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Halskette und Kalebasse

Halskette und Kalebasse

Titel: Halskette und Kalebasse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert van Gulik
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ansehnlichen Barsch an die Oberfläche kommen. Er beugte sich über den Bootsrand, schnappte den zappelnden Fisch und steckte ihn in den Korb.
    »Gut gemacht! Nun passen Sie bei mir auf!« Sie starrte auf ihren Schwimmer, das Gesicht gerötet. Der leichte Wind wehte eine lose Strähne ihres glänzenden Haars unter dem Strohhut hervor. Der Richter war begierig, wieder zum Südufer zurückzukommen, denn er wollte an Land gehen und nachsehen, ob es
     

    Richter Di fängt einen Barsch
     
    dort vielleicht einen Fußpfad gab. Aber es wäre grausam, ihr die Freude zu verderben. Er warf eine kurze Angelschnur aus und ging in Gedanken die verschiedenen Möglichkeiten durch. Die Tatsache, daß man den Kassierer gefoltert hatte, war ihm gleich merkwürdig erschienen. Nun sah er eine mögliche Erklärung. Ihre Stimme riß ihn aus seinen Überlegungen.
    »Sie wollen einfach nicht beißen. Sagen Sie, wie viele Frauen haben Sie eigentlich?«
    »Drei.«
    »Ist Ihre Erste eine nette Dame?«
    »Ja. Ich habe einen glücklichen und harmonischen Haushalt, ich bin froh, das sagen zu können.« »Sie als berühmter Arzt, Sie sollten vier haben. Gerade Zahlen bringen Glück! Und da wir über Glück sprechen, ich glaube...«
    Sie zog an ihrer Schnur und holte einen kleineren Fisch herauf. Dann schwiegen sie lange Zeit, sie auf ihr Angeln konzentriert, er mit seinen eigenen Gedanken beschäftigt. Nachdem sie einen ziemlich großen Barsch gefangen hatte, sagte der Richter:
    »Meine Beine haben sich ein wenig verkrampft. Ich würde gerne mal versuchen, das Boot zu wriggen. Es ist schon viele Jahre her, daß ich das gemacht habe!«
    »Na schön. Solange Sie das Boot nicht umkippen.«
    Auf dem Boden kauernd, tauschten sie die Plätze. Das Boot begann zu schwanken, und er mußte die Arme um ihre Schultern legen, um sie im Gleichgewicht zu halten. »Es ist sehr schön, mit Ihnen zusammenzusein!« flüsterte sie.
    Richter Di nahm rasch den langen Riemen. Er kniete im Heck nieder und bewegte das Boot ein wenig flußaufwärts, so daß er den Anker einholen konnte. Dann drehte er das Boot vom Ufer weg. Es ging gar nicht so schlecht, aber in der knienden Position konnte er sein Körpergewicht nicht einsetzen und mußte sich allein auf seine Arme verlassen. Die Wunde an seinem Unterarm begann zu pochen. Er versuchte aufzustehen, aber das Boot begann gefährlich zu schaukeln. Sie brach in schallendes Gelächter aus.
    »Schon gut, ich werde es auch ohne zu stehen schaffen«, sagte er mürrisch.
    »Wo steuern Sie hin?«
    »Ich würde gern irgendwo an Land gehen. Vielleicht finde ich ein paar Heilkräuter dort drüben im Unterholz. Haben Sie etwas dagegen?«
    »Keineswegs. Aber Sie werden höchstens ein wenig in den kleinen Buchten herumstöbern können. Es gibt da nämlich keinen Pfad.«
    »In dem Fall fahren wir besser zum Kai zurück. Es wird leicht gehen, wir haben die Strömung im Rücken.«
    Er stellte jedoch bald fest, daß das leichter gesagt als getan war. Der Verkehr hatte stark zugenommen, und er mußte all sein Geschick aufbieten, um Kollisionen zu vermeiden. Mit einem halben Ohr lauschte er ihrem fröhlichen Geschnatter. Plötzlich fragte er:
    »Durchsucht? Wer hat was durchsucht?«
    »Mein Onkel, sagte ich. Er muß die Dachkammer des armen Tai Min sorgfältig durchsucht haben. Das fiel mir heute morgen beim Saubermachen auf. Ich kann mir gar nicht vorstellen, was mein Onkel dort zu finden hoffte. Ich werde das Boot hier übernehmen; es wird Ihnen nie gelingen, richtig anzulegen.«

Zehntes Kapitel
     
     
    Auf dem Landungssteg trennten sie sich. Farn nahm die Hauptstraße, den Fischkorb in der Hand und ein Liedchen summend. Richter Di ging am Fischmarkt vorbei und betrat das erste kleine Speiselokal, das er sah. Er bestellte eine große Schüssel Nudeln mit geschmorten Bambussprossen. Nach einer schnellen Tasse Tee ging er zum >Eisvogel< zurück, begierig darauf, ein Bad zu nehmen.
    Wie er erwartet hatte, war das Bad leer, denn es war Mittagszeit, die Leute saßen beim Essen, selbst der Badeaufseher war nicht im Dienst. Im Wasserbecken ausgestreckt, erwog er sorgfältig seinen nächsten Schritt. Es war eine gewagte Sache, sehr gewagt. Seiner Theorie lagen nur zwei Tatsachen zugrunde: erstens, daß der arme Kassierer Tai Min vor seiner Ermordung schwer gefoltert worden war; und zweitens, daß man sein Zimmer durchsucht hatte. Alles übrige waren bloße Vermutungen, gestützt auf sein Wissen um das habgierige, niederträchtige Wesen von

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