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Halva, meine Sueße

Halva, meine Sueße

Titel: Halva, meine Sueße Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellen Alpsten
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ohne irgendetwas
davon aufzunehmen.
    »Papa?«
    Sein Vater ließ erstaunt die Zeitung sinken. Sonst redete
Kai ihn mit seinem Vornamen an. Das
Papa
war ihm einfach
so herausgerutscht, bemerkte er und wurde rot.
    »Ja, Kai?«
    »Wenn du jemanden magst … Ich meine, so richtig magst.
Soll man das gleich sagen?«
    Sein Vater unterdrückte ein Lächeln und schenkte sich
aus der silbernen Kanne Kaffee nach. »Das sind natürlich
Schlachten, die nicht nur mit dem Herzen, sondern auch mit
dem Kopf geschlagen werden, Kai. Aber wenn man jemanden
so richtig mag … so
richtig,
meinst du?«
    »So richtig«, bestätigte Kai, ehe er hinzufügte: »So, wie du
Mama geliebt hast.«
    Liebe. Da war es, das große Wort. War es das Richtige für
das, was er für Halva empfand? Er hatte sie doch nur kurz
gesehen und war ihr noch kürzer nahe gewesen. Ohne dass
etwas »passiert« war. Er hatte dennoch gleich eine enge Verbindung
zwischen ihnen gespürt.
    Aber LIEBE? Das Wort war vielleicht noch zu groß für ihn
und für das, was zwischen ihnen geschehen war. Trotzdem
wollte sie ihm einfach nicht aus dem Kopf. Je mehr er versuchte,
cool zu bleiben, umso mehr dachte er an sie. Es war
zum Verrücktwerden. Er dachte Halva, sah, hörte, schmeckte,
fühlte Halva und wollte sie vor allen Dingen so bald wie
möglich wiedersehen.
    »So sehr?«, unterbrach sein Vater seine Gedanken. »Ich habe ihr damals ein Band zusammengestellt, als ich frisch
verliebt war.«
    »Ein Band?«, fragte Kai überrascht. »Wie jetzt?«
    »Na ja, eine Kassette. Darauf habe ich alle Lieder aufgenommen,
die das aussagten, was ich für sie empfand. Es gibt
ja kaum einen Popsong, der nicht von der Liebe handelt.
Außerdem war ich damals ein armer Student. Ich hatte kein
Geld, um sie groß auszuführen.«
    Kai musste grinsen. Irgendwie konnte er sich seinen Vater
weder als armen Studenten noch als jungen Mann vorstellen,
der geduldig Lied um Lied für seine Liebste aufnahm.
    »Hm. Also, Kassetten aufnehmen, das macht man heute
nicht mehr …«, sagte Kai trocken und auch sein Vater musste
lachen.
    »Dann würde ich einfach hingehen und sehen, dass ich sie
bekomme. Das ist wie im Tierreich. Wenn dir ein Weibchen
gefällt, musst du mit allen vieren draufspringen und nach
allen Seiten knurren, damit sich kein anderer hintraut.«
    Kai grinste in sich hinein. Halva würde sich das wohl
kaum gefallen lassen.
    Sein Vater sah auf die Uhr. »Ich muss gehen.«
    »Am Samstag?«
    »Ja. Der Automobilklub will seine Frühjahrsrallye diskutieren.
Insbesondere geht es darum, wen wir um Spenden
bitten können.«
    »Immer nur Geld, Geld, Geld«, murmelte Kai, aber so
leise, dass sein Vater es gar nicht mitbekam. Der stand auf,
rückte sich das Hemd mit dem über dem Hosenbund eingestickten
Monogramm zurecht und zog sich sein marineblaues
Jackett an, das über der Stuhllehne gehangen hatte.
    »Papa?«
    »Ja? Was noch?«
    Kai zögerte. »Hast du je wieder für jemand anderen das
empfunden, was du für Mama empfunden hast?«
    Sein Vater richtete sich die Manschetten. Dann sagte er
leise: »Nein. Nie wieder. Gewisse Dinge empfindet man nur
einmal im Leben, Kai. Die Liebe zu deiner Mutter und die
Trauer um sie haben mir alles genommen, was ich zu geben
hatte. Sie haben mein Herz und meine Seele besetzt. Niemand
anders hat dort mehr Platz.«
    »Aber du hast doch noch mich …«
    »Ja. Ich habe noch dich.« Er drückte Kai etwas unbeholfen
die Schulter und sah noch einmal auf seine Uhr.
    »Wollen wir morgen was unternehmen?«, fragte Kai plötzlich
und sein Vater sah ihn erstaunt an. Auch Kai war von
seinen eigenen Worten überrascht. Sein Vater und er machten
sonst nur selten etwas zusammen.
    »Morgen?«, fragte Uli Blessing unschlüssig. »Morgen ist
doch Sonntag. Da haben die Geschäfte geschlossen.«
    Kai schnaubte durch die Nase. »Wir müssen ja nicht shoppen
gehen, oder?«
    »Was denn dann?«
    »Ich weiß nicht«, sagte Kai hilflos. »Wir können in den
Zoo gehen. Oder ins Kino. Oder wir machen einfach einen
Spaziergang im Wald.«
    »Ich habe morgen Dienst, Kai. Aber ein anderes Mal
gerne, okay?« Er klopfte Kai noch einmal verlegen auf die
Schulter und sagte: »Bis nachher, ja?«
    Kai schluckte. Etwas brannte in seiner Kehle. »Ja, bis
nachher, Papa.«
    Sein Vater verließ das Esszimmer. Seine Schritte waren
auf dem dicken Teppich nicht zu hören. Die Uhr tickte, als
die Haustür ins Schloss fiel. Einen Augenblick später röhrte
der Motor des Porsches auf und sein Vater fuhr die

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