Halten Sie sich für schlau?: Die berüchtigten Testfragen der englischen Elite-Universitäten (German Edition)
allerdings eines größeren Sammelbehälters, der im Film nicht zur Verfügung stand.
Eine Frau stellte den Antrag, die Eingangstür ihres in einem städtebaulichen Erhaltungsgebiet liegenden Hauses lila zu streichen. War es fair von der Planungsbehörde, diesen Antrag abzulehnen?
Land Economy, Cambridge
Die Ansicht, dass man das historische Erbe durch Gesetze vor den Verwüstungen der Moderne beschützen müsse, stammt aus der Mitte des 19. Jahrhunderts. Die rasch voranschreitende Industrialisierung und Verstädterung vernichtete jahrhundertealte Lebensstile, und viele fürchteten, etwas Wertvolles ginge verloren – nicht nur Materielles, sondern auch unsere ungreifbare, zerbrechliche, aber ungemein wertvolle Verbindung zur Vergangenheit. Es ist kein Zufall, dass die Industrialisierung in England vom aufkommenden neogotischen Baustil begleitet wurde, von den mittelalterlich anmutenden Bildern der Präraffaeliten und dem Arts and Crafts Movement zum Schutz des Kunsthandwerks.
Der Denkmalschutz begann in England im Jahr 1882, als eine landesweite Liste erhaltenswerter archäologischer und historischer Stätten aufgestellt wurde. Seit 1947 schützen in England zudem städtische Gesetze historisch bedeutsame Gebäude vor Abriss oder Verschandelung. In den 1960er-Jahren wurden erste bauliche Erhaltungsgebiete ausgewiesen. In den 1980er-Jahren wurden Schlachtfelder, historische Parks und Gärten unter den Schirm des Gesetzes gestellt, zuletzt wurden auch unterseeische Stätten aufgenommen.
Erhaltungsgebiete wurden ausgewiesen, nachdem man erkannt hatte, dass nicht nur Schlösser, Burgen und einzelne mittelalterliche Cottages schützenswert sind, sondern auch ganze Wohngegenden mit »herkömmlichen« alten Gebäuden. Ziel war es, das spezielle historische Ambiente solcher Viertel zu erhalten. Anders als Ausgrabungsstätten, in denen Historie in unverändertem Zustand präsentiert wird, besitzen Erhaltungsgebiete keinen musealen Charakter. In diesen Gegenden leben Menschen, die eine gewisse Freiheit brauchen, ihr Haus nach ihrem Geschmack zu gestalten, ohne dauernd von den Denkmalschutzbehörden eingeschränkt zu werden. Ohnehin waren diese Gebiete durchgehend bewohnt und ständigen Veränderungen unterworfen. Sollte man sie nun genau so erhalten, wie sie heute sind? Oder versuchen, den ursprünglichen Zustand zur Zeit der Erbauung zu rekonstruieren? Oder den Zustand in der Blütezeit des Viertels? Und wie weit darf man den Perfektionismus treiben? Wenn ein 150 Jahre altes Schieferdach nicht mehr zu reparieren ist, darf es dann durch ein neues Dach mit zeitgenössischen Materialien ersetzt werden oder muss der Eigentümer teure handgearbeitete Schindeln verbauen?
Da es auf diese Fragen keine einfachen Antworten gibt, streiten sich die Eigentümer von Häusern in Erhaltungsgebieten oft mit den Denkmalschutzbehörden. Für die meisten Erhaltungsgebiete geben die Behörden genaue Richtlinien heraus, welche Änderungen gestattet sind – und welche verboten sind, da sie das Gesamtbild stören. So können zum Beispiel moderne Anbauten untersagt sein oder der Austausch hölzerner Schiebefenster durch Fenster mit Aluminiumrahmen. Die Vorschriften unterscheiden sich von Gebiet zu Gebiet. In Vierteln mit Naturstein- oder Ziegelfassaden ist es oft nicht gestattet, die Häuser zu streichen, insbesondere in grellen Farben. Das ist auch sinnvoll, denn ein quietschgelb gestrichenes Haus würde nicht nur selbst seinen historischen Charakter verlieren, es würde auch das einheitliche Erscheinungsbild der Häuserzeile zerstören, das einen großen Teil des Charmes ausmacht.
Gilt das Gleiche nun für eine kleine Veränderung wie eine lila Tür? Durchaus möglich. Wenn der besondere Charme einer Häuserzeile auf zarten Pastelltönen oder Türen und Fensterrahmen aus Naturholz beruht, würde eine lila Tür den Gesamteindruck zerstören und auffallen wie eine hässliche Zahnlücke. Der Gesamteindruck ist wichtig, da hinter den Vorgaben die Intention steckt, das Gebiet für alle Menschen zu erhalten, nicht nur für die Bewohner. Natürlich entstehen keine dauerhaften Schäden, wenn man eine Tür umstreicht, und die Eigentümerin könnte vorbringen, dass es allein ihre Entscheidung sei, in welcher Farbe sie ihre Haustür gestalte. Das Konzept der Erhaltungsgebiete beruht jedoch darauf, dass die Eigentümer entsprechender Immobilien zum Wohl der Allgemeinheit in der freien Ausübung ihres Eigentumsrechts eingeschränkt werden. 3
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