Hallo Doktor
Brooke so krank war. Man verbringt so viel Zeit damit, sich Sorgen zu machen und sich zu fragen, was man tun kann …” Michelle runzelte die Stirn. „Du liebe Zeit, ich klinge schrecklich selbstsüchtig.”
„Nein, es ist nicht selbstsüchtig. Du hast schließlich ein Recht dazu, besorgt zu sein.”
„Jetzt mache ich mir keine Sorgen. Ich bin sicher, alles geht gut.” Michelle merkte selbst, wie falsch das klang. Sie bemühte sich, diese Lüge hinter einem Lächeln zu verstecken.
„Hast du schon überlegt, mit Brooke darüber zu sprechen? Ihr zu sagen, wie dir tatsächlich zu Mute ist? Vielleicht fühlst du dich danach gleich besser.”
„Wirklich, Cassie, es geht mir gut. Ich fühle mich schon viel besser, nachdem ich mit dir gesprochen habe. Danke, dass ich es mal rauslassen konnte.”
Cassie wirkte skeptisch. „Na schön. Aber wenn du reden willst, weißt du ja, wo du mich findest. Außerdem müssen wir abends mal in die Stadt. Ich treffe mich momentan mit überhaupt niemandem mehr. Und du?”
Sofort dachte Michelle an Nick. Das zählte natürlich nicht. Sie hatten ja noch kein Date gehabt. Allerdings hatten sie sich schon geküsst.
Der Himmel möge ihr beistehen, sie konnte die Lippen dieses Mannes nicht vergessen.
„Nein, ich treffe mich auch mit niemandem. Ruf mich nächste Woche an. Diese Anzeigenkampagne neigt sich allmählich dem Ende zu, und vielleicht bekomme ich dann ein paar Tage Verschnaufpause.”
„Großartig. Jetzt muss ich wieder an die Arbeit. Bis zum Feierabend habe ich noch einen ganzen Stapel Fälle zu bearbeiten.” Cassie stand auf und musterte Michelle noch einmal.
„Bist du sicher, dass mit dir alles in Ordnung ist? Du bist schrecklich blass.”
Vermutlich weil ihr dank ihrer Fantasien von Nick Kempner unglaublich warm war. Sie konnte etwas Wasser aus dem Kühlschrank gebrauchen. Und ausgiebigen Schlaf. Da der Mittag ge rade erst vorüber war, würde sie sich mit dem Wasser begnügen müssen. „Mir geht’s gut”, versicherte sie noch einmal, als sie aufstand. Und plötzlich erkannte sie, dass es ihr überhaupt nicht gut ging.
Der Raum begann sich zu drehen, Farben explodierten vor ihren Augen, und im nächsten Moment geriet alles durcheinander, und es wurde dunkel.
„Das war nicht die Art und Weise, wie ich mir vorgestellt habe, dich ins Bett zu bekommen.”
Michelle zwang sich, aus ihrem unwirklichen Traum zu erwachen. Sie schlug die Augen auf und betrachtete Nicks Gesicht, sein Kinngrübchen, den besorgten Ausdruck in seinen Augen, den er mit einem schiefen Lächeln zu überspielen versuchte.
Michelle schaute sich um. Sie befand sich in einem sterilen Raum, in den ma n durch einen Vorhang gelangte. Die Matratze unter ihr war hart und klein, und es roch penetrant nach Krankenhaus.
Als Michelle an sich herunterschaute, erkannte sie plötzlich, dass ihr Rock bis zur Mitte der Oberschenkel hinaufgeschoben war. Und Nick Kempner war Zeuge ihres zerzausten Zustandes.
Das war tatsächlich kein Traum mehr. Eher ein Albtraum.
Mühsam hob sie die Hände ans Gesicht. Ihre Glieder fühlten sich unglaublich schwer an.
Sie war noch immer benebelt, aber bruchstückhaft erinnerte sie sich daran, eilig irgendwohin geschoben worden zu sein. „Macht es dir etwas aus, mir zu verraten, was hier vorgeht?”
Sie fühlte, wie die Matratze unter seinem Gewicht nachgab, als er sich auf die Bettkante setzte. „Du bist im Büro ohnmächtig geworden. Eine Sozialarbeiterin fing dich auf, nachdem du mit deinem Schreibtisch auf Tuchfühlung gegangen bist.”
Michelle ließ die Arme sinken. „Cassie hat mich aufgefangen? Das ist unmöglich. Sie ist fünfzehn Zentimeter kleiner als ich.”
„Offenbar ist es ihr trotzdem gelungen. Du kannst dich bei ihr bedanken, wenn du sie das nächste Mal siehst.”
Nick stand auf und warf eine Decke über ihre Beine. Damit war ihre Würde wenigstens zum Teil wieder hergestellt. Dann setzte er sich erneut auf die Bettkante. „Erinnerst du dich daran, was passiert ist?”
Michelle versuchte angestrengt, sich an die Minuten vor ihrer Bewusstlosigkeit zu erinnern. „Ich stand. Der Rest ist verschwommen.”
„Du erinnerst dich nicht mehr, wie du gefallen bist?”
„Nicht richtig.” Momentan nahm sie ohnehin alles nur undeut lich wahr. Daran, dass Nick ein orthopädischer Chirurg war und kein Unfallarzt, erinnerte sie sich allerdings noch ganz genau. „Was machst du eigentlich hier?”
„Zufällig war ich nebenan und behandelte einen
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