mich an einen von Wurmkot durchzogenen Apfel.
Ich fand meine Stimme wieder und schrie.
»HILFE! UM JUJES WILLEN, JEMAND MUSS MIR HELFEN!«
Stille.
Keine wie auch immer geartete Reaktion.
Ich schrie erneut, und dieses Mal sprach ich ganz bestimmte Leute an. Lastogne; keine Antwort. Oscin und Skye; keine Antwort. Oskar Levine, basierend darauf, dass wir Ausgestoßenen zusammenhalten müssten. Niemand antwortete. Ich hörte nur meinen eigenen, stoßartigen Atem und den Wind, der über die Leinwandteile strich, die übrig geblieben waren.
Ich fing an, sie zu verfluchen.
Immer noch nichts.
Vielleicht war ich die Einzige, die noch da war.
Vielleicht waren alle Zelte wie meines zusammengefallen, und Gibbs Leute waren bereits tot und auf dem Weg nach unten.
Vielleicht hatten die KIquellen ihre selbstbehauptete Befähigung, jeden einzelnen Menschen auf One One One zu töten, unter Beweis gestellt.
Vielleicht sollte ich mich einfach von dem Gurt befreien und mich fallen lassen.
Ich biss mir zornig auf die Lippe. Nein, verdammt. Gebrauch deinen Verstand. Über mir war immer noch Licht zu erkennen, sowohl durch die Löcher im Leintuch als auch durch das Tuch selbst. Seine einzig mögliche Quelle musste der Überbau von Hängemattenstadt sein. Das Licht hatte sich nicht verändert, was immerhin andeutete, dass die Netze und Seilbrücken noch intakt waren. Ich musste einfach glauben, dass Hängemattenstadt ebenfalls intakt geblieben war, und sei es nur, weil der unbekannte Attentäter, dem wir den Tod von Warmuth und Santiago anlasteten, bis jetzt anscheinend damit zufrieden gewesen war, seine Opfer nacheinander einzufordern.
Wenn man mich im Lager also nicht hören konnte, musste das andere Gründe haben.
Ich lauschte und erkannte, dass vieles von dem, was ich als Wind eingestuft hatte, tatsächlich ein leises Zischen war.
Der Mistkerl. Oder Miststück. Was immer.
Sie hatten einen Zischschirm über die ganze Hängematte gelegt, um mich gegenüber möglichen Rettern abzuschirmen.
Ich konnte um Hilfe schreien, bis meine Kehle wund war, und niemand würde mich hören.
Was mich während der nächsten paar Sekunden nicht davon abhielt, es zu versuchen.
Danach, als mir allmählich die Luft ausging, konnte ich erneut einen Blick nach oben werfen, der mir bestätigte, dass die Löcher im Leintuch größer und zahlreicher geworden waren, und endlich war ich wütend genug, etwas zu unternehmen.
Ein Schritt nach dem anderen.
Der Gurt war das Einzige, was mich am Leben hielt. Ihn hinter meinem Rücken zu packen war problematisch, da ich noch immer unter den Nachwirkungen des Sturzes auf und ab hüpfte und mich im Kreis drehte, aber ich schaffte es. Der Gurt war dünn, aber stark, und er war gerade texturiert genug, ihn fest umfassen zu können. Das war nicht die Art Seil, die ich zum Klettern ausgewählt hätte, andererseits hatte ich mein Leben bisher auch nie an ein Seil hängen müssen.
Ich spannte die Muskeln und schaffte es unter größter Anstrengung, meinen Körper ein paar Zentimeter hochzuziehen, ehe die Erschöpfung mich übermannte und
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