Halte meine Seele
abzuschirmen –, er mich aber jederzeit anrufen könnte, um zu hören, ob alles in Ordnung sei. Ich würde sowieso nicht schlafen können. Wahrscheinlich nie wieder.
Weil ich wusste, dass er in der Arbeit nicht ans Handy gehen konnte, hinterließ ich ihm noch eine Nachricht auf der Mailbox mit demselben Inhalt. Mir war eingefallen, dass er heute Überstunden schob, um das Geld wieder reinzubekommen, das er durch meinen Krankenhausaufenthalt verloren hatte. Und mit ein bisschen Glück hörte er die Nachricht erst nach Ende der Doppelschicht ab. Zu der Zeit, da ich hoffte, bereits mit einer Großpackung Schokoeis bei Emma auf dem Bett zu liegen und mir billige Horrorfilme anzuschauen, die nichts mit den realen Gefahren dieser Welt zu tun hatten.
Oder dieser beiden Welten, um genau zu sein.
Emma arbeitete an diesem Abend bis sieben im Cinemark und würde erst gegen acht auf der Party aufschlagen. Obwohl Nash und ich uns auf dem Weg noch ein paar Tacos reinzogen, waren wir trotzdem schon um halb acht dort.
Mr Fuller war mit Dougs achtundzwanzigjähriger Stiefmutter in New York auf irgendeiner Geschäftskonferenz und hatte Doug das riesige Haus überlassen, in dem die gesamte Footballmannschaft Platz finden könnte.
Oder die komplette Oberstufe.
Wir parkten wieder am Ende der Straße, aber heute machte ich mir ein bisschen weniger Sorgen um mein Auto. Zum einen gehörte es nicht mir, zum anderen gab es für Doug keinen Grund, sich hinters Steuer zu setzen. Schließlich war er schon zu Hause.
Als wir ankamen, war die Party bereits in vollem Gange: Die Musik dröhnte ohrenbetäubend, es gab literweise zu trinken, die Tanzfläche war proppenvoll, und in regelmäßigen Abständen verzogen sich Pärchen durch die Hintertür oder hinauf ins Obergeschoss. Im Wohnzimmer drängte sich ein Dutzend Zwölftklässler um eine Spielekonsole, auf der zwei ihrer Mitschüler ein virtuelles Turnier ausfochten. Ein Zimmer weiter missbrauchten zwei halb nackte Paare Mr Turners Billardtisch für ihre Zwecke, und in der Küche zapfte der Manager des Footballteams das Bierfass an, das der große Bruder von irgendjemandem angeschleppt hatte.
Als ich Brant Williams, der die meisten anderen überragte, im Wohnzimmer entdeckte, winkte ich ihm zu, und er lächelte freundlich zurück. Hoffentlich würde Brant auf wundersame Weise verschwinden, bevor Everett hier auftauchte.
Wie immer wurde Nash überall freudig begrüßt, während ich bloß ein paar erstaunte Blicke erntete. Uns beide zusammen hier zu sehen, entkräftete anscheinend die bösen Gerüchte, die über Scott und mich im Umlauf waren. Einige von Nashs Freunden erkundigten sich nach Scott, aber Nash hatte seit gestern nichts mehr von ihm gehört.
Im Krankenhaus hatte man ihm am Nachmittag keine Auskunft erteilen wollen, weil er nicht zur Familie gehörte. Und Todd hatten wir seitdem auch nicht mehr zu Gesicht bekommen.
Sophie war zum Glück nicht auf der Party erschienen und somit außer Gefahr, außerdem konnte sie mich so nicht nerven. Ob sie überhaupt beim Weihnachtsmarkt auftauchen würde? Schließlich hatte sie ihn mit organisiert. Ich spielte kurz mit dem Gedanken, sie anzurufen, entschloss mich dann aber dagegen. Wenn sie meine Nummer auf dem Display sah, würde sie eh nicht rangehen, und ich konnte mich genauso gut morgen früh bei Onkel Brendon erkundigen. Er war – im Gegensatz zu Sophie – eingeweiht und hatte den Unterweltaspekt mit Sicherheit in seine Entscheidung, sie die Schule schwänzen zu lassen, mit einfließen lassen.
Sophie konnte einem fast leidtun.
In der hintersten Ecke des Wohnzimmers stießen wir auf Doug, der seine Cola gerade mit etwas deutlich Stärkerem als Bier mischte. „Hey, Alter, hast du Em mitgebracht?“, rief er und drückte Nash eine kalte Coladose aus dem Minikühlschrank in die Hand, der vor ihm auf dem dicken Teppichboden stand.
„Sie kommt gegen acht“, erklärte ich, während Doug im Kühlschrank kramte und mir dann eine normale Cola und eine Cola Light unter die Nase hielt. Ich deutete auf die klassische Version, und er warf die Light-Variante grinsend zurück in den Kühlschrank.
„Braves Mädchen. Mit Schuss oder ohne?“ Er schwenkte die kleine Wodkaflasche, mit der er seine Cola gemischt hatte.
„Ohne, danke.“ Everett und der Unterweltdealer mussten bald auftauchen, da wollte ich auf keinen Fall mein logisches Denken oder meine Koordinationsfähigkeit aufs Spiel setzen.
„Sie hat ein Problem mit
Weitere Kostenlose Bücher