Hals über Kopf: 9. Fall mit Tempe Brennan
»Dunkel. Groß. Viertürer. Wo soll das Katzenklo hin?«
Ich deutete zur Abstellkammer. Pete verschwand mit den Katzenutensilien.
Verwirrt fing ich an, die Eier zu verquirlen. Wer würde sich so früh an einem Sonntagmorgen schon hierher verirren?
»Wahrscheinlich irgendein Tourist auf der Suche nach seinem Strandhaus.« Pete löffelte gemahlenen Kaffee in die Maschine. »Viele von diesen Dingern werden von Sonntag auf Sonntag vermietet.«
»Aber man kann nie vor Mittag einchecken.« Ich zog das Brot aus dem Toaster und steckte zwei neue Scheiben hinein.
»Okay. Jemand, der wieder abreist. Und angehalten hat, um sein Navigationssystem zu programmieren, bevor er nach Toledo düst.«
Ich gab Pete Platzdeckchen und Besteck. Er deckte den Tisch und setzte sich.
Boyd trottete zu Pete und legte ihm die Schnauze aufs Knie. Mein Ex-Mann kraulte den Chow hinterm Ohr.
»Das Exkursionsseminar ist also vorbei? Hast du vor, heute an den Strand zu gehen?«
Ich erzählte Pete von dem Skelett auf Dewees.
»Im Ernst?«
Ich goss Kaffee ein, reichte Pete einen Teller und setzte mich dann ihm gegenüber. Boyd wechselte von Petes Knie zu meinem.
»Weiß, männlich, in den Vierzigern. Bis jetzt kein Hinweis auf ein Verbrechen.«
»Außer, dass der Kerl heimlich verscharrt wurde.«
»Bis auf das, ja. Erinnerst du dich noch an Emma Rousseau?«
Pete hörte auf zu kauen. Er hob die Gabel. »Lange, braune Haare. Eine Oberweite, die einem –«
»Sie ist jetzt Coroner des Charleston County. Am Montag wird sich ein Dentist die Zähne des Unbekannten vornehmen, und dann schickt Emma seine wesentlichen Merkmale durchs NCIC.«
Boyd schnaubte und klopfte mit der Schnauze auf mein Knie, um mir zu zeigen, dass er noch da war. Und an Eiern interessiert.
»Wie lange bleibst du noch hier unten?«
»Ich will Emma mit diesen Knochen helfen. Das heißt, ich bleibe so lange, wie es dauert. Der örtliche forensische Anthropologe ist nicht da. Erzähl mir von dieser Herron-Geschichte.«
»Der Mandant kam am Mittwoch zu mir. Patrick Bertolds Flynn. Seine Freunde nennen ihn Buck.«
Pete aß seine Eier auf.
»Verbiesterter kleiner Scheißer. Ich biete ihm Kaffee an, aber Flynn sagt mir, er benutze keine Stimulanzien. Hat sich aufgeführt, als hätte ich ihn auf ein paar Lines eingeladen.«
Pete schob den Teller weg. Als Boyd das Geräusch hörte, wechselte er wieder zu ihm. Pete gab dem Chow ein Toast-Dreieck.
»Allerdings eine Haltung, die einen Drill-Sergeant stolz gemacht hätte. Guter Augenkontakt.«
»Beeindruckende Charakteranalyse. Ist Flynn ein alter Mandant von dir?«
Pete schüttelte den Kopf. »Erst seit jetzt. Flynns Mutter ist Lettin. Dagnija Kalnins. Hat sich wegen der Stammeszugehörigkeit für mich entschieden.«
»Was wollte er?«
»Hat ewig gebraucht, um zur Sache zu kommen. Die ganze Zeit ging’s immer nur um die Bibel und die Benachteiligten und die christliche Verantwortung. Hab tatsächlich angefangen, Striche auf mein Klemmbrett zu machen, sooft ich die Wörter ›Verantwortung‹ oder ›Pflicht‹ hörte. Hab’s wieder aufgegeben, als ich bei einer Million war.«
Da ich nicht wusste, worauf das Ganze hinauslief, sagte ich nichts. Pete verstand mein Schweigen als Vorwurf.
»Flynn dachte, ich würde mir Notizen machen. Noch Kaffee gefällig?«
Ich nickte. Pete goss uns neu ein, setzte sich dann wieder und kippte seinen Stuhl nach hinten.
»Um die Sache abzukürzen: Flynn und ein paar seiner Bibelfreunde haben Herron und seine Gnadenkirche finanziell unterstützt. Seit einiger Zeit sind die Jungs ein wenig ernüchtert, weil ihrer Ansicht nach die Berichterstattung über die Verwendung der Gelder ziemlich zu wünschen übrig lässt.«
Pfoten patschten auf die Anrichte, dann auf den Boden.
Schlitternd rannte Birdie aus der Küche. Boyd nahm den Blick nicht von Petes Teller.
»Außerdem ist Flynns Tochter vor gut drei Jahren bei Herrons Organisation eingestiegen. Helene, so heißt sie, arbeitete in diversen Bedürftigenambulanzen, die der Reverend finanziert. Laut Flynn rief sie regelmäßig an und erzählte ihm, was für eine tolle Arbeit die GMC für die Armen leiste und wie befriedigend es sei, dabei mitzuhelfen.«
Pete blies in seinen Kaffee und trank einen Schluck.
»Dann wurde der Kontakt immer seltener. Wenn Helene einmal anrief, war sie immer frustriert und beklagte sich, dass die Ambulanz, in der sie gerade arbeitete, nie genug Material habe, dass die Instandhaltung miserabel sei, dass man
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