Hale 2 Freibeuter des Herzens
das leid? « fragte sie stichelnd. Er begriff, daß sie ihn damit zu einem Eingeständnis bringen wollte.
»Ja«, erwiderte er langsam. »Weißt du, ich komme mit Virginia noch nicht so ganz allein klar. «
»O du, du...! « rief Cathy aus und rupfte spielerisch an seinem Haar.
Während der nächsten Wochen wachte Jon über sie wie eine Glucke über ihre Küken und führte sich fürchterlich auf, wenn sie irgend etwas unternahm/ was sie seiner Meinung nach zu sehr strapazierte. Wenn es nach ihm ging, dachte Cathy verärgert, würde ich den Rest meines Lebens im Liegen, im Schatten verbringen. Ohne auf ihn zu hören - zumindest, wenn
er nicht anwesend war - begann sie mit täglichen Spaziergängen am Strand, wobei sie Virginia mit sich trug. Allmählich begann sie, regelmäßig nachmittags zu schwimmen. Er hatte ihr zwar klar und deutlich verboten, ohne ihn zu schwimmen, aber sie ging nach dem Prinzip: was er nicht weiß, macht ihn nicht heiß. Und während er sich auf Nahrungssuche begab oder die Insel erforschte, machte Cathy was sie wollte.
Die langen Tage voller Sonnenschein und das herrliche Wetter wirkten Wunder für ihre Gesundheit, ging es Cathy eines Nachmittags durch den Kopf, als sie mit Virginia am Strand lag. Das Mädchen lutschte zufrieden an ihrem Zeh, eine Angewohnheit, von der sie nicht loszubringen war, während Cathy lachend den Anstrengungen zweier Landkrebse zusah, wie sie wie ein Paar Krieger um ein Stück Fisch kämpften. Jon hatte an diesem Tag beschlossen, hier in der Bucht sein Glück beim Fischfang zu versuchen und stand etwa fünfzehn Meter entfernt von ihr schenkeltief im Wasser, wo er, das Messer im Mund, auf eine Gelegenheit wartete. Zuvor hatte er vor Cathy angegeben, wie er die glitschigen Dinger mit bloßen Händen fangen konnte, und als Cathy ihm belustigt zugezwinkert hatte, bot er sich an, es ihr zu zeigen. Nun stand er bereits seit einer halben Stunde dort draußen, war klatschnaß, fluchte und hatte noch immer nichts gefangen. Cathy hätte am liebsten laut gelacht, aber das würde ihn möglicherweise verärgern. Er hatte ihr bereits einige finstere Blicke zugeworfen, worauf sie ihn völlig unschuldig angesehen hatte.
»Vielleicht sind die Fische alle ertrunken«, rief sie ihm frech zu und grinste. Er sah sie nur abfällig über die Schulter an, und Cathy lachte. Sie stand auf, nahm Virginia auf den Arm und lief in Richtung ihres Unterstandes.
»Wohin gehst du? « verlangte er sofort zu wissen.
»Zuerst werde ich Virginia hinlegen, damit sie ihren Mittagsschlaf halten kann. Dann suche ich nach ein paar Möweneiern, damit wir etwas zum Abendessen haben. Bei deinen Fischereikünsten werden wir sonst noch verhungern. «
»Hexe! « erwiderte er, machte auf einmal kehrt und kam mit großen Schritten auf sie zu. »Ich werde dich lehren, mir Respekt zu erweisen! «
Cathys blaue Augen weiteten sich, als er auf sie zukam, jedoch nicht wegen seiner Worte. Er war aus dem Wasser gekommen und marschierte auf sie zu, seine dunkelbraunen Füße auf dem weißen Sand. Sie war nicht die einzige, die diesen Kontrast bemerkte. Offensichtlich hatte auch die größere der beiden Krabben das gleiche bemerkt...
»Autsch! « heulte Jon und sprang hoch. Seine Hände klammerten sich um seinen Fuß. Ein Tropfen roten Blutes quoll aus seinem großen Zeh. Er starrte ihn so erschrocken an, daß Cathy in einen Lachkrampf verfiel. Sie ließ sich in den Sand plumpsen und wiegte ihren Oberkörper lachend vor und zurück. Jon sah sie fassungslos an, was ihre Heiterkeit noch verstärkte. Unfähig zu sprechen, deutete sie auf die sich entfernende Krabbe.
»Verdammtes Biest! « murmelt Jon und sah zu, wie die Krabbe in einem Loch im Sand verschwand. Dann fiel sein Blick wieder auf Cathy.
»Das ist also lustig, was? « grollte er und kam auf sie zu. Sein Humpeln ließ ihr vor Lachen Tränen in die Augen steigen. Hilflos blieb sie sitzen, um über sich ergehen zu lassen, was er sich als Strafe ausdachte. Er baute sich bedrohlich vor ihr auf, aber immer noch konnte sie ihr Kichern nicht unterdrücken.
»Ich wette, du hast das Ganze geplant«, beschuldig
- te er sie und mußte selbst dabei lächeln. »Du brauchst eine Lektion, mein Schatz! «
Damit packte er sie an den Unterarmen und riß sie hoch. Cathy hielt Virginia verzweifelt fest, daß sie ihr nicht aus den Armen glitt. Trotzdem mußte sie noch immer weiterlachen.
»Paß auf - Virginia«, rief sie warnend aus, als er sie gegen seine Brust preßte und
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