Hallo, Fräulein!: Winterzauber (German Edition)
fragen, mit wem ich das Vergnügen habe?«
»Ich bin Frau Polzack. Kann ich nun etwas ausrichten, Frau Parker oder nicht?«, will sie gestresst wissen.
»Nein, vielen Dank! Ich versuche es einfach später noch einmal. Auf Wiederhören!«
Wer zum Teufel war denn das!? Francesco hat in unseren Gesprächen nie eine Sekretärin erwähnt, da bin ich mir sicher.
Und das war doch bestimmt seine Sekretärin, oder? Nun, wer sollte sie denn sonst sein?
Aber warum arbeitet sie am Sonntag? Seine Firma hat doch bestimmt auch ganz alltägliche Bürozeiten, oder?
Ich bin zugegeben, leicht verunsichert. Immerhin wollte er tags zuvor nicht mit mir schlafen! Nun gut, er behauptet, dass er es langsam angehen will, aber er ist schließlich ein Mann und bei neunundneunzigkomma-neun Prozent dieser Spezies fällt das Hirn in sexuell aufreizenden und provokanten Situationen (wie jene gestern im Badezimmer!) stets einen Stock tiefer.
· Hat er vielleicht irgendein dunkles Geheimnis gebunkert, wovon ich nichts wissen darf?
· Wie kann er seine virilen Bedürfnisse einfach so derart gelassen hinten anstellen?
· Kann er sich und seinen doch sicherlich ab und an willigen Körper wirklich so gut zügeln?
Nun, gut! Ich werde einfach später noch einmal bei ihm durchklingeln und ihn unverhohlen nach Frau Polzack fragen. Man sollte eine jungfräuliche Beziehung (wir haben doch nun eine solche oder kann man erst von einer legitimen Beziehung sprechen, wenn man miteinander intim ist?) schließlich nicht mit disharmonierendem Misstrauen beginnen. Es wird sich im Laufe des Gesprächs zweifellos alles in Wohlgefallen auflösen, da bin ich mir sicher. Ich sollte ihm dinglich mehr Vertrauen entgegenbringen! Obwohl ich mit diesem Leitgedanken schon einmal gewaltig auf die Nase gefallen bin! Ich habe mich anno dazumal mit einer mathematischen Gleichung befasst, die wie folgt lautet:
Gutheit = Blödheit!
... aber auch in diesem Fall gilt: Ich bin lernfähig! Nun, Francesco stellt sich doch bislang als äußerst galanter und liebenswerter Gentleman dar. (Ich kann doch nicht alle Männer in ein und denselben Topf werfen; ich muss wirklich toleranter werden und dabei die eingedrillten Vorbehalte beharrlich abbauen!)
Ach, wie sehr wünschte ich mir nun eine Fotografie von Francesco. Ein spontan festgehaltener Schnappschuss meines Lovers würde beim nun angestrebten Skepsisabbau immens hilfreich sein. Da kommt mir eine dementsprechende Idee: Ich schaue einfach auf seiner Homepage nach. Wenn ich Glück habe, dann grinst mir mein tadelloser Ritter auf irgendeiner Firmenseite entgegen, und wenn mich mein Glück noch holder anlächelt, dann posiert auf einem der Bilder sogar sein ganzer Mitarbeiterstab ... ich darf Frau Polzack schließlich nicht ganz außer Acht lassen! Sehr gute Idee!
Die Stadt ist heute in eine tiefhängende Nebelsuppe eingehüllt und das Wetter lädt durch diesen betrüblichen Umstand nicht gerade zum Verweilen im Freien ein. Ich muss meine zuweilen boykottierten Gedanken aber – Nebelsuppe hin oder her - dringlich mit jemand austauchen, der vollständig liebesnüchtern ist beziehungsweise dem der Kosmos nicht gerade im rosaroten Outfit erscheint. Ich treffe rasch meine Wahl und rufe Caro an, vielleicht hat sie ja Zeit für ein rationales Beratungsgespräch.
Ja, sie hat! Zum Glück will mir Caro einen Besuch abstatten, somit kann ich dem grauenhaften Nebelschleier gelassen meine wohlig warme Schulter zeigen. Ätsch!
Caro hat ihre Ankunft in drei Stunden angekündigt. Ich nutze die Überbrückungszeit um Staub zu saugen und um einige lieb gewonnene, nostalgische Mitbringsel aus unseren Urlaubsreisen zu entstauben, damit sie uns wieder an ihre glanzvolle Schöpfung in fernen Ländern erinnern können.
Nach getaner Hausarbeit kühle ich für meinen angemeldeten Gast und meine fleißige Wenigkeit eine bekömmliche Flasche Welschriesling ein. (Ich musste zuvor mit Entsetzen feststellen, dass, falls irgendwann ein Überraschungsbesuch auftauchen sollte, im gastlichen Haushalt der Nike/Amelie-WG kein Proviant eingekühlt ist! - Zu meiner Vorsatzliste kommt demnach hinzu: Punkt 5 ... immer auf den Kühlschrank und seine alkoholischen Reserven achten!)
An dieser Stelle kommt mir ein weiterer Gedanke: Vielleicht sollte sich Francesco vor unserem nächsten Date ein bisschen Mut antrinken (aber nicht zu viel, ansonsten wäre es ein Schuss nach hinten).
Nach diesem abstrusen Gedankenkreisel bestelle ich mir
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