Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Halsabschneider. Kadir Bülbüls erster Fall

Halsabschneider. Kadir Bülbüls erster Fall

Titel: Halsabschneider. Kadir Bülbüls erster Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Louise Fu , Asmin Deniz
Vom Netzwerk:
geh ich vor dem großen abendlichen
Festbankett noch mal so durch die Stadt und entdecke ein wunderbares Café, die
herrlichsten Törtchen und Kuchen im Schaufenster, Himmel, der Belgier versteht
mit Schokolade umzugehen, das kann ich Ihnen flüstern. Schon mal dagewesen?
Nein? Ich also nix wie rein und vier Törtchen bestellt, so schmale,
geschichtete Dinger, aber so hoch wie der Turm zu Babel. Eine Wonne, sag ich
Ihnen, eine Wonne, auch wenn mir im Augenblick bei dem Gedanken an Marzipan und
Kirschgelee speiübel werden könnte … naja, also, ich wink dem Kellner und der bringt
mir eine Rechnung, bei der mir die Augen übergehen! Hallo, sag ich. Hallo? Für vier Törtchen siebzehnfuffzig? Also, sorry, ich bin in der Inkassobranche, kenne
mich also von Berufs wegen mit Insolvenz und Wucher aus, also, wenn ich Wucher
sehe, erkenne ich Wucher, also bitte ich den Kellner, noch ganz höflich, können
Sie mir glauben, dass er die Rechnung doch bitte prüfen soll. Siebzehnfuffzig?
Sagt der Kerl doch mit einem rotzfrechen Grinsen, dass alles in Ordnung sei,
die Törtchen seien diese Woche im Angebot !«
    Der
Mann schlug sich mit beiden Händen auf die Schenkel, dass die Eisenketten in
ihrer Verankerung knirschten. Schmalfuß dachte an üppige, weiche Cremetörtchen
und hörte seinen Magen knurren. Verschämt legte er eine Hand auf seinen Bauch
und hoffte, dass sein Gegenüber nichts gehört hatte.
    »Der
Trick war der: Ich hätte bis zu zehn Törtchen essen können, alles inklusive für
siebzehnfuffzig, aber alles unter zehn eben auch zu diesem Hammerpreis. Na, da
bin ich dann grob geworden, können Sie sich ja denken, und dann kam der Manager
des Schuppens und versucht mich zu beruhigen, und wissen Sie was er sagt?«
    Schmalfuß
schüttelte den Kopf und hoffte, dass er seinem Zellengenossen in absehbarer
Zeit keinen Anlass bot, gegen ihn grob zu werden.
    »Sagt
der Typ, also der Manager: Alle Belgier würden das kennen, bei einem solchen
Angebot wäre jedem Belgier klar, dass es sich um ein
All-you-can-eat-Angebot handeln würde und ich sag: Hallo? Alle Belgier?
Was interessieren mich die Einheimischen, ich bin Tourist und bringe Geld in
euer marodes Land und will entsprechend anständig behandelt werden! Selbst der
Führer, sag ich zu dem Manager auf Englisch, even the Führer hat euer
Land nur benutzt, um es Richtung Frankreich zu durchqueren, dem waren die
Einwohner und der ganze Landstrich hier auch schon scheißegal und zu unwichtig,
um seine Panzer mal anzuhalten und die Soldaten winken zu lassen … und … da…
na, da ist die Situation irgendwie eskaliert … und so war ich schon bei der
letzten Jahrestagung eine Nacht hinter schwedischen, in dem Falle belgischen Gardinen.
Und jetzt das hier! Wenn ich nur wüsste, was gestern Nacht passiert ist, habe
keinen Schimmer.«
    Er
lächelte Schmalfuß freundlich an.
    »Aber
wo sind meine Manieren! Menold mein Name, Werner Menold. Aus Wuppertal. Eigentlich
Dr. Menold, aber unter uns Knastbrüdern kann ich ja verraten, dass der Dr.
käuflich erworben ist. In Venezuela, da gibt’s alles: Mädchen mit Röcken, die
bei uns als Gürtel verkauft würden und Doktortitel, die bei uns gerade mal als
Grundschulzeugnis durchgehen.«
    Menold
lachte wiehernd, bis eine erneute Hustenattacke seine Heiterkeit erstickte. Schmalfuß
konnte sich denken, wie oft er diesen Witz schon im Kreise seiner
Inkassokollegen angebracht hatte, offensichtlich unbeeindruckt ob der möglichen
Konsequenzen für ihn.
    »Schmalfuß.
Herbert Schmalfuß aus Hamburg.«
    »Und
weswegen sind Sie hier? Sie sehen nicht aus, als hätten Sie Ihren Rausch
ausgeschlafen.«
    »Nein,
nein, ich trinke nicht gerne, nur ab und an ein Schlückchen. Ich bin wegen
Mordes hier.«
    Der
Bauchnabel zog sich in eine Bauchfalte zurück und verstummte. Entgeistert
starrte Menold auf den alten Mann, der aufrecht und ungerührt auf dem Rand
seiner Pritsche saß, die knochigen Knie, um die sich seine Finger schlangen,
und die Füße eng aneinandergepresst. Sein Scheitel saß akkurat. Er sah aus, als
warte er darauf, als nächster in den Beichtstuhl gerufen zu werden, um dort
tief zerknirscht zu bekennen, dass er heute unachtsam gewesen sei und einer
alten Dame im Bus den Sitzplatz nicht sofort angeboten hatte.
    »Man
sagt, ich habe den Rutschenmord begangen.«, legte Schmalfuß sanft nach. Er
freute sich, als er sah, wie es Menold dämmerte, dass damit seine
Törtchengeschichte in tausend unnütze und uninteressante Scherben

Weitere Kostenlose Bücher