Halte meine Seele
der Liste steht.“ Und zwar auf der Reaperliste, auf der die Namen all jener Seelen standen, die an einem bestimmten Tag zur Abholung bereitstanden. Bei Todd klang das immer so, als sei diese Liste vom Schicksal persönlich geschrieben und deshalb unveränderlich.
In einer Zwangsjacke zu enden, war natürlich auch nicht viel besser, als zu sterben. Aber zumindest blieb mir dann die Schreierei erspart.
Doch Nash wirkte nicht sonderlich erleichtert darüber.
„So läuft das nicht, Kay. Demon’s H ist eine Substanz aus der Unterwelt. Sie schlägt die Liste, wenn du so willst, genauso, wie wenn jemand absichtlich in die Unterwelt geht.“
Angst umklammerte mein Herz und schnürte mir die Kehle zu. „Selbst wenn Todd uns die Masterliste besorgt, wissen wir also trotzdem nicht, wer in Gefahr ist. Oder wie weit es sich ausbreiten wird.“
Nash schüttelte bedächtig den Kopf. „Es gibt keine Möglichkeit, das nachzuvollziehen oder herauszukriegen, wer daran stirbt. Das wissen wir erst, wenn …“
Er musste den Satz nicht beenden. Ich wusste es auch so.
„Erst wenn ich anfange zu schreien.“
5. KAPITEL
„Was ist denn heute los mit euch beiden?“, fragte Emma und pikte eine Cocktailtomate auf die Gabel. Vor ihr stand ein riesiger Salatteller mit Croûtons und haufenweise Schinken und Käse, ertränkt in fettem Dressing. Gesunde Ernährung war nicht Emmas Ding, und das hatte ich an ihr immer gemocht. „Ihr seht aus, als hättet ihr Angst, dass hier gleich eine Bombe hochgeht.“
Keine Bombe. Ein Footballspieler. Heute Morgen vor Schulbeginn waren Nash und ich im Gang Scott Carter über den Weg gelaufen. Seine Augen hatten glasig und fiebrig ausgesehen, und sein Atem war süßlich und kalt, als habe er haufenweise Eis vertilgt. Er war high. Auf Frost. Und das in der Schule.
Vielleicht war es doch keine so gute Idee gewesen, ihn zu bitten, das Zeug mit in die Schule zu bringen …
Bevor ich antworten konnte, leuchteten Emmas Augen vor Freude auf – Freude und noch etwas Stärkeres. Leidenschaftlicheres. Aus den Augenwinkeln erspähte ich Doug, der sich an der Pizzaschlange vorbeidrängte.
Als ich Emmas Lächeln sah, hätte ich am liebsten den Kopf gegen die Wand gedonnert.
Die Cafeteria war proppenvoll, und es war so laut, dass man kaum sein eigenes Wort verstehen konnte. Nachdem sich in der zweiten Schulwoche draußen auf dem Parkplatz ein harmloser Auffahrunfall ereignet hatte, durften wir das Gelände während der Schulzeit nicht mehr ohne Erlaubnis verlassen, und so drängte sich fast ein Drittel der Schülerschaft um vier Tischreihen. Em und ich aßen fast das ganze Jahr über draußen im Hof, aber im Dezember wurde es sogar in Texas zu kalt dafür – nur die richtig Harten und die Raucher hielten es dann noch draußen aus.
„Scheint ja gut gelaufen zu sein gestern Abend.“ Ich tauchte einen Nacho in die Käsesoße und hielt ihn, ohne ihn zu essen, zwischen den Fingern; ich war viel zu sehr damit beschäftigt, in Emmas Gesicht nach einem Hinweis zu suchen, ob es vielleicht mehr als die Hormone waren, die sie zu Doug hinzogen. Aber sie zeigte nur ihr ganz normales Flirtverhalten inklusive Haare zurückwerfen und mit den Augen klimpern. In diesen Genuss kam praktisch jeder Kerl, der alt genug war, Alkohol zu trinken – oder mit ihren Schwestern auszugehen, die schon aufs College gingen.
„Mag sie diese Arschgeige wirklich?“ Wie aus dem Nichts tauchte plötzlich Todd neben mir auf.
Vor Schreck zerbröselte ich den Chip in meiner Hand, aber wenigstens hatte ich mich diesmal vor Nash und Em nicht völlig zum Affen gemacht, indem ich wie von der Tarantel gestochen aufsprang. Offensichtlich konnten die beiden den Reaper mal wieder nicht sehen. Hätte er nicht mindestens noch einen kompletten Tag im Arlington Memorial Krankenhaus absitzen sollen?
Leider konnte ich ihn schwer fragen, wenn ich mich nicht vor der versammelten Footballmannschaft am anderen Ende des Tisches blamieren wollte.
„Sehr gut sogar.“ Emmas Stimme bekam einen tiefen, rauchigen Klang. Somit war Todds Frage beantwortet.
Nach einem letzten Stirnrunzeln löste er sich in Luft auf, und ich wischte mir mit einer Papierserviette die Käsesoße von den Fingern. Ich hatte gute Gründe, Doug nicht zu mögen, aber was kümmerte es Todd, mit wem Emma ausging? Er war mal in sie verknallt gewesen, aber nachdem seine Exfreundin Addison vor einem Monat wieder aufgetaucht – und sofort wieder verschwunden – war, hatte ich
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