Hale 2 Freibeuter des Herzens
konnte, war, ein völlig neues Leben zu beginnen; vorzugsweise ein Leben, in dem Männer keine Rolle spielten!
Sie wollte gerade die Kabine verlassen, da klopfte es an die Tür. Mit Virginia im Arm ging sie, um zu öffnen. Vermutlich war es Captain Davis, der sie fragen wollte, wann sie das Schiff verlassen wollte. Jon konnte es nicht sein. Anklopfen gehörte nicht zu seinen Angewohnheiten!
Als Cathy die Tür öffnete, blieb sie fassungslos stehen. »Guten Morgen, Cathy«, sagte Harold betont freundlich, und sein Gesicht war immer noch so häßlich wie beim letztenmal. »Was tust du hier? « stieß sie aus und machte keinerlei Anstalten, ihn hereinzulassen.
»Ich habe letzte Nacht einen sehr interessanten Besucher empfangen - oder sollte ich sagen, heute morgen? « antwortete Harold, der die Situation offensichtlich genoß. »Es war dein Pirat, genau gesagt. Zunächst hatte ich Angst um mein Leben und dachte, er wollte dich zur Witwe machen, aber er versicherte mir, daß ihm dieser Gedanke fern lag! «
»Ich nehme an, du willst auf etwas Bestimmtes hinaus? « fragte Cathy bissig, als er eine effektvolle Pause machte.
»Spricht man denn so mit seinem Ehegatten, den man so lange nicht gesehen hat? « schalt er sie, und seine kleinen Augen blitzten böse. »Ja, ich will auf etwas hinaus: dein Pirat ist zu mir gekommen, um ein Abkommen mit mir zu treffen. Er sagte, er würde mir gerne meine Frau und meine Tochter überlassen«, hier lachte Harold und warf Virginia einen schrägen Blick zu, »wenn ich ihm dafür seinen Sohn überließe! «
Kapitel 17
Als das große Schiff im Hafen von Charleston einlief, hatte sich Cathys Wut in kalten Haß verwandelt. Es war etwas länger als drei Monate her, seit Jon sie auf der Victoria zurückgelassen und mit Cray das nächste Schiff nach Amerika genommen hatte. Zwar hatte sie kaum Zweifel daran gehabt, wohin Jon mit Cray verschwunden war, aber sie hatte trotzdem Nachforschungen anstellen lassen. Nachdem sie nicht mehr Jons Frau war, konnte sie über ihren Treuhandfonds verfügen, ohne Jon zu fragen, und sie hatte sich geschworen, daß sie Cray zurückholen würde, und wenn es sie ihren letzten Penny kosten sollte.
Das einzige, was ihre Wut etwas beschwichtigt hatte, war die Tatsache, daß Jon zumindest soviel Anstand besessen hatte, Martha mit sich zu nehmen. Sie konnte sich zwar nicht vorstellen, mit welchen Worten er sie dazu gebracht hatte, daß er Cray mitnehmen konnte, aber vermutlich hatte er einfach Cray gepackt und mitgenommen, und es ihr überlassen, ob sie ihm folgte oder nicht. Und Martha würde Cray nie im Stich lassen. Cathy tröstete sich, so gut es ging, mit dem Gedanken, daß es Cray zumindest gut ging, und hoffte, daß er sie nicht zu sehr vermißte. Aber das tat er vermutlich auch nicht, denn sie war schon viel zu lange von ihm fort, und er hatte schon immer Jon vergöttert. Mit Martha, die sich um den Jungen kümmerte, ging es ihm vermutlich so gut, daß er sie nicht im geringsten vermißte. Eigentlich hätte es sie trösten sollen, das tat es aber nicht.
Mit Harold war sie seltsamerweise schnell fertig geworden. Er war an Bord der Victoria gekommen, um sie einzuschüchtern, damit sie zu ihm als seine Frau zurückkehrte und das Leben führte, das er sich für sie beide ausgemalt hatte. Die Frau, die sich mit solcher Wut und Energie auf ihn stürzte, erschreckte ihn sichtlich. Fassungslos hatte er ihr gedroht, sogar mit physischer Gewalt versucht, sie in ihre Schranken zu verweisen, aber Cathy hatte sich ihm erfolgreich widersetzt und sich sogar geweigert, mit ihm zu Tante Elizabeths Haus mitzukommen, um über alles zu reden. Als er sah, daß er keine Chance hatte, sie dazu zu bringen, mit ihm zu leben, hatte Harold seine Taktik geändert. Er jammerte ihr vor, daß es ihre Pflicht als Ehefrau war, ihn zu unterstützen, denn er sei schließlich ihr gesetzlicher Ehemann. Cathy hatte ihn ausgelacht. Nicht mehr lange, hatte sie ihm versprochen.
Ihr Vater, der sich inzwischen erholt hatte und mit Hilfe eines Stockes bereits wieder laufen konnte, war ihr bei der Annullierung der Ehe eine große Hilfe. Harold hatte sich zunächst geweigert, eine eidesstattliche Erklärung abzugeben, die hierfür notwendig war, aber nachdem ihm eine beträchtliche Entschädigung versprochen wurde, ließ er sich sehr schnell bekehren. Danach benötigte sie nur noch die schriftlichen Aussagen einiger Besatzungsmitglieder der Tamarind, die inzwischen wieder in England war. Sie
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