Haltlos
bestimmt eines von Jaromirs Autos nehmen.“
J stutzte. „Autos? Ich dachte, er fährt den Aston Martin…“
„Das ist sein Lieblingsauto, aber er hat auch noch andere Wagen. Unter anderem einen kleinen feuerroten Smart und den leiht er bestimmt auch mir. Also kannst du den Polo haben, wenn du mich dafür nachher bei Jaro rumfährst.“
„Das wird kein Problem sein! Vielen Dank!“ J strahlte übers ganze Gesicht. Dann wurde er wieder ernst. „Und wie läuft es so bei dem Professor und dir? Der norwegische Austauschstudent wird doch wohl kaum der Grund für deinen Stress sein, oder?“
Victoria seufzte. „Mein Mitbewohner lässt sich echt nicht so schnell ablenken. Mist… Nein, du hast recht, J. Aber bevor ich es vergesse – hast du was dagegen, wenn ich Lennard Langlo am Dienstag zu unserem Nudelessen mitbringe? Dann lernt er gleich noch einen Einheimischen kennen.“
„Klar kannst du Lennard mitbringen.“ Dann legte J seinen Kopf schief und sah Victoria eindringlich an. „So, und jetzt erzähl endlich, was dich so stresst.“
Sie seufzte noch einmal und meinte: „Ach, so genau kann ich das gar nicht sagen. Jaromir hat irgendwie Ärger mit seiner Verwandtschaft. Offenbar ist es nicht nur für Studentinnen schwierig, eine Beziehung zu einem Professor zu haben. Auch Professoren können Probleme mit ihren Leuten bekommen, wenn sie eine Studentin lieben – so viel habe ich jetzt begriffen.“
J war erstaunt. „Ich dachte, wenn man über dreißig ist, sein eigenes Geld verdient und ‘nen coolen Job hat, redet einem keiner mehr rein.“
Sie verzog das Gesicht. „Tja, das habe ich auch mal gedacht, aber Pustekuchen! Manche Familien sind eben anders... Die Details kenne ich nicht – Jaromir will mich nicht damit belasten. Aber es belastet ihn und so ist er ziemlich gereizt in den letzten Tagen.“
J nahm einen Schluck Tee und sah in die Ferne. „Das kann ich gut verstehen. Die Verwandtschaft kann ganz schön nerven. Gerade wenn da noch irgendwelche Abhängigkeiten bestehen, wollen die alten Herren gern über einen bestimmen… Aber ihr zwei gebt doch jetzt nicht auf, oder?“
Sie schüttelte energisch den Kopf. „Nein, auf keinen Fall. Allerdings ist Jaromir im Moment so dünnhäutig, dass er regelrecht eifersüchtig reagiert, wenn andere Typen mich anbaggern oder auch nur Interesse an mir zeigen.“
J horchte auf und sah sie aufmerksam an. „Bis zu einem gewissen Grad ist das nur verständlich. Dein Freund kann ja schließlich nicht an allen Fronten gleichzeitig kämpfen. Wenn das allerdings überhandnimmt… Weißt du, Vici, aus besitzergreifendem Verhalten können sich ganz ungesunde Beziehungen entwickeln. Sei da bloß vorsichtig.“
„Ich weiß, ich weiß. Ich bin ja selbst schon etwas genervt. Aber andererseits… ich liebe ihn einfach. Manchmal habe ich das Gefühl, er ist wie die Luft, die ich zum Atmen brauche. Und ganz ehrlich: Mir würde es auch nicht besonders gut gefallen, wenn ihn anderen Frauen angraben würden.“
Sie unterhielten sich noch eine Weile und es tat Victoria richtig gut, sich mit ihrem Mitbewohner auszutauschen. J war einfach großartig! Sie mochte ihn sehr und gerade deswegen musste sie jetzt besonders aufpassen, wenn er sie bei Jaromir rumfuhr. Eine unbedachte Sympathiebekundung konnte dafür sorgen, das Jaromir J umbringen wollen würde.
Als sie ihre Sachen fürs Wochenende zusammenpackte, wandte sie sich an Jaromir: „Hey Jaro! Ich wollte gleich zu dir kommen. Passt das?“
Seine Gedankenstimme klang begeistert. „Klar! Ich freue mich schon den ganzen Vormittag auf dich!“
Sie lächelte. „Ich mich auch auf dich. Aber ich muss dich warnen: J möchte mein Auto fürs Wochenende leihen und fährt mich gleich bei dir rum.“
„Ich weiß.“
„Hast du etwa gelauscht?“ , fragte sie gespielt misstrauisch.
„Ja, hab ich…“ , antwortete er gequält. „Und ja, ich weiß, ich sollte das nicht tun. Ich wollte das auch gar nicht… Aber du warst mit ihm allein und… ach! Diese blöde Eifersucht macht mich echt verrückt!“
Sie lächelte. „Ich bin dir nicht böse. Aber dann weißt du auch, dass es sein kann, dass J sich darüber freut, dass er den Polo haben kann und mich umarmt. Hältst du das aus?“
Sie spürte sein Unbehagen, aber auch, dass er sich wirklich zusammenreißen wollte. „Ich werde mir alle Mühe geben. Versprochen, Vici.“
Als J mit dem Polo Jaromirs Auffahrt hinauffuhr, konnten sie den Professor schon vor dem Haus in der Sonne
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