Halbmondnacht
erleuchtet.
Ich hatte, den Kopf in Rourkes Schoß, auf dem Rücksitz gelegen. Jetzt hob ich den Kopf gerade genug, um durchs Fenster zu sehen. Rourke quittierte das mit einem grollenden Laut aus tiefster Kehle, der sein Missfallen geradezu greifbar werden ließ. Ich spähte hinaus, blinzelte, rieb mir die Augen. »Verflixt, was ist denn da los? Haben wir irgendeinen Anruf verpasst?«
Wir hatten Selenes Zuflucht verlassen, müde und völlig verdreckt, ohne Naomi und Ray. Ich hatte keinen blassen Schimmer, ob Ray die Verwandlung in einen Vampir überleben würde. Aber eine andere Möglichkeit, ihn zu retten, hatte es nun einmal nicht gegeben. Wir waren jetzt achtzehn Stunden durchgefahren. Wir hatten nur einmal zum Tanken und auf mein Betreiben hin auch zum Duschen bei einem YMCA auf unserer Strecke gehalten.
»Mein Akku ist leer«, gestand Danny. »Ich habe das verdammte Ladegerät vergessen.«
Ich setzte mich auf, während Tyler noch mit dem schweren Wagen kämpfte. In dem Rucksack mit meinen Sachen angelte ich nach meinem Handy. Nachdem wir aus der Höhle heraus und den Berg hinunter waren, hatte ich meinem Vater via Satellitentelefon kurz mitgeteilt, dass wir auf dem Rückweg waren. »Ichhabe keine Nachrichten, weder SMS noch Mailbox, und seit ich mit Dad gesprochen habe, hat auch niemand angerufen.«
»Für mich sieht das hier aus, als ob gerade erst etwas passiert wäre«, bemerkte Tyler und schaltete den Motor aus. »Wahrscheinlich blickt noch niemand durch, deshalb gab’s auch noch keine Meldung an uns. Schließlich ist es mitten in der Nacht. Ich steige aus und sehe mich ein bisschen um. Bleibt ihr erst mal hier.« Ich war müde genug, um ihm die Sache zu überlassen.
»Sonst gibt es nichts, was auf den ersten Blick auffällig wäre«, meinte Danny, der das Gebäude aufmerksam beäugte. »Arbeitet Nick vielleicht häufiger so spät?«
»Nein«, antwortete ich. »Etwas stimmt nicht, ganz sicher. Alle Lichter sind an. Im ganzen Gebäude, nicht nur in unseren Büros. Um überall Licht zu machen, muss man Zugang zum Hauptschaltkasten haben. Oder das ganze Gebäude wurde verhext. Sieht eigentlich so aus, als ob jemand dort was gesucht hätte. Oder jemanden.« Wahrscheinlich mich; wen versuchte ich denn hier gerade hinters Licht zu führen?
Rourke öffnete den Wagenschlag. »Ich sehe mich dann auch mal um.« Tyler war schon weg, und mein Gefährte machte Anstalten, ihm zu folgen. Zuerst aber beugte er sich noch einmal zu mir herüber und küsste mich, lang, sehnsüchtig.
»Meine Fresse, müssen wir jetzt echt immer Zeugen jedes einzelnen Kusses werden?«, grunzte Danny. »Ich bin überrascht, dass eure Lippen nicht längst zusammengewachsen sind bei all der Knutscherei auf dem Rücksitz.«
Ich löste mich zuerst aus dem Kuss, weil ich kichern musste.
Rourkes Blick elektrisierte, versengte mich. Ich sah es smaragdgrün in seinen Augen funkeln. Er bedachte mich mit einem schiefen Grinsen und knallte die Tür zu. Mein Verlangen nach ihm war so groß, dass ich ihm, pubertärer ging es nicht, einen schmachtenden Blick hinterherschickte. Wir hatten, seit wir uns den Berg hinuntergeschleppt hatten, noch keinen ruhigen Moment für uns gehabt. Rourkes Blick nach würde es, fänden wir nicht bald ein ruhiges Plätzchen, in aller Öffentlichkeit passieren, egal, ob das jemandem sauer aufstieße oder nicht. Meine Wölfin leckte sich die Schnauze. Wir sind Dame genug; wir sind in der Lage zu warten. Sie knurrte. Und ganz ehrlich: Dieses Mal war ich mit Isebel absolut auf einer Linie. Meine Wölfin war nicht die Einzige, der es vollkommen schnurz sein würde, ob wir beobachtet wurden oder nicht.
»Oh, Danny, und das ausgerechnet aus deinem Mund! Wenn du die Gelegenheit dazu bekommen hättest, hättest du Naomi hinten auf den Kühlboxen flachgelegt. Nein, nein, streite es erst gar nicht ab. Ich habe doch genau gesehen, wie ihr zwei miteinander geflirtet habt. Außerdem hättest du dich, wärest du nicht an ihr interessiert, wohl kaum so eingesetzt, um sie zu retten.« Wölfe waren nicht gerade zurückhaltend, wenn es um Sex ging. Sie liebten es, Sex zu haben. Punkt.
»Verdammt richtig, das hätte ich getan. Aber darum geht es hier doch nicht.« Bedauern schwang in seiner Stimme mit. Ein Vampir und ein Werwolf, das war schon ein auffälliges Paar, und sicher keine leichte Beziehung. Selbst wenn die zwei charakterlich gut zueinanderzupassen schienen. »Ich mag einfach nicht dabeistehen, wenn ihr zwei miteinander
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