Hals über Kopf: 9. Fall mit Tempe Brennan
etwas Festes aus dem Tuch herausschlängelte.
»Cleopatras Schwanz«, sagte ich.
»Sind Sie sicher?«, fragte Gullet in meinem Rücken mit seiner monotonen Stimme.
»Schauen Sie sich die abwechselnd hellen und dunklen Streifen an. Ich kenne mich mit Katzen aus. Das ist die Zeichnung auf einem Katzenschwanz.«
»Da hol mich doch der Malefiz.«
Ich spähte über den Monitor hinweg zu Ryan hinüber. Er hob fast unmerklich die Augenbrauen. Ich kniff meine zusammen. Sag es nicht.
»Was hat es mit dieser Montague auf sich?«, fragte Gullet und betrachtete den gemusterten Kringel von Cleopatras Schwanz.
»Sie wissen, was wir wissen.« Ich klickte die restlichen Bilder an. »Haben Sie den Bruder schon gefunden?«
»Wir haben siebzehn Montagues im Innenstadtbereich gefunden, aber keinen auf Sullivan’s. Wir arbeiten die Liste ab. Mal angenommen, wir finden diesen Kerl, kann Miz Rousseau dann DNS von der Toten aus dem Fass extrahieren?«
»Ja.«
Gullet sagte nichts. Sprachlos, weil vom Malefiz geholt?
»Wer führt diese Ambulanz auf den Bildern, die ihr gerade betrachtet?«, fragte Ryan.
»Die God’s Mercy Church«, sagte ich.
»Ich meine von Tag zu Tag. Wer arbeitet vor Ort?«
Ich spürte, wie sich Gullet hinter mir Ryan zuwandte. »Verzeihen Sie, Sir, wie war Ihre Zugehörigkeit gleich wieder?«
»Lieutenant-détective, Gewaltverbrechen, Polizei der Provinz Quebec«, sagte Ryan.
Gullet schwieg einen Augenblick, als müsste er das erst verdauen. Dann: »Aha. Kanada.«
»Wir halten Wache für euch.«
Ich ging dazwischen.
»Ich arbeite in Montreal mit Detective Ryan zusammen. Er ist diese Woche zu Besuch in Charleston. Und ich dachte mir, wenn er schon hier ist, frage ich ihn nach seinen Überlegungen zu dieser ganzen Geschichte, nur für den Fall, dass ich etwas Offensichtliches übersehe.«
»Morddezernat?«, fragte Gullet Ryan.
»Ja«, erwiderte Ryan.
»Darf ich fragen, was Sie nach Charleston führt?«
»Habe ein wenig Zeit übrig. Dachte, ich schau mal vorbei, helfe Ihnen, Ihre Abteilung auf Vordermann zu bringen.«
Gullets Augen verengten sich um Haaresbreite. Die meinen deutlich mehr.
»Sie arbeiten schon lange im Morddezernat?«
»Ja, das tue ich.«
»Sie haben sich das freiwillig ausgesucht?«
»Ja, das habe ich.«
»Sie wissen auch, warum?«
»Ja, das tue ich.«
»Lieutenant Ryan gilt als einer der besten Mordermittler in ganz Quebec«, sagte ich. »Seine Ansichten könnten uns weiterhelfen. Bringen einen frischen Blickwinkel auf die Sache.«
Gullets Körpersprache zeigte mir, dass ihn das noch nicht überzeugte. Ich trug noch dicker auf.
»Ich habe erlebt, wie Detective Ryan Fälle löste, bei denen andere monatelang nicht vorankamen. Er hat die beinahe schon unheimliche Fähigkeit, Tatorte zu interpretieren und sich in das Denken von Straftätern hineinzuversetzen.«
»Miz Rousseau ist mit seiner Beteiligung einverstanden?«
»Ist sie.«
»O Mann, bald haben wir mehr Gäste als reguläres Personal.«
Schweigen machte sich breit. Ich wollte es eben brechen, als Gullet noch etwas sagte. An mich gewandt.
»Wenn er Mist baut, geht das auf Ihre Kappe. Und auf die des Coroners.«
»Ich vertraue ihm.«
»Ich werde Ihnen keinen Scheck unterschreiben, Sir. Ihre Beteiligung ist strikt inoffiziell.«
»Und äußerst diskret«, sagte Ryan. »Alle Mordfälle interessieren mich, Sheriff, und wenn ich helfen kann, ohne Ihnen in die Quere zu kommen, dann würde ich das gern tun.«
»Solange wir einander nur verstehen.« Gullet zeigte nicht den Anflug eines Gesichtsausdrucks. »Dann kommen Sie mal rüber, Detective. Und schauen Sie mit rein.«
Ryan stand auf und kam zu uns. Ich schaltete den Computer auf automatischen Bildwechsel. Gullet redete, während Ryan die Bilder betrachtete.
»Die Ambulanz ist an der Nassau. Der GMC gehört das Gebäude und die Einrichtung, sie sorgt für das Budget und heuert und feuert die Angestellten, hält sich ansonsten aber ziemlich heraus. Der Laden ist von Dienstag bis Samstag geöffnet, behandelt vorwiegend Erkältungen und kleinere Verletzungen. Ernstere Fälle werden an reguläre Krankenhäuser überwiesen. Das Personal ist ziemlich begrenzt, ein Vollzeitpfleger, ein Bereitschaftsarzt, eine Reinigungs- und eine Verwaltungskraft.«
»Namen?«
»Der Doktor heißt Marshall. Der Pfleger Daniels. Eine Frau namens Berry kümmert sich um den Papierkram und die Materialbeschaffung. Ein Kerl namens Towery putzt.«
Ich wollte eben eine Frage stellen, als
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