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Halbmondnacht

Halbmondnacht

Titel: Halbmondnacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Carlson
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mich in meinem Sitz zu Ray umdrehte.
    Zum Glück hatte es ihm schließlich doch noch die Sprache verschlagen. Aber der Ausdruck auf seinem Gesicht, während er die Gestalten betrachtete, die vor uns in den Scheinwerferkegeln erschienen waren, war unbezahlbar. Ich hatte Ray nie sprachlos erlebt. Nichts und niemand hatte ihn je von jetzt auf gleich schachmatt gesetzt. Ein einziger Blick auf ein paar Vampire in all ihrer Pracht hatte jedoch genügt, um genau das zu erreichen. Ich konnte förmlich sehen, wie sich die Rädchen in seinem ungläubigen Hirn drehten. »Weißt du was, Ray?«
    Seine Augen verengten sich, als er mich misstrauisch anblickte.
    »Ich habe eine hübsche neue Reisegelegenheit für dich aufgetan.«

KAPITEL SIEBEN
    D u hast einen Reinmenschen mitgenommen?« Eamons Stimme verriet ebenso viel selbstgefällige Herablassung wie Neugier. Neben diesen ach so kultivierten Vampiren mussten wir ja auch wie ein Haufen Hinterwäldler wirken.
    Wir standen nun vor dem Hummer, und ich hatte den immer noch mit dem Geschirrhandtuch geknebelten Ray am Nacken gepackt. Zwar spendeten uns die Scheinwerfer Licht in der Dunkelheit, doch hätte ich darauf wetten mögen, der Hummer hätte dank seiner leuchtend gelben Farbe als Laterne vollauf gereicht. Betrübt schüttelte ich den Kopf.
    Danny und Tyler hatten sich hinter uns aufgebaut. Sie sahen in ihren Jeans so verwegen und cool aus wie die Vampire. Zumindest waren sie einen Kopf größer als die Zwillinge, weitaus muskulöser und konnten auch viel eindrucksvoller die Zähne fletschen.
    »Das habe ich gerade gesagt, ja.« Meine Geduld mit Eamon sank tatsächlich mit jedem Wort, das er über die Lippen brachte. »Was ich wissen möchte, ist, ob ihr ihn über die Grenze fliegen könnt, ohne aus ihm einen Imbiss zu machen oder ihn zum Spaß aus allen Wolken fallen zu lassen?« Bei meinen Worten verspannte sich Ray, aber er blieb ruhig. Rays tiefer Schock bestätigte mir, dass Vampire, wenn ihnen denn danach war, sich selbst mit einem Zauber tarnen konnten. Sonst hätten sie nie die beengenden Mauern ihrer Heimstätten verlassen und sich in der Öffentlichkeit zeigen können. Und das taten sie bestimmt. Nie im Leben blieben all die vielen Vampire die ganze Nacht über zu Hause. Ray war kurz davor, zusammenhanglos vor sich hin zubrabbeln wie ein Säugling. An dieser Schockreaktion war abzulesen, dass die beiden Vampire sich momentan nicht mit einem Tarnzauber umgaben. Alles an ihnen schrie ihre Übernatürlichkeit förmlich heraus. »Er begleitet uns und bleibt unbehelligt, bis ich etwas anderes sage.«
    Eamon kräuselte die Oberlippe, als ob Menschen anzunagen nicht sein Alltagsgeschäft wäre. »Wir hatten unseren Nachttrunk heute schon. Ein Schlückchen mehr ist da nicht nötig.«
    Nachttrunk? Schlückchen? Angesichts des Decken- und Wandschmucks, den ich bei meinem letzten Besuch in den Räumlichkeiten ihrer Königin zu sehen bekommen hatte, ging ich davon aus, dass ihre Mahlzeiten eher unkultiviert verliefen: Da wurde zerfetzt, herausgerissen, unter Schmatzen und Rülpsen reingestopft und geschlürft. Von wegen ›Schlückchen‹!
    »Na, wunderbar!« Ich riss Ray herum, damit er mir ins Gesicht sehen konnte. Ganz im Hinterwäldlerstil. »Hör zu, Ray: Das ist jetzt deine letzte Chance, das Ganze zu kapieren. Du hast echt Schwein heute Nacht. Hast du verstanden? Diese beiden netten Vampire sind bereit, dich über die Grenze zu fliegen. Wir sammeln dich dann auf der anderen Seite wieder ein. Angesichts der Tatsache, dass mein ursprünglicher Plan, als ich vom Highway runter bin, eine Schaufel und Grabarbeiten vorgesehen hat, solltest du dir bewusst machen, dass du gerade noch einmal davongekommen bist. Von Vampiren durch die Luft befördert zu werden ist verdammt viel besser, als irgendwo verscharrt zu sein.« Er glotzte mich nur starren Blickes an, als würde ich absolut unverständliches Zeug reden. »Und wenn wir dich dann auf der anderen Seite wieder einsammeln, wirst du brav mit uns kommen, und zwar bereitwillig .« Das war das Schlüsselwort. »Wenn du dann immer noch nichts kapiert hast und uns schließlich doch noch Glauben schenkst, endest du als Frühstück für die beiden. Sie essen oder trinken dich oder was auch immer. Verstanden? Das war’s, Ray. Schluss, Ende, aus. Ich habe endgültig die Nase voll!«
    Sollte eine Flugreise mit Vampiren nicht ausreichen, um Ray davon zu überzeugen, dass alles, was wir ihm erzählt hatten, der Wahrheit entsprach, würde es

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