Hale 2 Freibeuter des Herzens
hochgehoben, auf seinen kleien Hintern geschlagen, und der Junge hatte geschrien. Das mußte er jetzt auch tun - mit diesem kleinen Mädchen, dachte er, als er das neugeborene Kind zum erstenmal richtig ansah. Aber zunächst mußte er die Nabelschnur abtrennen. Er legte das Neugeborene etwas unbeholfen auf sein Bein und zog sein Messer aus dem Gürtel. Als er es herausgezogen hatte, sah er es stirnrunzelnd an. Er mußte es so gut es ging sterilisieren... Vorsichtig goß er etwas Whisky darüber und sah die Flasche anschließend sehnsüchtig an. Aber es war nicht mehr viel da, und vielleicht brauchte er ihn noch für Cathy. Er stellte die Flasche beiseite und durchtrennte die Nabelschnur. Dann verknotete er die beiden Enden, hob das Kind an den Beinen hoch und verabreichte dem kleinen Hinterteil mit schlechtem Gewissen einen Klaps. Zu seiner Erleichterung und Überraschung, öffnete das kleine Mädchen seinen runzeligen Mund und begann zu weinen.
Als Cathy die Augen wieder öffnete, war es bereits Abend. Sie bewegte sich, hob den Kopf und sah Jon, nicht weit von ihr entfernt. Er saß mit gekreuzten Beinen auf dem Boden des Bootes, wiegte sich vorwärts und rückwärts, und seltsame Geräusche schienen aus seiner Kehle zu kommen. Sie starrte ihn an. Was, um alles in der Welt, machte er da? Dann sah sie das winzige Bündel, das er in seinen Armen hielt, und die Erinnerung kehrte zurück. Ihr Baby! Mit einem leisen Freudenruf streckte sie die Arme nach ihrem Kind aus. Beim Klang ihrer Stimme sah Jon auf und lächelte.
»Du hast eine Tochter«, sagte er und legte ihr das Kind in die Arme. Cathy starrte glücklich das runzelige, kleine Wesen an.
»Eine Tochter«, hauchte sie. Dann sah sie ihn an, und ihre Stirn legte sich in Falten. » Wir haben eine Tochter«, korrigierte sie ihn.
Jon sah in ihre blauen Augen.
»Wir haben eine Tochter«, stimmte er ihr ausdruckslos zu.
Erlöst richtete sich Cathys ganze Aufmerksamkeit wieder auf das Kind in ihren Armen. Jon hatte es gewaschen, und es wirkte sauber und unschuldig. Er hatte das Kind in ein Stück Stoff gewickelt, das er aus
seiner Hose gerissen hatte und Cathy mußte lächeln. Wenn er so weiter machte, würde er bald nackt vor ihr sitzen..
das Baby war offensichtlich kerngesund, hatte zehn Finger und zehn Zehen. Kleine Löckchen rötlichen Haars bedeckten seinen Kopf. In Cathys Augen war es wunderschön, und sie lächelte, als sie Jon ansah, um ihm das zu sagen.
»Sie ist gesund«, sagte sie glücklich, und Jon lächelte zurück.
»Ich weiß«, sagte er.
Als sie so dasaßen und sich wie Kinder anlächelten, verspürte sie wieder unsägliche Liebe für ihn. Er hatte seine Fehler, aber wer hatte die nicht? Wieviele Männer hätten sie wohl sicher von dem brennenden Schiff gerettet und anschließend Geburtshilfe geleistet; und das alles innerhalb von achtundvierzig Stunden? Nicht viele. Die meisten Männer, die sie kannte, wären vermutlich völlig hilflos gewesen. Jon war ein Mann, auf den man sich verlassen konnte.
Sie öffnete den Mund, um ihm das zu sagen, da wurde sie von einem leisen Wimmern abgelenkt. Cathy starrte verzaubert in ein Paar Augen, die so blau waren, wie die ihren.
»Sie hat Hunger«, sagte Jon, als sich das Wimmern in ein Schreien verwandelte.
»Ja«, meinte Cathy und spürte, wie sie rot wurde, als sie die Decke aufschlug, in die Jon sie offensichtlich nach der Geburt gewickelt hatte. Darunter war sie völlig nackt. Es war lächerlich, sich zu schämen, sagte |sie sich, als sie das Kind an ihrer Brust anlegte. Aber als sie ihn ansah, und bemerkte, wie er mit einem unergründlichen Gesichtsausdruck auf das Baby an ihrer Brust starrte, errötete sie noch mehr. Jon bemerkte es und wendete taktvoll den Blick ab.
Als er wieder zu ihnen hinübersah, schliefen Cathy und das Baby. Das Kind lag in ihren Armen, und beide waren fest in die Decke eingewickelt. Jon, der kein Hemd mehr trug, fröstelte es in der zunehmenden Kühle der Nacht. Er hoffte, die Decke würde ausreichen, die beiden zu wärmen.
Er ruderte die ganze Nacht hindurch, ohne sich von der Erschöpfung übermannen zu lassen. Cathy und das Kind - er hatte noch immer Zweifel bezüglich der Vaterschaft; das rötliche Haar war ihm nicht entgangen - ihr Leben hing allein von ihm ab. Er würde sie sicher ans Ziel bringen, oder bei dem Versuch dazu sterben.
Erst gegen Morgen konnte er nicht mehr, machte es sich so gut es ging neben Cathy bequem, um etwas von ihrer Körperwärme zu
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