Hale 1 Piraten der Liebe
dünne, knielange Musselinkleid, das sie immer zum Schwimmen trug, genau zu sehen war, war während der Monate, in denen er sie nun schon kannte, viel mütterlicher und weiblicher geworden. Ihre schöne Brust war voller und ihre Schenkel runder und geschmeidiger. Sie sah jetzt mehr wie eine Frau aus als ein Mädchen. Schon spürte er, wie sein Herz schneller schlug, während er sie ansah. Sie war so außergewöhnlich, daß er manchmal daran zweifelte, ob es sie wirklich gab.
Noch wichtiger als die äußere Schönheit waren die Wärme und Zartheit des Mädchens, dachte er. Diese Ei-genschaften wirkten auf ihn wie Öl, das ein stürmisches Wasser beruhigte. Sie ist eine unter Millionen, dachte er, eine Frau, die man gegen alle beschützen muß. Sie war sein, und er hatte vor, sie zu behalten.
In Gedanken wurde er rasend, als dieses Bild auf dem Deck der >Margarita< wieder vor ihm auftauchte: Harry mit seinen dunklen Augen, wie er Cathy in den Armen hielt. O Gott, er hätte einen Mord begehen können! Cathys Spott hinterher war genau das Richtige gewesen, auch wenn sie ihn damit verrückt gemacht hatte. Er war eifersüchtig gewesen - schlicht und einfach eifersüchtig. Allein der Gedanke an die Szene war genug, um ihn rot sehen zu lassen.
Jon konnte sich nicht daran erinnern, daß er jemals auf eine der Frauen, mit denen er geschlafen hatte, eifersüchtig gewesen war. Und es gab nur eine Erklärung dafür. Eifersucht ging mit Liebe einher. Er spielte mit dem Gedanken, daß er vielleicht wirklich in diese kleine, goldhaarige Hexe verliebt war, ließ ihn dann aber wieder fallen, weil er ihm lächerlich erschien. Gegen diese Torheiten war er immun. Das hatte er in seinem Leben ein für allemal gelernt. Auch wenn sie ohne Zweifel schöner und zarter als die meisten Frauen war, gab es keinen Grund, seine hart erlernten Lebensweisheiten fallenzulassen. Oder doch?
Er wendete diesen Gedanken hin und her. War es möglich, daß diese gewaltige, besitzergreifende Haltung, die er ihr gegenüber einnahm, ihre Wurzeln in einem sanfteren Gefühl hatte? Jon verwarf die Idee schnell wieder, kam dann jedoch darauf zurück. Wenn er ehrlich zu sich selbst war, mußte er es zugeben: er war bis über beide Ohren in ein siebzehnjähriges Mädchen verliebt. Das kleinste Lächeln von ihr ließ sein Herz schneller schlagen.
Jon drehte sich auf den Rücken und starrte blicklos in den klaren Himmel, um diese unerwartet heikle und neue Lage der Dinge von allen Seiten zu betrachten. Vom ersten Moment an, als er diese kleine Schönheit gesehen hatte, war er verloren gewesen. Sie sah aus wie eine kleine Wildkatze, mit diesen wilden, goldenen Haaren und ihren intensiven, blitzenden Augen. Er hatte sie über alles begehrt und hatte sich auch genommen, was er wollte. Und hiermit sollte es eigentlich genug sein. Aber als sie ihn mit solcher Courage herausgefordert hatte, war sein Begehren noch tiefer geworden und hatte sich mit Bewunderung gemischt. Sie war eben keine verschüchterte Frau, die sich schon durch ein paar Schläge von einem furchteinflößenden Mann erschrecken ließ. Statt dessen hatte er eine Frau gefunden, die feurig und voller Leidenschaft war und schnell gelernt hatte, ihn zu besiegen, Kuß für Kuß und Schlag für Schlag.
Jons Gedanken wanderten weiter. O Gott, sie hatte ihm in dieser Nacht in Cadiz eine so furchtbare Angst eingeflößt, als er bemerkte, daß sie in die Stadt geflüchtet war. Bei dem Gedanken an die Gefahren, die in dieser nichtswürdigen Stadt auf sie warteten, war er fast verrückt geworden! Und als er dann in den >Red Dog< gekommen war und sie dort entdeckt hatte: ihre Augen weit vor Furcht und Scham und ihre liebenswerten Brüste nackt für jedermanns Blicke! Die Wut war in ihm explodiert wie eine Bombe. Er hätte am liebsten sofort alle anwesenden Männer umgebracht, aber er hatte sich zurückgehalten, bis sie in Sicherheit war. Er hatte sich geschworen, daß der Mann, der es wagte, sie zu berühren, sterben mußte - und er hatte sein Versprechen gehalten.
Er mußte sie damals schon, ohne es zu wissen freilich, geliebt haben, dachte er. Die Frage war: Liebte sie ihn? Sie mochte ihn, das wußte er. Und manchmal, wenn er sie so lange liebte, bis sie in zitternder Ekstase war, mochte sie ihn nicht nur. Aber er hatte viele Frauen befriedigt und wußte, wie wenig ihre leidenschaftliche Bewunderung zu bedeuten hatte. Sein Stolz hielt ihn davon ab, ihr seine Liebe offen zu gestehen, ohne sich vorher ihrer eigenen
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