Halte meine Seele
überzeugend. Mal ganz abgesehen von dem Messer.“ Er zuckte die Schultern und warf mir einen mitfühlenden, fast an Herablassung grenzenden Blick zu. „Kein Wunder, dass sie ihm geglaubt hat. Sie hatte schreckliche Angst. Und ich auch.“
Wutentbrannt funkelte ich ihn an. „Glaubst du wirklich, ich bilde mir das ein? Ich hatte keine Scheißangst!“ Nun ja, vor dem Messer vielleicht schon.
„Kay …“ Nash stand auf und kam auf mich zu, während seine Stimme seidenzart über meine Haut streichelte. „Er war verwirrt, und du hattest Angst, hast geblutet, du hattest einen Schock. Da wäre jeder ausgeflippt, aber du darfst in Scotts Verhalten auch nicht zu viel hineininterpretieren. Der Typ hat sie einfach nicht mehr alle!“
Ich schüttelte so heftig den Kopf, dass mein Gehirn fast an die Schädeldecke stieß, dennoch wurde ich den verlockenden Klang seiner Stimme nicht los. Den überwältigenden Wunsch, einfach zu nicken, den Mund zu halten und mich aus der ganzen Sache rauszuhalten.
Mit aller Macht kämpfte ich dagegen an, aber genauso gut konnte man versuchen, in einem riesigen Bottich Honig zu schwimmen; es war so viel angenehmer, sich in der süßen Wärme treiben zu lassen. „Hör auf, mich zu beeinflussen“, flüsterte ich, obwohl ich ihn am liebsten angeschrien hätte.
„Nash!“, sagte Harmony scharf, und Nashs mentale Präsenz löste sich auf wie Nebel im Sonnenlicht.
Stinksauer schob ich den Stuhl zurück und zerrte mir dabei den verletzten Arm. Keuchend drückte ich den Arm an den Körper, doch der Schmerz verschaffte mir wenigstens einen klaren Kopf. Ich stürmte auf Nash zu, brennende Tränen der Wut und Enttäuschung in den Augen. „Ich bin kein hysterisches kleines Mädchen, und ich bin nicht verrückt!“ Schon der leiseste Zweifel an meinem logischen Denkvermögen bereitete mir eine Höllenangst.
Und Nash wusste das verdammt genau!
„Niemand behauptet, dass du verrückt bist, Kay.“ Dad streckte die Hand nach mir aus, und ich ließ mich von ihm in den Arm nehmen. „Du hast heute Traumatisches erlebt, und Nash wollte dich nur beruhigen, auch wenn er dafür eine denkbar ungünstige Strategie gewählt hat“, sagte er tadelnd, und Nash war klug genug, wenigstens so zu tun, als bereue er seine Aktion. Aber warum zum Teufel hatte er es dann überhaupt gemacht?
„Es tut mir leid, Kaylee.“ Nash ließ mich das aufrichtige Bedauern in seinen Augen sehen. Aber ich konnte ihm nicht verzeihen. Nicht das. Noch nicht.
„Halt dich aus meinem Kopf raus, Nash.“ Ich wich zurück, als er die Hand nach mir ausstreckte, was einem Schlag ins Gesicht gleichkam. Er tat mir zwar leid, aber ich war einfach zu wütend. Es gab noch so einiges, was ich ihm sagen wollte, aber nicht vor unseren Eltern.
Also setzte ich mich wieder an den Tisch und machte gute Miene zum bösen Spiel, als er sich zu mir setzte.
„Irgendjemand muss doch bemerkt haben, dass Scott sich komisch benommen hat“, sagte Dad, um die Diskussion wieder zum Thema zu führen.
„Ja, schon.“ Nash sah zu mir herüber und spielte, als ich nicht reagierte, mit dem Finger an einer Auskerbung im Tisch rum. „Aber sie glauben alle, dass er von irgendwas … Normalem high war.“ Nun blickte er zu Harmony. „Können wir irgendwas für ihn tun?“
Seine Mutter verneinte. „Die Hirnschädigung ist endgültig. Und in einem normalen Krankenhaus wird der Entzug für ihn ganz schön hart werden, weil sie ihn letztendlich nur festbinden können, damit er sich nicht selbst verletzt. Die einzigen Medikamente, die ihm helfen könnten, stammen aus der Unterwelt.“
„Kannst du ihm was davon besorgen?“, fragte ich. „Vorausgesetzt, dass er im Arlington Memorial bleibt?“
Sie lehnte sich gegen die Arbeitsplatte und trocknete sich die Hände im Geschirrtuch ab. „Ich arbeite ja nicht in der Psychiatrie, aber ich kann ihn sicher ein- oder zweimal besuchen. Und wenn nicht ich, dann Todd.“
„Was ist mit Doug?“, fragte ich. „Ihn hat es nicht so schlimm erwischt wie Scott, aber in der Nacht, als er mein Auto geschrottet hat, hat er behauptet, jemand habe neben ihm auf dem Beifahrersitz gesessen.“
„Das ist doch gar nicht so schwer.“ Zum ersten Mal an diesem Tag sah Nash optimistisch aus. „Wenn ich das nächste Mal mit ihm weggehe, schütte ich diese komische Medizin einfach in seine Cola.“ Seine Augen glänzten hoffnungsvoll oder vielleicht auch nur verzweifelt. „Du kannst das Zeug besorgen, das er braucht,
Weitere Kostenlose Bücher