Hale 1 Piraten der Liebe
bewegte sich unruhig, sobald er dieses angenehme Gefühl vermißte. Cathy streichelte seinen Kopf, und dann war er ruhig. »Noch irgend etwas, Miß Cathy?« Petersham war immer noch sehr steif und formell. Aus ihren Jahren mit Martha wußte Cathy, daß er sehr pikiert sein mußte. Sie seufzte.
»Petersham, Sie werden doch einsehen, daß es jetzt nicht die Zeit ist, auf Konventionen Rücksicht zu nehmen«, versuchte sie sich ihm zu erklären. »Kapitän Hale ist sehr krank und braucht Pflege. Ihr habt alle eure Pflichten auf dem Schiff, weshalb ich als Krankenschwester übrigbleibe. Wollen Sie, daß ich ihm, nur weil er nackt ist, nicht helfe?«
»Ich würde gerne die Pflege übernehmen, Lady Catherine. Als Mister Harry sagte, daß Sie das machen, begriff ich nicht ganz den vollen - äh - Umfang dieser Aufgabe.«
»Um Gottes willen, Petersham!« rief Cathy verzweifelt aus. Sie war jetzt zu verärgert, um ihn noch mit Samtpfoten zu behandeln. »Sie müssen wissen, daß ich - daß er... Unsere Beziehung ist wohl kaum die zwischen Bruder und Schwester. Kurz, ich weiß alles über den Kapitän. Der Anblick seines Körpers ist keine Neuheit für mich.«
Angesichts ihrer eigenen Deutlichkeit wurde Cathy jetzt doch rot. Noch vor drei Wochen hätte sie es niemals für möglich gehalten, mit so wenig Schamgefühl sprechen zu können. Aber sie hatte die volle Wahrheit gesagt, und es hatte keinen Sinn, sie noch hübsch zu verpacken. Petersham betrachtete sie jetzt kühl.
»Es mag sein, wie es will, aber ein solcher Anblick ist nichts für jemanden Ihres Geschlechts und Alters. Ist das alles, Lady Catherine? «
Cathy seufzte und entließ ihn. Petershams unerwartete Prüderie war eine Schwierigkeit, mit der sie sich im Moment unmöglich näher befassen konnte.
Während der nächsten fünf Tage pflegte sie Jon hingebungsvoll. Sie säuberte und behandelte seine Wunden und ließ ängstlich nach Doktor Sandoz schicken, wenn sie anzuschwellen schienen. Der Riß an Jons Bein fing an zu eitern. Der Doktor entfernte den Eiter in die Schüssel hinein, die Cathy für ihn hielt. Dabei waren Jons Hände und Füße an das Bett gefesselt und seine Schmerzens-schreie ließen jedem das Blut in den Adern gefrieren. Über Cathys Wangen liefen Tränen, aber sie hielt beharrlich ihre Stellung. Sie beseitigte die blutigen Bandagen, und Jon wurde wieder losgebunden. Als Doktor Sandoz vom Bett aufstand, nahm Cathy Jons schweißbedeckten Kopf an ihre Brust. Ihre inhaltslosen Worte schienen ihn zu beruhigen, und er fiel wieder in einen unruhigen Schlaf, während sein Kopf immer noch an ihrer Brust ruhte.
Außerdem fütterte sie ihn, indem sie ihm regelmäßig einen Löffel mit dünnem Brei einflößte und seinen Mund dann so lange zuhielt, bis er schluckte. Sie gab ihm Wasser und legte heiße Kompressen auf seine fiebrigen Oberschenkel. Als sein Fieber stieg, benetzte sie ihn stündlich mit kaltem Wasser, aber seine Körpertemperatur ließ sich mittlerweile auf diese Weise nicht mehr senken. Sie kümmerte sich auch selbst um seine natürlichen Bedürfnisse, weil sie wußte, daß Petersham vor Ärger in Ohnmacht fallen würde, wenn sie ihn um Hilfe bäte. Ihre völlige Konzentration auf Jons Wohlbefinden erstaunte jeden. Sie selbst war übrigens auch erstaunt. Cathy hätte nie gedacht, daß sie, die nicht einmal ihre Kleider selbst aufgeräumt hatte, so intim und selbstlos für einen anderen Menschen sorgen konnte.
Trotz ihrer zärtlichen Pflege verschlechterte sich sein Zustand fast ständig. Wenn Doktor Sandoz kam, machte er ein ernstes Gesicht und schüttelte den Kopf. Cathy machte das beinahe wahnsinnig. Er sah jetzt, daß Jons ununterbrochen hohes Fieber die größte Gefahr war. Er konnte Cathy jedoch lediglich anweisen, ihn regelmäßig in kaltem Wasser zu baden und ihm soviel Flüssigkeit wie möglich einzuflößen. Ansonsten lag die Heilung des Kapitäns in den Händen Gottes.
In gewissen Abständen stieg Jons Fieber heftig, und er bewegte sich so wild, daß Cathy ihn nicht mehr halten konnte und gezwungen war, entweder Petersham oder Harry zu Hilfe zu holen. Nach und nach verloren die beiden Männer ihr gegenüber die Steifheit und kamen ab und zu von selbst in die Kabine herunter, um nach ihr zu sehen. Cathy beruhigte Petersham, indem sie ihm versicherte, daß Jon in ein ordentliches Nachtgewand gekleidet würde, sobald es sein Zustand erlaubte. Aber nach einiger Zeit begriff sogar Petersham, daß Jons Krankheit zu ernst war und Cathy
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