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Hand und Ring

Titel: Hand und Ring Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Kathrine Green
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gerade in eben dies Zimmer mündete.
    Und noch eins stand für ihn unumstößlich fest:
    Der Täter – vorausgesetzt, daß es nicht Hildreth war – konnte nur durch eine der Hintertüren in derRichtung des Waldes entflohen sein. Zwar lag die unebene mit Brombeergestrüpp bewachsene Strecke Sumpfland dazwischen, bis man den Schutz der Bäume erreichte, aber wen Angst oder Not trieb, der konnte sicher in fünf Minuten hinübergelangen. So viel Zeit war aber reichlich nach der Mordtat verstrichen, als Ferris die Eßzimmertür öffnete, um die Gegend hinter dem Hause zu überblicken. Durch diese Tür also war aller Wahrscheinlichkeit nach die Flucht erfolgt; sie war der Beobachtung nicht ausgesetzt, und der Zaun, welcher den Garten der Witwe von dem Sumpfe trennte, ließ sich leicht übersteigen. Byrd beschloß, rasch die Probe selbst zu machen, jenseits des Sumpfes in den Wald vorzudringen und zu sehen, ob man sich daselbst gut verbergen und die Flucht fortsetzen könne.

    Freilich gab es dabei einige Schwierigkeiten zu überwinden; der hügelige Boden war halb vom Wasser bedeckt, und wer auf dem schlüpfrigen Grunde ausglitt, mußte sich mühsam aus dem Dorngestrüpp wieder herausarbeiten. Byrd fand jedoch im übrigen seine Annahme bestätigt; mit Schlamm bespritzt erreichte er nach kaum fünf Minuten den festen Waldboden, welchen Buchen und Ahornbäume nicht allzudicht bestanden. Noch war er nicht weit in den Wald vorgedrungen, als er an eine Lichtung kam, durch welche ein betretener Pfad zu einer kleinen, anscheinend verlassenen Hütte führte, die an einer Felswand lehnte. Sich vorsichtig näher wagend, blickte er in die offene Tür; als er jedoch den Raum leer fand, ging er, ohne sich aufzuhalten, auf dem Pfad weiter und erreichte nach kurzer Zeit den Saum des Waldes.
    Er trat ins Freie und erkannte zu seiner Ueberraschung, daß er nicht, wie er geglaubt, den Wald in gerader Linie durchschritten, sondern eine Art Halbkreis beschrieben hatte, welcher in die Landstraße einmündete, die geradeswegs zur Stadt zurückführte. Zugleich sah er wenige Schritte davondie Endstation der Pferdebahn, welche diesen abgelegeneren Stadtteil von Sibley mit dem eigentlichen Geschäftsviertel verband. Leicht hatte der Flüchtling von hier aus die Eisenbahn erreichen können, die etwa eine Meile entfernt war. Wie kam es nun, daß die Behörden diese Möglichkeit des Entkommens so völlig übersehen hatten? – Byrd war zwar in dieser Gegend von Sibley noch nie gewesen,doch hatte er die schöne freie Aussicht sehr rühmen hören, die man in dem auf der Anhöhe erbauten vornehmeren Westende genoß. Er blickte umher: rechts von der Landstraße lag die prächtige Villa des Professors Darling, und über das grünschimmernde Becken des Sumpflandes hinweg, um das sich die Straße in Hufeisenform bog, sah er die Stadt wie auf einer Landkarte vor sich ausgebreitet liegen; er erkannte die einzelnen Straßen und Gebäude und glaubte sogar zwischen den höhern Häusern das neue Ziegeldach hervorblicken zu sehen, welches das Wohnhaus der Witwe deckte. Hierin konnte er sich jedoch leicht täuschen; auf weitere Entfernung sah sein Auge nicht sehr scharf.

    Die Pferdebahn brachte ihn zur Stadt zurück, bis dicht an den Bahnhof. Gedankenvoll suchte er sein Hotel wieder auf.
    Irre ich mich nicht, sagte er zu sich selbst, und hat wirklich ein anderer als Valerian Hildreth den Mord begangen, dann habe ich jetzt aller Wahrscheinlichkeit nach genau den Weg zurückgelegt, auf dem der Mörder seine Flucht bewerkstelligt hat.
    Es war nun seine Aufgabe, zu beweisen, daß diese Vermutung nicht aus der Luft gegriffen sei, sondern sich bestätigen lasse.

Dreizehntes Kapitel.
    Die Papierfabrik von Harrisson, Goodman & Chamberlain, in einer Hauptstraße von Buffalo gelegen, beschäftigte eine große Anzahl Arbeiter.
    Eines Abends sah man an dem Gittertor des weitläufigen schmucklosen Gebäudes einen feingekleideten Herrn lehnen, der mit unermüdlicher Geduld jede einzelne Gestaltmusterte, als suche er jemand in dem herausströmenden Schwarm. Als sich die Leute verlaufen hatten, wandte er seine Aufmerksamkeit der kleinen Seitentür zu, durch welche die Bureaubeamten und Fabrikherren das Gebäude verließen.
    Byrd hatte sich hier aufgepflanzt, weil er Umschau unter sämtlichen Angestellten der Fabrik zu halten wünschte, um aus ihrer Mitte den Neffen der Witwe Klemmens zu erkennen, dessen Aeußeres ihm so genau beschrieben worden war. Aber wie er auch spähte

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