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Halloween

Halloween

Titel: Halloween Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stewart O'Nan
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anderen, holpern zum Eingang, ignorieren die Stoppschilder und die markierten Parkplätze und lassen den Explorer im Leerlauf schräg aufeinem Behindertenparkplatz stehen. Nein, kein Wagen, sie sind bloß wegen einer Sache hier, gierig wie Junkies, ausgehungert wie die Untoten.
    Wie alle anständigen Monster sind sie unersättlich. Sie brauchen Süßigkeiten, aber die richtige Sorte – keine Zagnuts oder Mallo Cups. Die Regale sind geplündert, ausgeräumt bis aufs blanke Metall. Der Boden ist von ihren Fußabdrücken gefährlich glatt, und Tim soll wischen und die gelben Pylone aufstellen.
    Hier unter den trüben, unermüdlichen Neonlampen, in seiner hässlichen kieferngrünen Uniform, fühlt er sich sicher. Der Laden ist leer, und Kyle ist mit der Pappe in der Flaschenabteilung beschäftigt, zerreißt die Kartons für die Recyclingleute. Tim schwingt den Mopp von einer Seite zur anderen, wie bei der Navy, und hinterlässt elegante Wirbel, schnellt den schweren Wischkopf nach jedem Zug durch die Luft, spült ihn ab und drückt ihn in der Presse aus. Seine Mom sagt immer, er beherrscht das so gut, dass er es auch zu Hause tun sollte, ein Scherz, den er als Kompliment auffasst. (Sie macht gerade das Abendessen, führt Selbstgespräche, während sie die klumpige Pasta in der Mikrowelle aufwärmt und das Feinkostfach nach dem Stück Parmesan durchwühlt.)
    Immer wenn er fast fertig ist, kommt jemand, der den nassen Fußboden betreten muss – irgendein Familienvater («Tut mir Leid»), auf Zehenspitzen, als ob das was ändern würde. Tim geht nochmal über die Stelle und wischt dann alles trocken, und als er fertig ist, trocknen die Fliesen in überlappenden Streifen. Er lässt die Pylone stehen, denn er weiß, dass er wiederkommt, rollt den Eimer weg und benutzt den Mopp zum Lenken.
    Die Regale sind so hoch, dass sie die Uhr verdecken, aber die Zeit verstreicht, die Sekunden verrinnen wie am Ende eines Spiels, eine Selbstzerstörungssequenz. Alles, was er tut, bringt ihn näher zu uns – zu Danielle, deren Gesicht vom Skiausflug unter seinem Kittel in der Jeanstasche steckt. (Das bin nicht ich, sagt Danielle;es ist bloß ein Foto.) Ist es möglich, dass niemand ihn aufhält? Er kann es kaum glauben, ist außer Rand und Band und dann wieder total ruhig, als wäre es ein ganz normaler Arbeitstag.
    Er fragt Darryl, was als Nächstes dran ist. Normalerweise würden sie Tüten packen, aber der Laden ist wie ausgestorben, ein paar Typen vor den Bierregalen, Leute, die Zigaretten brauchen; die Expressschlange ist gleich bleibend, das spastische Piepen des Scanners die einzige Abwechslung zu der fröhlichen Berieselungsmusik.
    «Du kannst Joghurt einräumen», sagt Darryl. Danach kommt ein Wagen Pop-Tarts, schwere Gläser Mixed Pickles, die vom Lastwagen noch ganz kalt sind. Tim lässt fast eins fallen und drückt es mit der Hüfte gegen den Rand der Speck-und Hot-Dog-Kühltruhe. «Große Rettungstat», sagt er.
    Kyle ist in der Flaschenabteilung fertig, und sie fangen an, alles ordentlich einzusortieren, was Kyle erstaunlich gut kann, er stellt die Dosen und Schachteln nach den Bildern auf der Vorderseite zusammen. Das Einzige, was er nicht hinkriegt, sind Suppen. (Der echte Kyle hilft nicht, steht bloß in den Kleidern, die er damals getragen hat, wie ein Revolverheld am Ende des Gangs. Eine ältere Frau geht durch ihn durch und bleibt stehen, als hätte sie was vergessen, geht dann weiter.
    Danielle bleibt nah bei Tim, beugt sich vor, als würde sie horchen, berührt ihn am Rücken, während er arbeitet. Toe ist bereit, aufzubrechen, müde von der ständigen Warterei. Ich nicht. Ich würde am liebsten durch den Laden streifen und alles anfassen, allen Leuten nach Hause folgen. Ich wäre am liebsten einer der Untoten.)
    Einsortieren – das ist die langweiligste Arbeit der Welt und nimmt Kyle total in Anspruch. Sein kaputtes, zusammengeflicktes Gesicht ist voll konzentriert, während er eine Reihe widerlicher Dosen mit Käsenudeln aufstellt. Tim ist mit den Spaghetti-Os und Beefaroni beschäftigt und fragt sich, was wohl in KylesKopf vorgeht. Was weiß er, woran erinnert er sich? Vielleicht ist es einfacher. Würde es Tim gut gehen, wenn er sich nicht an uns erinnern könnte? Das Leben würde einfach weitergehen. Er würde aufwachen und nichts merken; es würde bloß immer wieder von neuem passieren, wie in
Und täglich grüßt das Murmeltier
. So könnte er leben. Beim Einsortieren hat er sich immer Spiele ausgedacht –

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