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Halbgeist: Roman

Halbgeist: Roman

Titel: Halbgeist: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam-Troy Castro
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ich wieder hinabsackte.
    Aber das war in Ordnung. Ich hatte gelernt, was ich hatte lernen müssen.
    Ich griff hinter meinen Rücken und packte das Seil mit beiden Händen, die bevorzugte rechte Hand über der linken. Das Seil mit beiden Händen zu halten war nicht ganz so schwer wie mit einer Hand, aber es war immer noch mehr, als ich über längere Zeit hätte leisten können.
    Das alles wäre leichter gewesen, wäre das Seil vor mir gewesen statt in meinem Rücken. Beispielsweise wäre mir das Blut nicht so sehr durch den Kopf gerauscht. Aber es musste gar nicht leicht sein. Es musste nur möglich sein.
    Ich brauchte weiter nichts tun, als mit der Linken loszulassen und ein paar Zentimeter oberhalb der Rechten wieder zuzugreifen.
    Meine linke Hand wollte nicht loslassen, bis ich sie anbrüllte, weil sie so verdammt nutzlos war.
    Dann gehorchte sie.
    Ich zog mich ein paar Zentimeter hinauf. Die Anspannung in meinen Armen und meinem unteren Rücken war entsetzlich, aber wenigstens hing nun das Seil unter meinen Händen ein wenig durch.
    Die Wolken der unteren Atmosphärenschichten von One One One riefen nach mir. Das ist albern, Andrea. Warum lässt du nicht einfach los und kommst zu uns? Es ist schließlich nicht so, dass du irgendetwas hättest, wofür es sich zu leben lohnt.
    Diese winzige Kletterei hatte mich mehr erschöpft, als ich mir leisten konnte. Meine Lage war einfach zu kompliziert. Einer von Gibbs Affen hätte es vielleicht schaffen können, aber ich war nicht so gebaut wie die. Weder war ich so klettererfahren, noch besaß ich einen derart kräftigen Oberkörper.
    Um überhaupt eine Chance zu haben, musste ich eine Möglichkeit finden, mich umzudrehen, sodass das Seil vor mir lag.
    Noch ein paar Zentimeter, und die Schlaufe, die das durchhängende Seil bildete, schlug gegen meine Hüfte. Schwarze Punkte tanzten am Rand meines Blickfelds. Mit zusammengebissenen Zähnen stieß ich ein Zischen hervor und wusste so sicher, wie ich je irgendetwas gewusst habe, dass ich nur einen Versuch hatte.
    Während ich mich mit der linken Hand weiter festklammerte, ließ ich mit der rechten los und warf mich mit einem ganzen Gewicht in eine Drehbewegung, gab alles, was ich hatte, und noch ein bisschen mehr, um meinen rechten Arm herumzureißen.
    Ich weiß nicht, was ich getan hätte, hätte ich es nicht geschafft. Das Seil hätte meinen Sturz erneut aufgehalten, aber ich wäre wieder da gelandet, wo ich angefangen hatte, zu erschöpft, noch einmal loszulegen, und meine Sicherheitsleine hätte sich immer noch in meinem Rücken befunden, wo sie kaum zu greifen war.
    Aber meine rechte Hand erwischte die Leine.
    Ich wirbelte herum, keuchte auf, als mein Griff unter dem Schwung beinahe versagt hätte, keuchte erneut, als ich mich aufrichtete und das Seil, das nun vor mir war, über mein Gesicht peitschte und einen brennenden Schmerz auf meiner Wange zurückließ.
    Und kaum hörte ich auf zu kreiseln, bildete mein Körper auch kein auf dem Kopf stehendes V mehr, an der Taille geknickt und auf den Blick auf die Wolken beschränkt. Nun kehrte ich ihnen den Rücken zu, und meine Augen fixierten die Überreste meiner Hängematte. Das Material im oberen Bereich hatte sich während der langen Minuten, seit ich zum letzten Mal hinaufgesehen hatte, noch weiter zersetzt. Inzwischen klafften große Löcher in dem Gewebe, umgeben von einer Vielzahl kleinerer Risse. Ich konnte Abschnitte des Materials erkennen, das die Spitze des Zeltaufbaus bilden sollte, nun aber vom höchsten Punkt der Hängematte herabhing wie ein paar ineinander verflochtene Ruten. Und ich sah noch weitere Ruten aus dem gleichen Material, die zusammen das zentrale Gerüst der Hängematte bildeten und wie Rippenbögen vom obersten Punkt herabhingen, um an ihrem untersten Ende das Gerüst an vier Punkten sicher zu verankern.
    Alles, woran ich mich festhalten konnte, war mir willkommen.
    Nun musste ich nur noch hinaufklettern, die Beine auf dem kreisförmigen Grat verhaken, mich hinauf- und dann hinüberziehen.
    Was immer noch schwer genug sein dürfte, aber das Schlimmste, so dachte ich, hatte ich hinter mir.
    Ich hatte mich geirrt.
    Als ich auf den kreisförmigen Grat kletterte, dankbar für den enormen Trost, den ich in dem Kontakt zu einem so soliden Gegenstand fand, war die Luft um mich herum von Schneeflocken gefleckt.
    Kein gefrorenes Wasser. Dies war ein anderes Phänomen, das viel eher winzigen Ascheflocken glich. Sie taumelten in einem milden Gestöber um

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